Berlin. .
Gegner von Stuttgart 21 haben sich zum Farbbeutel-Anschlag auf die baden-württembergische Landesvertretung in Brüssel bekannt. Mehrere Politiker haben die Projektgegner heftig angegriffen.
Gegner des umstrittenen Bahnprojekts „Stuttgart 21“ haben sich zu dem Anschlag mit Farbbeuteln auf die baden-württembergische Landesvertretung in Brüssel bekannt. Das Staatsministerium wies am Montag auf ein im Internet veröffentlichtes Bekennerschreiben hin, in dem es hieß, dass die Vertretung wegen der „untragbaren Repression“ gegen „Stuttgart 21“-Gegner angegriffen worden sei. „Euer Polizeistaat kennt keine Grenzen. Unser Widerstand wird grenzenlos sein“, schrieben die Aktivisten weiter.
In der Nacht zu Samstag waren Farbbeutel auf die Landesvertretung in Brüssel geworfen worden. Vor allem das Erdgeschoss und der Eingang waren in Mitleidenschaft gezogen worden. Einige Beutel seien auch gegen Fenster der zweiten Etage geworfen worden, teilte das Staatsministerium mit. Neben der Eingangstüre hätten die Täter die durchgestrichene Aufschrift „S21“ hinterlassen, das Kürzel für das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“, bei dem der Bahnhof der Landeshauptstadt für 4,1 Milliarden Euro in einen Durchgangsbahnhof umgebaut werden soll.
OB Schuster kritisiert „Stuttgart 21“-Gegner
Im ZDF-Morgenmagazin hat der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) den Gegnern des Großbauprojekts „Stuttgart 21“ vorgeworfen, Ängste zu schüren. Sie vermittelten etwa den Eindruck, dass Häuser beim Tunnelbau einstürzen könnten, sagte Schuster. Befürworter des Projekts würden „systematisch“ diffamiert, „jeden Tag“ „neue Gerüchte“ gestreut. Dadurch sei eine „sehr schwierige Stimmung“ entstanden. Schuster mahnte daher einen Dialog zwischen Gegnern und Befürwortern an. Es sei „nützlich“, die Fakten auf den Tisch zu legen und Transparenz zu schaffen. Dies könne ein Beitrag zur „Befriedung“ sein, sagte Schuster.
Schuster verteidigte das Großbauprojekt der Bahn, mit dem der bisherige Kopfbahnhof durch eine Verlegung in den Untergrund zu einer Durchgangsstation gemacht werden soll. Stuttgart sei die „bekannteste Stauregion in Deutschland“ und müsse deshalb regional besser angebunden und als Exportstandort in das europäische Netz eingebunden werden. Das Bauvorhaben biete zudem die „großartige Chance“, die Stadt weiterzuentwickeln. Menschen, „die nicht von dem Projekt überzeugt sind“, hätten aber „selbstverständlich“ das Recht, „friedlich zu demonstrieren“.
Goll: Man denkt nicht an die kommende Generation
Auch der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) ging die Gegnern des Bahnhofsprojekts scharf an. Er warf ihnen Bequemlichkeit vor. „Die Menschen sind in zunehmender Zahl sehr unduldsam und wohlstandsverwöhnt“, urteilte Goll in der „Financial Times Deutschland“. Das Land habe sich zu weit von den Werten des Wirtschaftswunders entfernt. „Man denkt nicht an die kommende Generation, sondern nur daran, dass einem nichts passiert, was einem selbst lästig ist“, monierte Goll.
Goll, der auch FDP-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl Ende März ist, bekannte sich klar zum Projekt, bei dem der Stuttgarter Hauptbahnhof für 4,1 Milliarden Euro in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden soll. „Wir müssen uns nur trauen. Ich habe keine Angst davor, dass wir dafür bei der Landtagswahl abgestraft werden“, sagte er. Gewählt wird in Baden-Württemberg im kommenden März.
Erneute Proteste am Montag
Die Gegner von „Stuttgart 21“ wollen am frühen Montagabend erneut gegen das Bahnhofsprojekt demonstrieren. Das Aktionsbündnis gegen den Milliardenbau erwartet rund 20.000 Teilnehmer. Bei der Eskalation von Protesten waren am Donnerstag laut Polizei mindestens 130 Menschen verletzt worden, als Sicherheitskräfte mit Wasserwerfern und Pfefferspray eingriffen. Eine weitere Demonstration am Freitag war friedlich verlaufen. Die Gegner von „Stuttgart 21“ wollen mit ihren Aktionen einen Baustopp und eine Volksabstimmung über das Projekt erzwingen. Sie warnen vor hohen Kosten, negativen ökologischen Folgen und Sicherheitsgefahren durch das Milliardenprojekt.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer erklärte zu den Protesten: „Ich bin nicht besonders glücklich darüber, dass so getan wird, dass Demonstrationen rechtsstaatliche und demokratische Prozesse ersetzen sollen. Ich frage mich, wo kommen wir in Deutschland hin, wenn diese nicht mehr geachtet werden?“(afp/dapd)