München. .
Der Jesuitenorden will Opfer sexuellen Missbrauchs finanziell entschädigen. Die Ankündigung setzt auch deutsche Bischöfe unter Druck.
Der Jesuitenorden will Opfer sexuellen Missbrauchs finanziell entschädigen. Die Entschädigungssumme solle im „vierstelligen Bereich“ liegen, sagte der Provinzial der deutschen Jesuiten, Stefan Kiechle, der „Süddeutschen Zeitung“ vom Donnerstag. Der Orden setzt damit auch die katholischen Bischöfe unter Druck, die bislang noch keine konkrete Entscheidung über Entschädigungszahlungen getroffen haben.
Es sei ganz wichtig, „dass wir auch materiell ein Zeichen setzen“, sagte Kiechle, der als Provinzial oberster Vertreter der Jesuiten in Deutschland ist. Es werde diskutiert, pauschal und einmalig 5000 Euro anzubieten, dies sei aber „noch nicht entschieden“. Kiechle sprach von einer „symbolischen Entschädigung“. Eine unabhängige Stelle solle entscheiden, wer Geld bekommen könne.
Die Entschädigungzahlungen sollen nach den Worten des Provinzials nicht aus Spendenmitteln entnommen werden. Es solle auch kein Sozial- oder Seelsorgeprojekt des Ordens belastet werden. „Wir werden uns in unserem Lebensstil einschränken müssen“, sagte Kiechle. Die Brüder des Ordens seien zum Verzicht bereit. „Sühne tut weh, das muss sie auch“, sagte Kiechle.
Summe „in keiner Weise angemessen“
Der Sprecher der Opfer-Organisation „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, würdigte es in der „SZ“, „dass die Jesuiten nun vorangehen“. Eine Summe von 5000 Euro sei aber „in keiner Weise angemessen“. Am Samstag soll es ein Treffen zwischen dem Jesuitenorden und Vertretern des „Eckigen Tischs“ geben.
Die Deutsche Bischofskonferenz wollte das Angebot der Jesuiten nicht kommentieren. Die Bischöfe werden nach Angaben eines Sprechers auf ihrer Herbstvollversammlung kommende Woche in Fulda über das Thema beraten. Die Bischofskonferenz werde sich „an der Klärung von Lösungsmodellen in Fragen der Entschädigung bei sexuellem Missbrauch beteiligen“, erklärte der Sprecher. Zeitvorgaben und Inhalte gebe es aber noch nicht. Er widersprach damit der Darstellung der „Süddeutschen Zeitung“, wonach die Bischöfe einen eigenen Vorschlag in die Beratungen des Runden Tisches gegen sexuelle Gewalt am 30. September einbringen wollen.
Kiechle sagte dazu in der „SZ“, der Orden tue „nichts an der Bischofskonferenz vorbei oder gar gegen die Bischöfe“. „Aber wir sehen, dass wir Jesuiten jetzt ein Zeichen setzen müssen, damit es um der Opfer willen vorangeht.“
Der Missbrauchsskandal hatte seinen Anfang mit Enthüllungen am Berliner Jesuitengymnasium Canisius-Kolleg genommen. Der Schulleiter des Kollegs, Pater Klaus Mertes, machte im Januar Berichte über sexuelle Übergriffe zweier Patres in den 70er und 80er Jahren öffentlich. Mittlerweile meldeten sich laut Kiechle rund 200 ehemalige Schüler, die von sexueller Gewalt an Jesuitenschulen berichteten. Auch in anderen katholischen Einrichtungen wurden Missbrauchsfälle bekannt. Mit den Missbrauchsskandalen befasst sich seit April ein von der Bundesregierung eingesetzter Runder Tisch aus Vertretern von Schulen, Kirchen und Opferverbänden. (afp)