Köln. .
Der mit seinen Plänen für eine Koran-Verbrennung für Empörung sorgende Prediger Terry Jones hat die „Christlichen Gemeinde Köln“ gegründet und jahrelang geleitet. Die Glaubensgemeinschaft distanziert sich entschieden von den Plänen ihres Gründers.
Der mit seinen Plänen für eine Koran-Verbrennung weltweit für Empörung sorgende amerikanische Prediger Terry Jones hat jahrelang eine freikirchliche Gemeinde in Köln geleitet. Der Fundamentalist habe die „Christlichen Gemeinde Köln“ 1982 auf göttliche Inspiration gegründet und bis vor wenigen Jahren geleitet, sagte Gemeindesprecher Thomas Müller.
Die Glaubensgemeinschaft distanzierte sich gleichzeitig entschieden von den Plänen ihres Gründers zur Koran-Verbrennung. „Wir sind absolut bestürzt darüber. Das ist völlig unchristlich“, sagte Müller. Die Pläne von Jones seien eine Gefahr für die Christen in aller Welt. „Er hat ein übersteigertes Geltungsbedürfnis. Nur daraus kann ich mir diese Aktion erklären“, fügte er hinzu.
Kölner Gemeinde „schockiert“
Müller betonte, die Gemeinde mit ihren rund 100 Mitgliedern habe sich schon vor zweieinhalb Jahren von Jones getrennt. Es habe Differenzen über die christliche Lehre gegeben. Außerdem sei seien Jones damals finanzielle Unregelmäßigkeiten zur Last gelegt worden. Vor seinem Aufenthalt in Köln habe Jones bereits in einer Gemeinde in München gepredigt, sagte Müller.
„Wir sind genauso schockiert wie der Rest der Welt“, so Stephan Baar von der „Christlichen Gemeinde Köln“. Jones solle später wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten als „Wiedergutmachung“ eine vier- bis fünfstellige Summe gezahlt haben. Der Pastor wurde zudem 2002 von einem Kölner Gericht zu einer Geldbuße von 3000 Euro wegen eines falschen Doktortitels verurteilt.
Zollitsch besorgt wegen angekündigter Koran-Verbrennung
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, hat die angekündigte öffentliche Verbrennung von Koran-Schriften in den USA scharf verurteilt. „Diese Aktion ist eine inakzeptable und in keiner Weise hinnehmbare Provokation einer winzigen Minderheit“, sagte Zollitsch und fügte hinzu: „Wir stehen hinter dem Protest des Vatikans.“ Er sei in großer Sorge, „dass mit solchen intoleranten Angriffen das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in vielen Teilen der Welt gefährdet wird“.
Auch der Vatikan hatte zuvor die geplante Koran-Verbrennung mit deutlichen Worten kritisiert. Der Päpstliche Rat für den interreligiösen Dialog teilte mit, jede Religion mit ihren heiligen Büchern, ihren Kultstätten und Symbolen habe das Recht, respektiert und geschützt zu werden. Alle religiösen Autoritäten und alle Gläubigen seien aufgerufen, jede Form von Gewalt zu strikt zu verurteilen, vor allem jene, die im Namen der Religion verübt werde.
Aktion verärgert Regierungen und Streitkräfte
Mit seinem Aufruf zur öffentlichen Koran-Verbrennung lässt Terry Jones, der Pastor einer kleinen fundamentalistischen Christengemeinde in Florida, die mächtigsten Amtsträger der Welt machtlos aussehen. Das Weiße Haus, das US-Außenministerium, die Militärallianz NATO - sie alle warnen vor den wütenden Gegenreaktionen, die Jones“ Aktion in muslimischen Ländern hervorrufen könnte. Verhindern können sie sie nicht. Der weltweite Wirbel steht in gewissem Missverhältnis zur Anhängerschaft des Mannes: Jones“ Gemeinde zählt nur etwa 50 Mitglieder.
Der 58-jährige Jones trotzt den Warnungen, mit seiner Standhaftigkeit sieht er sich in der Tradition biblischer Propheten. Ihn treibt die Furcht vor einer Abkehr der USA vom wahren christlichen Glauben. Insbesondere den Islam sieht Jones als dämonische Kraft, die es auf die Schwächung seines Landes abgesehen habe. Seine Botschaft: Der Islam selbst - und nicht nur dessen verzerrte Auslegung durch Radikale - führe zu Gewalt und erfordere deshalb Gegenwehr. „Wenn Ihr uns angreift, greifen wir Euch an“, sagt Jones den Muslimen.
Persönlicher Feldzug gegen Islam
Wenig deutete auf Jones“ bisherigem Lebensweg darauf hin, dass er einmal im Zentrum einer internationalen Kontroverse stehen könnte. Jones arbeitete laut US-Medien früher als Hotelmanager. In den vergangenen 30 Jahren reiste er immer wieder als Missionar nach Europa. Seit 1996 leitet er die kleine Gemeinde Dove World Outreach Center in Gainesville in Florida. Auf dem 20-Hektar-Anwesen der Kirche ist er oft mit einer Pistole am Gürtel zu sehen, wie Lokalmedien berichten.
Mit ein paar Dutzend Anhängern ist Jones“ Gemeinde klein - zu klein für die Ambitionen des Pastors. Er sieht es als sein Ziel, die Gemeinde von einer „örtlichen Kirche zu einer Kirche mit weltweiter Vision“ zu machen, wie er es auf seiner Internetseite formuliert. Erreichen will er dies offenbar mit einem persönlichen Feldzug gegen die Weltreligion Islam. Im Netz veröffentlichte Jones eine Reihe von Videopredigten gegen den Islam, mit denen er ein größeres Publikum erreichen will. Auch in einem Buch dämonisierte Jones den Islam. „Der Islam ist des Teufels“, lautet der Titel.
„Vorhut im Kampf um den wahren Glauben“
Mit der geplanten Koran-Verbrennung begeht Jones“ Kirche einen Tabubruch, der von vielen christlichen Gemeinden in den USA scharf verurteilt wird. In ihrer demonstrativen Rückbesinnung auf das, was als wahrer und ursprünglicher Glaube wahrgenommen wird, steht Jones“ Gruppe aber durchaus exemplarisch für eine Vielzahl unabhängiger Kleingemeinden in den USA, die sich um charismatische Pastoren gruppieren und sich im Kampf um die Anwerbung von Gläubigen mit fundamentalistischen Heilsbotschaften profilieren.
Jones“ Kirche etwa verspricht den Gläubigen eine „Rückkehr zur Wahrheit“. Sie fordert ein „Ende des Versteckens“ des christlichen Glauben. Abtreibung bezeichnet sie als „Mord“, Homosexualität ist für sie „Sünde“. Und der Islam, heißt es auf der Internetseite der Kirche, führe „die Menschen direkt in die Hölle“. Ihrem Selbstverständnis nach sieht sich Jones“ Gemeinde als „neue Generation“ im Dienst Gottes, als Vorhut im Kampf um den wahren Glauben.
Wer sich als Träger göttlicher Wahrheit sieht, tut sich freilich schwer mit Kompromissen. Die Warnung von Afghanistan-Kommandeur David Petraeus, dass die Koran-Verbrennung Muslime beleidigen und das Leben von US-Soldaten gefährden könnte, nehme er „sehr ernst“, sagte Jones. „Die Botschaft, die wir aussenden wollen, ist aber viel wichtiger als die Tatsache, dass einige Leute beleidigt sein könnten“, sagte der Pastor weiter. „Wir glauben, dass wir vor den Gefahren des Islam nicht zurückweichen dürfen.“ (dapd/afp)