Berlin. .

Der Bund erschwert Zuwanderern die Integration. Laut einem Medienbericht wurde die Finanzierung von Integrationskursen gekappt. 20.000 Plätze fehlten bundesweit. Unterdessen fordern Politiker eine härtere Gangart gegenüber Integrations-Verweigerern.

Die Rufe aus Bundes­regierung und Parteien nach einer härteren Gangart gegen integrationsunwillige Ausländer, die sich dem Erlernen der deutschen Sprache verweigerten, verfälschen aus Sicht von Praktikern im Lehrbetrieb die Realität. Nach einem Bericht des ARD-Magazins „Report“ hat der Bund die Finanzierung gekappt.

Im Juli, so berichtete das Magazin, habe die Bundesregierung bei der Finanzierung von In­tegrationskursen, in denen der Erwerb der deutschen Sprache im Mittelpunkt steht, auf die Bremse getreten. Monatelange Wartezeiten für lernwillige Ausländer seien die Folge.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Maria Böhmer (CDU) forderte zu­sätzliche Finanzhilfen von 15 Millionen Euro für 2010, um die Nachfrage befriedigen zu können. Zuvor hatte Rita Süssmuth, frühere Bundestagspräsidentin (CDU) und heutige Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, kritisiert, dass rund 20.000 interessierte Zuwanderer keinen Platz in Sprachkursen bekommen, weil das zu­ständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die ­Gelder gekürzt hat. Die Volkshochschulen decken mit 1000 Einrichtungen den Löwen­anteil der seit 2005 verpflichtenden Integrationskurse ab.

Staat hat ein „Umsetzungsproblem“

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich für Sanktionen gegen integrationsunwillige Ausländer ausgesprochen. „Wer auf Dauer alle Integrationsangebote ab­lehnt, der kann ebenso wenig in Deutschland bleiben wie vom Ausland bezahlte Hassprediger in Moscheen“, sagte Gabriel.

Auch Böhmer sprach sich für härtere Maßnahmen aus. Im Extremfall sei über Sanktionen bei der Aufenthaltsgenehmigung nachzudenken, sagte Böhmer am Montag bei einem Fachkongress für Bildungspatenschaften in Frankfurt.

„Wir haben Umsetzungsprobleme bei den gesetzlichen Regelungen“, betonte sie.SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erklärte, Sanktionen stünden bereits in den deutschen Gesetzen. „Wir stellen aber fest, dass das nicht mit der nötigen Konsequenz umgesetzt wird“, sagte Nahles.

Unterstützung erhielt der Vorschlag zudem aus FDP-Kreisen. „Wer dauerhaft hier leben möchte, der muss die eigene Integration aktiv voranbringen und die gebotenen Chancen einer weltoffenen Gesellschaft ergreifen“, sagte der Vorsitzende des Arbeitskreises Innen- und Rechtspolitik der FDP-Bundestagsfraktion, Hartfrid Wolff. Wo schwere Straftaten begangen wurden und die Integration gescheitert ist, müsse der Aufenthalt in Deutschland konsequent beendet werden.

Grüner wirft Gabriel Populismus vor

Parteiintern stieß Gabriels Vorschlag jedoch auf Widerspruch. „In den Mittelpunkt der Integrationsdebatte gehört sicherlich nicht die Frage von Strafen, sondern die Frage, wie diese durch eine bessere und gezieltere Bildungspolitik gar nicht erst verhängt werden müssen“, sagte SPD-Fraktionsvorstand Sebastian Edathy „Handelsblatt Online“. Umgekehrt gelte aber selbstverständlich auch, dass die Eingliederungsangebote angenommen werden müssen, fügte Edathy hinzu.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, es sei gut, wenn die SPD sich an der Integrationsdiskussion wieder aktiv beteilige. Er rate aber davon ab, „aufgeschreckt durch die Sarrazin-Debatte“ zu agieren. Der scheidende Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin hatte große Teile der arabischen und türkischen Einwanderer als weder integrationswillig noch integrationsfähig bezeichnet. Özdemir kritisierte außerdem, dass es bislang keine einheitliche Linie der SPD zur Integrationspolitik gebe. Hier müsse sich Gabriel besser mit seinen Parteikollegen abstimmen.

Deutlicher äußerte sich der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Volker Beck, der Gabriel „populistische Stammtischpolitik“ vorwarf. Die Forderung nach mehr Polizei und Repression zeuge vom fehlenden Integrationsverstand des SPD-Vorsitzenden. „Schulschwänzer lassen sich nicht von der Polizei beeindrucken, sondern von einer neuen Bildungspolitik und sozialarbeiterischen Angeboten, auch wenn man in manchen Fällen die Schulpflicht mit Hilfe der Polizei durchsetzen muss“, sagte Beck. (mit dapd)