Berlin.

Hannelore Kraft ist die erste Frau an der Spitze der Länderkammer. Es ist das vierthöchste Amt im Staat. Oder noch mehr, wie Krafts Vorgänger Böhrnsen erfahren musste.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik führt eine eine Frau den Bundesrat. Die Länderkammer wählte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft am Freitag einstimmig zur neuen Präsidentin. Die 49 Jahre alte SPD-Politikerin ist seit Juli Regierungschefin im einwohnerstärksten Bundesland. Sie folgt turnusgemäß auf den Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), der im ablaufenden Jahr den Vorsitz hatte. Ihre Amtszeit beginnt am 1. November und dauert ein Jahr.

Gleichberechtigung an der Spitze „Normalität“

Böhrnsen sprach in seiner Abschiedsrede von einer historischen Sitzung. Zum ersten Mal werde der Bundesrat von einer Frau geführt. Nach dem Bundestag, der Bundesregierung und dem Bundesverfassungsgericht erreiche „die gesellschaftliche Normalität ein weiteres Verfassungsorgan“.

Die Reihenfolge der Präsidentschaft wird von der Einwohnerzahl bestimmt. Der Turnus beginnt mit dem Regierungschef des Landes mit den meisten Einwohnern (Nordrhein-Westfalen, 18 Millionen Einwohner) und endet mit dem Regierungschef des kleinsten Landes (Bremen, 663.000 Einwohner).

Die Hauptaufgabe der Präsidentin ist die Einberufung und Leitung der Plenarsitzungen der Länderkammer. Sie vertritt den Bundesrat rechtlich in allen Angelegenheiten nach außen. Darüber weist ihr das Grundgesetz eine weitere Aufgabe zu: Sie nimmt die Befugnisse des Bundespräsidenten wahr, wenn dieser verhindert ist oder vorzeitig aus dem Amt scheidet. So musste Böhrnsen nach dem überraschenden Rücktritt von Horst Köhler Ende Mai vorübergehend die Amtsgeschäfte des Bundespräsidenten übernehmen. (dapd)