Koblenz. .

Das Disziplinarverfahren gegen den Verantwortlichen des Luftschlags von Kundus, Oberst Georg Klein, ist eingestellt worden. „Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen haben sich nicht ergeben“, teilte das Heer in Koblenz mit.

Die Bundeswehr wird wegen des verheerenden Luftangriffs am Kundus-Fluss in Afghanistan auf ein Disziplinarverfahren gegen den damals befehlshabenden Oberst Georg Klein verzichten. Die Vorermittlungen nach den Vorschriften der Wehrdisziplinarordnung hätten keine Anhaltspunkte für ein Dienstvergehen ergeben, teilte das Pressezentrum des Heeres am Donnerstag mit. Im Rahmen der Vorermittlungen war geprüft worden, ob Klein mit seinem Handeln gegen die zum Zeitpunkt des Bombardements geltenden nationalen und internationalen Einsatzregeln verstoßen habe.

Wegen des Angriffs, bei dem es nach offiziellen Angaben 102 Tote und Verletzte gab, hatte auch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gegen Klein ermittelt. Bereits am 16. April waren die strafrechtlichen Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft eingestellt worden; nach Auffassung des Gerichts verstieß Kleins Handeln nicht gegen das Völkerrecht oder das allgemeine Strafrecht. Die Soldaten könnten wegen der Tötung von Zivilisten nicht strafrechtlich verfolgt werden, solange dies im Rahmen „völkerrechtlich zulässiger Kampfhandlungen“ geschehe, hatte die Bundesanwaltschaft diese Entscheidung begründet.

Kein Disziplinarverfahren

„Bei den jetzigen Ermittlungen handelte es sich ausschließlich um Vorermittlungen,“ sagte ein Bundeswehrsprecher auf ddp-Anfrage. Zur Einleitung eines ordentlichen Disziplinarverwahrens nach der Wehrdisziplinarordnung (WDO) sei es nicht gekommen. Nach der Einstellung der zivilen Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft habe der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Werner Freers, die Wehrdisziplinaranwaltschaft in Bonn mit den Vorermittlungen beauftragt.

Neben dem humanitären Völkerrecht und dem allgemeinen Strafrecht unterliegen alle deutschen Soldaten dem Wehrdisziplinarrecht. Es wird von den zuständigen Disziplinarvorsetzten, den Truppendienstgerichten und dem Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts ausgeübt. Bei Dienstvergehen kann ein Soldat beispielsweise degradiert, mit geminderter Pension entlassen oder in Arrest genommen werden.

Oberst Klein hatte als Kommandeur des Regionalen Wiederaufbauteams im nordafghanischen Kundus einen amerikanischen Luftschlag angefordert. Er galt zwei, von Aufständischen entwendeten Tanklastwagen, die in einer Furt des Kundus-Flusses steckengeblieben waren. Bei dem nächtlichen Luftangriff kamen zahlreiche Zivilisten ums Leben. Er war auf Anweisung Kleins ohne vorherigen Warnüberflug erfolgt. Während ein amerikanisches Militärdokument von 56 Opfern spricht ist im einem ISAF-Papier von 142 Todesopfern die Rede. Oberst Klein dient zurzeit wieder als Chef des Stabes der 13. Panzergrenadierdivision in Leipzig.

Opposition kann Gegenüberstellung mit Guttenberg nicht erzwingen

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshof in Karlsruhe wies unterdessen eine Klage der Opposition im Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre zurück. Die Ausschussminderheit aus Vertretern der drei Parteien SPD, Grüne und Linke scheiterte so mit ihrem Versuch, eine Gegenüberstellung von Guttenberg mit dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, und dem einstigen Staatssekretär des Verteidigungsministeriums, Peter Wichert, zu erzwingen. Mit der Gegenüberstellung wollten SPD, Grüne und Linke Widersprüche in den Aussagen von Guttenberg, Schneiderhan und Wichert klären, die alle bereits vor dem Ausschuss ausgesagt hatten. Mit ihrer Mehrheit im Ausschuss hatten Union und FDP den Antrag auf Gegenüberstellung aber abgelehnt.

Der Bundesgerichtshof erklärte, dem Antrag der Ausschussminderheit auf eine Gegenüberstellung müsse nicht stattgegeben werden. Die Ausschussminderheit habe auch nicht die Befugnis, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. (ddp/afp)