Kabul. .
Afghanistans Präsident Hamid Karsai bestätigt geheime Gespräche mit den Taliban. Schon seit einiger Zeit soll es inoffizielle Kontakte geben. Ziel ist die Wiedereingliederung in die afghanische Gesellschaft, sofern die Taliban der Gewalt abschwören.
Afghanistans Staatschef Hamid Karsai hat in einem Fernsehinterview bestätigt, dass seine Regierung schon seit einiger Zeit geheime Gespräche mit den radikalislamischen Taliban führt. „Wir haben mit den Taliban von Landsmann zu Landsmann geredet“, antwortete Karsai laut am Sonntag (Ortszeit) vorab veröffentlichten Auszügen aus einem Interview mit dem US-Talkmaster Larry King auf CNN, als er auf einen Bericht der „Washington Post“ über hochrangige Gespräche zwischen der Regierung in Kabul und den Taliban angesprochen wurde. Das Interview sollte am Montag ausgestrahlt werden.
Die Gespräche liefen bereits „seit einiger Zeit“, sagte Karsai. Es handele sich nicht um einen „regulären offiziellen Kontakt zu den Taliban mit einer festgelegten Adresse“, sondern um „eher inoffizielle persönliche Kontakte“. Die „Washington Post“ hatte am Dienstag unter Berufung auf nicht näher genannte afghanische und arabische Quellen berichtet, es gebe geheime Friedensgespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban. Daran seien offenbar erstmals auch Vertreter der Quetta Shura, der von Pakistan aus agierenden Talibanbewegung von Mullah Mohammed Omar, beteiligt.
Abzug der NATO-Truppen als Bedingung
Am Donnerstag nahm der afghanische Friedensrat seine Arbeit auf, der in Karsais Auftrag Gespräche mit den Taliban führen soll. „Jetzt, wo der Friedensrat ins Leben gerufen wurde, werden diese Gespräche weiter gehen und sie werden offiziell weiter gehen und ich hoffe entschiedener“, sagte Karsai in dem Interview zu dem bislang geheimen Dialog mit den Taliban.
Karsai verfolgt unterstützt von der internationalen Gemeinschaft einen Versöhnungsplan. Das Programm richtet sich an solche Taliban, die der Gewalt abschwören und an jene, die sich eher aus finanziellen statt aus ideologischen Gründen dem Aufstand angeschlossen haben. Bedingung für eine Wiedereingliederung ist, dass sie keine Verbindung zu internationalen Terrornetzwerken haben und die afghanische Verfassung akzeptieren. Darüber hinaus forderte Karsai die Taliban wiederholt öffentlich zu Verhandlungen auf. Die Islamisten machten in ihren Reaktionen jedoch immer den Abzug der NATO-geführten Truppen zur Vorbedingung für Gespräche.
Karsai weist Berichte über psychische Erkrankung zurück
Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat Berichte über eine angebliche psychische Erkrankung zurückgewiesen. Auf die Frage, ob er tatsächlich manisch-depressiv sei, antwortete Karsai laut am Sonntag (Ortszeit) vorab veröffentlichten Auszügen aus einem Interview mit dem US-Talkmaster Larry King auf CNN: „Oh, definitiv nicht.“ Der renommierte Reporter Bob Woodward hatte in seinem Buch „Obama“s Wars“ (“Obamas Kriege“) geschrieben, der US-Geheimdienst vermute, dass Karsai wegen manischer Depressionen behandelt worden sei. „Er ist auf seinen Medikamenten, er ist von seinen Medikamenten runter“, zitierte Woodward den US-Botschafter in Afghanistan, Karl Eikenberry.
Karsai sagte in dem Interview mit King, das am Montag in voller Länge ausgestrahlt werden sollte, er nehme lediglich Vitamine, Kopfschmerztabletten und ab und an Antibiotika ein. Das stärkste Medikament, das er genommen habe, sei ein Antibiotikum namens Augmentin. Damit habe er vor zwei Jahren eine schwere Erkältung behandelt, fügte Karsai laut CNN-Abschrift hinzu.
Die Beziehungen zwischen der Regierung von US-Präsident Obama und Karsai sind nicht zuletzt wegen des massiven Wahlbetrugs zugunsten Karsais während der Präsidentschaftswahl im Sommer 2009 angespannt. Außerdem forderte die US-Regierung Karsai mehrfach öffentlich auf, mehr gegen die Korruption im Land zu unternehmen. Karsai wiederum hatte ausländische Kräfte an den Wahlfälschungen in seinem Land verantwortlich gemacht und den Westen wiederholt wegen ziviler Opfer bei Einsätzen der internationalen Truppen am Hindukusch kritisiert. (afp)