Berlin. .
Der SPD-Vorstand hat ein Parteiausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin beschlossen. Die Bundesregierung prüft unterdessen, wer die erhöhten Sarrazin-Bezüge zu zahlen hat.
Der SPD-Bundesvorstand hat ein Parteiausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin beschlossen. Das teilte Generalsekretärin Andrea Nahles nach der Sitzung am Montag in Berlin mit. Diskussionen gab es zudem um die Frage, ob die Bundesregierung der am Wochenende bekannt gewordenen Aufstockung der Pensionsansprüche Sarrazins zugestimmt hat, um seinen Rücktritt als Bundesbank-Vorstand zu erreichen.
„Wir haben ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel eines Ausschlusses von Sarrazin beschlossen“, sagte Nahles. Die Entscheidung sei einmütig bei einer Stimmenthaltung getroffen worden. Nahles selbst wurde vom Bundesvorstand zur Verfahrensbevollmächtigten in dieser Angelegenheit ernannt. Der Antrag soll zusammen mit einer Begründung demnächst dem zuständigen SPD-Kreisschiedsgericht Charlottenburg-Wilmersdorf zugeleitet werden.
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hatte sich zuvor erneut für einen Ausschluss des bisherigen Bundesbank-Vorstands aus der SPD ausgesprochen. Gabriel begründete dies vor allem mit den umstrittenen Äußerungen Sarrazins über genetische Eigenschaften bestimmter Volksgruppen. Allerdings gibt es auch skeptische Stimmen in der SPD gegenüber einem Ausschlussverfahren. Das räumten auch Nahles sowie der Vorsitzende des SPD-Parteirats, Claus Möller, ein.
„Schamloser Selbstvermarkter“
„Es gibt gute Gründe, das Parteiordnungsverfahren einzuleiten“, fügte Nahles aber hinzu. Sie widersprach auch Darstellungen, wonach SPD-Mitglieder sich überwiegend mit Stellungnahmen zugunsten Sarrazins an die Parteizentrale wenden würden. Vielmehr seien die meisten Bürger, die dies täten, gar keine SPD-Mitglieder.
Nahles wies auch darauf hin, SPD-Vorstandsmitglied Martin Schulz habe ein Ausschlussverfahren gegen Sarrazin als unausweichlich bezeichnet. Schulz war zuvor in der „Bild“-Zeitung mit den Worten zitiert worden: „Ein Parteiverfahren gegen ihn ist leider genau das, was sich dieser schamlose Selbstvermarkter wünscht. Wir sollten uns mit den Themen Sarrazins befassen und nicht so sehr mit der Person.“ Diese Äußerung wurde laut Nahles aus dem Zusammenhang gerissen.
Für Wirbel sorgte ein Bericht der „Leipziger Volkszeitung“, wonach die Bundesregierung in einem Eilverfahren der Erhöhung der Pension Sarrazins um 1000 Euro zugestimmt hat. Dies sei Voraussetzung für den Rücktritt Sarrazins als Bundesbank-Vorstand gewesen, hieß es in dem Bericht unter Berufung auf Angaben aus Regierungskreisen. Die Aufstockung geht Medienberichten zufolge auf einen Vermittlungsvorschlag der Behörde von Bundespräsident Christian Wulff zurück.
Linke fordert von Sarrazin, auf Extrazahlung zu verzichten
Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans sagte dazu, die Bundesregierung sei nicht mit diesem Vorgang befasst gewesen. Er wies darauf hin, Entscheidungen der Bundesbank würden unabhängig von der Regierung getroffen. „Das gilt auch für diesen Fall.“ Allerdings bedürfen Verträge zwischen dem Bundesbankvorstand und seinen Mitgliedern über deren Bezüge im Regelfall der Zustimmung der Bundesregierung.
Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Werner Dreibus, nannte den Pensionszuschlag für Sarrazin in der „Leipziger Volkszeitung“ eine „politische Instinktlosigkeit sondergleichen“. Die Linke forderte Sarrazins auf, auf die Extrazahlung zu verzichten. „Das stinkt zum Himmel“, kritisierte auch Nahles die Abmachungen mit Sarrazin. (afp)