Frankfurt/Main. .
Der Grünen-Parteichef Özdemir fordert ein Verbot von Schusswaffen in Privathaushalten. Anlässlich des Prozessbeginns gegen den Vater des Winnenden-Amokläufers wirft er den anderen Parteien Tatenlosigkeit bei der Verschärfung der Waffengesetze vor.
Anlässlich des Prozessbeginns gegen den Vater des Winnenden-Amokläufers Tim K. am Donnerstag wirft der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir den anderen Parteien Tatenlosigkeit bei der versprochenen Verschärfung der Waffengesetze vor. „Auch nach Winnenden wurde trotz vieler Bekundungen aus allen Parteien das Notwendige nicht getan“, sagte Özdemir der „Frankfurter Rundschau“. „Überall werden Gesetze verschärft, nur in Deutschland bewegt sich zu wenig.“
Kontrollen fänden kaum statt
Nötig sei vor allem ein Verbot von Schusswaffen in Privathaushalten, sagte der Grünen-Chef. Aus den bekannten Fällen wisse man um den Zusammenhang zwischen legalen Waffen und Gewalttaten. „Aber aus Angst vor der Waffenlobby trauen sich weder die große, noch die jetzige Koalition, das Thema anzurühren“, sagte Özdemir. Die vorgeschriebenen Kontrollen fänden kaum statt, obwohl es bei Stichproben in einem Drittel bis zur Hälfte der Fälle Beanstandungen gebe.
Zudem sei es nach wie vor zu leicht, an einen Waffenschein und an Schusswaffen zu gelangen, sagte Özdemir. Auch sei die Altersgrenze für das Sportschießen zu niedrig. Er forderte zudem, dass die Schützenvereine pädagogische Betreuung für Jugendliche anbieten.
Der CDU-Innenexperte Reinhard Grindel sprach sich ebenfalls für mehr Waffenkontrollen aus. Der Obmann der Union im Bundestagsinnenausschuss sagte im RBB, der Gesetzgeber habe mit dem neuen Waffenrecht einen Rahmen gesetzt, um noch bessere Kontrollen zu ermöglichen. Allerdings sei dies auch von der personellen Besetzung der Ordnungsbehörden in den einzelnen Bundesländern abhängig.
Prozess gegen Vater des Amokläufers beginnt
Vor dem Landgericht Stuttgart muss sich ab heute (16. September) der Vater des Amokläufers von Winnenden und Wendlingen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz verantworten. Ihm wird vorgeworfen, die Tatwaffe unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt zu haben, mit der sein 17-jähriger Sohn am 11. März 2009 in der Albertville-Realschule in Winnenden und bei der anschließenden Flucht in Wendlingen 15 Menschen tötete und 13 verletzte. Danach hatte sich Tim K. selbst erschossen.
Die Angehörigen der Opfer hoffen zusätzlich auf eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung. Das Gericht war bei Zulassung der Klage zu dem Schluss gekommen, dass kein hinreichender Tatverdacht auf fahrlässige Tötung und Körperverletzung bestehe. Die Richter argumentierten, die Tat wäre auch geschehen, wenn Waffe und Munition weggeschlossen gewesen wären, da der 17-Jährige offenbar unbemerkt an die Zahlenkombination gekommen war.
Gerichtsangaben zufolge sind mittlerweile 41 Nebenkläger mit 19 Vertretern zugelassen. An den 27 angesetzten Verhandlungstagen sollen etwa 40 Zeugen gehört werden. Neben mindestens zehn Polizeibeamten sowie Medizinern, die nach dem Amoklauf im Einsatz waren, werden auch direkt Betroffene sowie deren Angehörige gehört. Zudem sind zahlreiche Sachverständige geladen, darunter zwei Psychiater und drei Rechtsmediziner. (dapd/rtr)