Brüssel. Die EU-Kommission will deutsche Empfänger von Agrarsubventionen gegen den Willen von Landwirtschaftsministerin Aigner dazu zwingen, ihre Finanzhilfen im Internet zu veröffentlichen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat dazu ein Urteil gefällt - und sich auf die Seite der EU gestellt.

Schon wieder Streit zwischen Brüssel und Berlin: Während sich EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes noch mit Finanzminister Peer Steinbrück herumzankt, fechten nun auch EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel und Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner einen Streit aus.

Aigner will Veröffentlichung verzögern

Anlass dafür ist eine Empfehlung Aigners an die Bundesländer, sie sollten vorerst doch nicht veröffentlichen, welche Firmen und welche Bauern wie viel Geld aus den EU-Agrartöpfen kassieren. Eigentlich sind alle europäischen Behörden verpflichtet, bis spätestens nächste Woche Ross und Reiter zu nennen – und zwar durch eine EU-Verordnung, die auch von Deutschland abgesegnet hat. Aber Aigner will die Veröffentlichung von Namen und Beträgen aus „vorsorgendem Rechtsschutz“ verzögern. Sie beruft sich auf Gerichtsurteile, denenzufolge es den Datenschutz verletzen könne, wenn bekannt gegeben würde, dass Bauer Müller oder Firma Schmidt 10000 Euro oder eine Million aus Brüssel erhalten hat.

Die EU-Kommission hält diese Vorbehalte für Unfug. Man habe datenrechtliche Fragen geprüft, als die Verordnung seinerzeit vorbereitet wurde. „Es geht um das Geld des Steuerzahlers“, erinnert EU-Kommissarin Fischer Boel. „Deshalb ist es wichtig, dass die Bürger erfahren, wofür es ausgegeben wird.“ Brüssel droht damit, ein Verfahren gegen Deutschland zu eröffnen, das mit einer Klage vor dem EU-Gerichtshof enden könnte.

Gericht in Münster entscheidet für Veröffentlichung

Am Freitag hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden, dass die Empfänger von EU-Agrarsubventionen auch in Deutschland im Internet veröffentlicht werden müssen. Das OVG lehnte in einem Eilbeschluss den Antrag eines Landwirts ab, die Veröffentlichung seiner Daten auf der Internetseite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zu untersagen. In dem unanfechtbaren OVG-Beschluss heißt es unter anderem, es handele sich um gering sensible Daten. Bei der Abwägung mit dem Datenschutz verfolge die EU «das gewichtigere Ziel, die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger durch Transparenz zu stärken».

Auch RWE bezieht Agrarsubventionen

Seit Jahren fordern Bürgerrechts- und Umwelt-Aktivisten mehr Transparenz. Durch die Geheimniskrämerei werde nur verschleiert, dass große Summen an Konzerne gehen, die wenig mit Landwirtschaft zu tun haben. Im November 2007 ist es Greenpeace zumindest gelungen, einige Zahlen für Unternehmen in Nordrhein-Westfalen zu erhalten. Damals gehörte etwa der Energiekonzern RWE zu den Spitzenempfängern – wegen der Rekultivierung stillgelegter Braunkohle-Tagebaue. (mit Informationen der AFP)

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