Berlin. Personalgerangel in der großen Koalition: Die SPD sieht ihren Fraktionschef im Europa-Parlament, Martin Schulz, als Kandidaten für die Kommussion. Die CDU verweist auf den Ausgang der jüngsten Wahl und pocht darauf, ihren Kandidaten nach Brüssel zu schicken: Es könnte Friedrich Merz sein.

Angesichts der Ergebnisse bei der Europawahl sieht die Union ihren Anspruch auf den Posten des deutschen EU-Kommissars gestärkt. Die SPD könne mit ihrem Wahlergebnis von rund 21 Prozent keinen Anspruch mehr auf diesen Posten erheben, erklärte etwa CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla am Sonntagabend. Die Sozialdemokraten wiesen die Unions-Forderungen zurück und bekräftigten das Festhalten an ihrem Kandidaten Martin Schulz (Foto oben). Er ist Fraktionschef der Sozialisten imm Europäischen Parlament.

Die Union wolle nach 20 Jahren wieder einen EU-Kommissar stellen und werde zur gegebenen Zeit einen guten Vorschlag machen, sagte Pofalla. Auch der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, untermauerte den Anspruch seiner Fraktion auf den Posten. «Der nächste Kommissar muss von der Union kommen. Er erwarte eine Entscheidung nach der Bundestagswahl - «es sei denn, die SPD sieht ein, dass sie an diesem Spiel nicht mehr beteiligt sein kann», sagte Kauder. Auch Hans-Gert Pöttering, CDU-Politiker und Präsident des Europaparlaments erwartet eine Entscheidung nach der Bundestagswahl.

Offenbar hat Friedrich Merz Chancen, von der Union nominiert zu werden. Mehrere Unions-Politiker hatten sich in diesem Zusammenhang zuletzt lobend über den früheren Unionsfraktionschef geäußert. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch bestritt dagegen Ambitionen auf den Posten. Der jetzige deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD) ist für das Ressort Unternehmen und Industrie verantwortlich. Er gibt seinen Posten in diesem Jahr nach zwei Amtszeiten auf.

SPD verweist auf Mehrheitsverhältnisse in Berlin

SPD-Chef Franz Müntefering sagte im ZDF, der EU-Kommissar werde von der Bundesregierung entsandt. In der Koalition habe die SPD ganz klar den Anspruch gestellt und erklärt, dass Schulz der richtige Mann sei. «Dafür kämpfen wir.» In der Großen Koalition hätten sich die Mehrheitsverhältnisse schließlich nicht geändert.

Auch der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, wies ein Erstzugriffsrecht der Union auf das Amt zurück. «Solange die Union keinen Kandidaten hat, kann sie auch keinen Anspruch auf den Kommissar-Posten anmelden», sagte Kahrs bei Handelsblatt.com. «Wir haben mit Martin Schulz einen guten Kandidaten, der für gute Inhalte steht.» Im Übrigen könne die Union nicht im Alleingang entscheiden, wer deutscher Kommissar in Brüssel wird. Das werde in der Großen Koalition verhandelt.