Peking. Keine Journalisten, keine Demonstranten, keine Diskussionen im Internet, keine Gedenkfeier: China schweigt auch am 20. Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung. Der Platz des himmlischen Friedens wurde für Journalisten gesperrt, Dissidenten bekamen Hausarrest.

20 Jahre nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung in Peking hat die chinesische Polizei den Ort des Gedenkens strikt abgeriegelt. Ausländischen Journalisten wurde der Zugang zum Tiananmen-Platz verwehrt, der von Polizisten in Uniform und Zivil gesichert wurde.

Fernsehteams wurden auch daran gehindert, das tägliche Hissen der roten Fahne auf dem Platz des Himmlischen Friedens zu filmen. Auf den Straßen der Umgebung wurden Journalisten von Zivilpolizisten bedrängt und bedroht. Bereits am Mittwoch hatten die Behörden die Zensur des Internets verschärft und tausende Blogs, Foren und Kommunikationsportale wie Twitter und Flickr gesperrt, um eine Diskussion über die blutige Niederschlagung der Studentenproteste zu verhindern.

Hausarrest für Dissidenten

In Peking lebende Dissidenten erhielten die Anweisung, am Donnerstag in ihrem Haus zu bleiben. Andere wurden gezwungen, die Stadt zu verlassen.

Der im Exil lebende einstige Studentenführer Wu'er Kaixi versuchte, über die Sonderwirtschaftszone Macau nach Peking zu reisen. Er teilte der Nachrichtenagentur AP mit, dass ihm die Einreise verweigert worden sei. Nach einer Nacht in einem Haftzentrum auf dem Flughafen Macau kehrte er daraufhin nach Taiwan zurück. «Ich würde heute viel lieber in Peking sein, um meiner Freunde zu gedenken, die nicht mehr am Leben sind», sagte der 41-Jährige. Wu'er sagte, er habe sich den Behörden stellen und vor Gericht über die damaligen Ereignisse sprechen wollen. Die chinesischen Behörden hatten Wu'er nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung auf Platz zwei einer Liste der 21 meistgesuchten Studentenführer gesetzt.

Der taiwanische Präsident Ma Ying-Jeou rief China dazu auf, das Tabu aufzuheben, über die Niederschlagung der Proteste öffentlich zu sprechen. «Man muss sich diesem schmerzlichen Kapitel der Geschichte stellen», hieß es in einer in Taipeh veröffentlichten Erklärung. «Es ist nicht möglich, so zu tun, als ob das nie geschehen sei.»

Clinton ruft China zu offenem Umgang auf - China wehrt ab

In Washington rief US-Außenministerin Hillary Clinton China dazu auf, «die dunkleren Ereignisse seiner Vergangenheit offen zu untersuchen» und genaue Zahlen der am 4. Juni 1989 getöteten, verhafteten oder seitdem vermissten Personen vorzulegen. Das chinesische Außenministerium wies die Forderung als Einmischung in die inneren Angelegenheiten zurück. «Wir rufen die USA dazu auf, ihre politischen Vorurteile fallenzulassen und die bilateralen Beziehungen nicht zu stören oder zu untergraben», sagte der Sprecher des Außenministeriums, Qin Gang.

In deutlichem Gegensatz zur Unterdrückung jeder Meinungsäußerung in Peking wurden am Donnerstag in Hongkong mehrere zehntausend Teilnehmer zu einer Mahnwache erwartet. Die ehemalige britische Kolonie gehört seit 1997 zu China, konnte aber als Sonderverwaltungszone die Bedingungen einer weitgehend offenen Gesellschaft erhalten.

Vor dem gewaltsamen Vorgehen der Streitkräfte auf dem Tiananmen-Platz in der Nacht vom 3. zum 4. Juni 1989 hatten die dort versammelten Studenten seit Mitte April mit Kundgebungen, Plakaten und Wandzeitungen eine Öffnung der Gesellschaft gefordert. Auslöser war der Tod des reformfreundlichen Politikers Hu Yaobang am 15. April 1989. Bei der Niederschlagung der Protestbewegung kamen schätzungsweise 700 bis 3.000 Menschen ums Leben. (ap)