Berlin. .
Der Koalitionsstreit um die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist beigelegt. Nun soll ein Gesetz zur „Therapierung und Unterbringung psychisch kranker Gewalttäter“ kommen.
Gefährliche Straftäter in nachträglicher Sicherungsverwahrung werden künftig nicht einfach entlassen. Sie werden in besonderen Einrichtungen zur Therapie untergebracht, wenn jeweils zwei Gutachter ihnen gefährliche psychische Störungen bescheinigen. Das teilten Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag gemeinsam in Berlin mit.
Bestandteil der Neuausrichtung der Sicherungsverwahrung ist auch die Einführung einer „elektronischen Fußfessel“ für Fälle, bei denen eine Einweisung des Täters in eine der neu zu schaffenden Einrichtungen nicht möglich ist.
Das Gesetz solle so schnell wie möglich durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden, sagte de Maizière. Damit ist der wochenlange Koalitionsstreit über die Reform der Sicherungsverwahrung beigelegt.
Gesetz soll auch für bereits Freigelassene gelten
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte die nachträgliche Sicherungsverwahrung für ungesetzlich erklärt. Damit hätten die Täter eigentlich freigelassen werden müssen. Dies ist in etwa 15 Fällen bereits geschehen. Offen war bislang, was mit den restlichen 60 bis 80 Tätern geschieht.
Leutheusser-Schnarrenberger sagte weiter, Ziel sei es auch, die bereits entlassenen Täter unterzubringen. Doch das müsse erst noch rechtlich geprüft werden.
Sie fügte an, eine Unterbringung in Gefängnissen sei nicht der Weg. Es gehe um eine Therapie. Die Entscheidung müsse die Zivilkammer eines Landgerichts mit drei Berufsrichtern beschließen. Der Täter müsse einen Anwalt haben. In Abständen von 18 Monaten müsse die Entscheidung überprüft werden. Die Gutachter dürften nicht im Strafvollzug beschäftigt sein. Aufgrund der psychischen Störung müsse die Gefahr drohen, dass weitere Straftaten mit schweren seelischen oder körperlichen Folgen für die Opfer drohen.
Der Linken-Rechtspolitiker Wolfgang Neskovic sprach von einem „Scheinkompromiss“: „Diejenigen Altfälle, bei denen aufgrund einer psychischen Erkrankung eine Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt, können bereits heute problemlos nach den Unterbringungsgesetzen der Länder untergebracht werden. Die Bundesregierung hat bislang nicht belegt, dass es Fälle gibt, die nicht über diese Ländergesetze abgedeckt sind.“
Polizeigewerkschaft begrüßt Kompromiss
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, begrüßte den Kompromiss. Allerdings sei er nicht völlig zufrieden. Solange die Reform nicht in Kraft sei, würden zusätzlich zu den bereits freigelassenen womöglich noch weitere Täter entlassen werden, die die Polizei dann mit großem Aufwand überwachen müsse.
Die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, Günter Krings und die rechtspolitische Sprecherin Andrea Voßhoff sprachen dagegen von einer „tragfähigen und akzeptablen Lösung“. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach räumte ein, dass der Aufbau der neuen Einrichtungen viel Geld kosten werde. Eventuell könnten sich dabei aber mehrere Länder zusammentun. Gegenrechnen müsse man die Kosten für die personalintensive Überwachung von Freigelassenen, die dann wegfalle. (apn/rtr)