München. Mit rund 88 Prozent wurde Horst Seehofer als Vorsitzender der CSU im Amt des Vorsitzenden bestätigt - im Oktober vergangenen Jahres erreichte er noch mehr als 90 Prozent. Seehofer verlangt klare Koalitionsaussage der FDP. Mit eigenem Wahlaufruf startet die CSU in den Bundestagswahlkampf.
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer ist in seinem Spitzenamt bestätigt worden. Der 60-Jährige wurde am Samstag auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg mit einem Ergebnis von rund 88 Prozent wiedergewählt. Er bekam 710 von 806 gültigen Stimmen. Bei seiner ersten Wahl im Oktober vergangenen Jahres hatte Seehofer ein Ergebnis von 90,34 Prozent erreicht.
CSU-Parteichef Horst Seehofer hat die FDP zu einer klaren Koalitionsaussage noch vor der Bundestagswahl aufgefordert. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle «laviert - er möchte sich diese Hintertür für Jamaika offenhalten», sagte Seehofer am Samstag auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg. «Wir wollen eine Koalition mit der FDP. Aber wir würden uns auch von der FDP klare Aussagen und Bekenntnisse wünschen.» Wer eine bürgerliche Koalition wolle, müsse die Union wählen.
"Bester Mann" zu Guttenberg
Unter großem Beifall des Parteitages lobte Seehofer «den besten Mann den wir in der Bundesregierung haben, Karl-Theodor zu Guttenberg». Der Bundeswirtschaftsminister war schon bei der Vorstellung der Bundestagskandidaten mit dem größten Applaus gefeiert worden. Seehofer verteidigte seinen Streit mit Guttenberg über den Kredit für das Versandhaus Quelle damit, dass dem bayerischem Ministerpräsidenten Tausende Arbeitsplätze in der Region mit der höchsten Arbeitslosigkeit im Freistaat nicht egal seien.
Die CSU sei nach einem bitteren Jahr wieder gut in Form. «Und was mich am meisten freut: Die Christlich-Soziale Union hat wieder Selbstbewusstsein», sagte Seehofer. Auch er selbst hätte nicht gedacht, dass CSU bei der Europawahl 48,1 Prozent der Stimmen gewinnen würde, räumte der Parteichef ein.
«Mir ist nicht so wichtig, ob ich im Ranking oben oder unten bin. Mir ist wichtig, dass die CSU Erfolg hat an der Wahlurne», sagte Seehofer. Er sei in Berlin oder Brüssel kein Querulant, sondern der immer Anwalt bayerischer Interessen. Die «typischen bayerischen Besonderheiten» pflege er nicht aus Bösartigkeit, sondern aus unserem Auftrag heraus.
Beifall für Seitenhieb
Ohne die CSU würde es die Steuersenkung im kommenden Jahr nicht geben, sagte Seehofer. Mit Freude habe er zur Kenntnis genommen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Eröffnung des CSU-Parteitages von möglichen Steuersenkungen in zwei, drei Jahren gesprochen habe. Die CDU hatte den Zeitpunkt der gemeinsamen angestrebten Steuersenkung offengelassen, die CSU will sie in den Jahren 2011 und 2012 durchsetzen.
Großen Beifall gab es für einen Seitenhieb Seehofers auf Merkel: Es sei ein Fehler gewesen, dass sie die Pendlerpauschale erst nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und nach der bayerischen Landtagswahl wieder eingeführt habe. «Was hätten wir uns erspart, wenn Erwin Huber sich durchgesetzt hätte», sagte Seehofer.
Eigener Wahlaufruf
Die CSU geht mit einem eigenen Wahlaufruf in die Bundestagswahl. Das Papier wurde am Samstag auf dem Nürnberger CSU-Parteitag einstimmig beschlossen. Darin grenzt sich die CSU in der Steuerpolitik von der CDU ab und fordert anders als die Schwesterpartei konkrete Termine für weitere Steuersenkungen.
Der Berliner CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, es sei wichtig, dass das gemeinsame Wahlprogramm der Unions-Parteien «präzisiert» werde. Die CSU stelle als eigenständige Partei und «Stimme Bayerns» einige Punkte besonders heraus. So sei es «folgerichtig», für die geplanten Steuersenkungen die Jahre 2011 und 2012 zu nennen.
Ramsauer wies zugleich die Kritik auch aus der CDU am Kurs der CSU in der Europa-Politik zurück. Seine Partei brauche in diesem Bereich «von niemandem Nachhilfe». Die CSU sei ein «glühender Verfechter» eines starken Europas - aber auch deutscher Interessen in Europa. Man werde deshalb bei der Forderung nach stärkeren Mitwirkungsrechten von Bundestag und Bundesrat bei EU-Entscheidungen über das Karlsruher Urteil hinaus «Akzente setzen».
Auch in dem Wahlaufruf geht die CSU auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur EU-Reform ein. In dem Papier heißt es: «Bei allen Gesetzgebungsvorhaben auf europäischer Ebene müssen Bundestag und Bundesrat zwingend angehört werden.» Deren Stellungnahmen in EU-Angelegenheiten müssten «für die Bundesregierung grundsätzlich verbindlich sein».
Theo Waigel zum Ehrenvorsitzenden gekürt
Theo Waigel ist zum Ehrenvorsitzenden der CSU gekürt worden. Der langjährige Bundesfinanzminister und CSU-Chef wurde am Samstag einstimmig vom Parteitag in Nürnberg zum zweiten Ehrenvorsitzenden neben Edmund Stoiber gewählt. Die einzige Enthaltung kam von Waigel selbst.
Parteichef Horst Seehofer hatte die Ehrung im Namen des Vorstandes vorgeschlagen. Er habe der CSU ein ein markantes Gesicht gegeben, und seine Verdienste für Deutschland und Europa seien von unschätzbarem Wert, sagte Seehofer. Nach einer nicht ganz einfachen Diskussion in der eigenen Partei habe «Mister Euro» die europäische Währung mitgeschaffen. Waigel dankte tief bewegt und wurde mit langem Beifall gefeiert.
Waigel hatte den CSU-Vorsitz 1988 nach dem Tod von Franz Josef Strauß übernommen. 1999 wurde er von Stoiber abgelöst, dem er sechs Jahre zuvor im Machtkampf um die Nachfolge des über die Amigo-Affäre gestürzten bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl unterlegen war. Unter Bundeskanzler Helmut Kohl war Waigel neuneinhalb Jahre lang bis 1998 Finanzminister. Gegenwärtig ist er oberster Anti-Korruptionsaufseher bei Siemens.