Berlin. Die Wirtschaftskrise reißt laut einem Medienbericht ein gigantisches Loch in den Staatshaushalt. Demnach drohen in diesem Jahr bis zu 48 Milliarden Euro Steuerausfälle. Keiner wisse, wann Steuersenkungen möglich seien, erklärt derweil Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Dem Staat drohen wegen der Krise dieses Jahr bis zu 48 Milliarden Euro Steuerausfälle - doppelt so viel wie bislang befürchtet. Diese Expertenprognose meldete das «Handelsblatt» am Wochenende. Das Bundesfinanzministerium nannte noch keine Zahl, erklärte aber am Sonntag auf AP-Anfrage: «Die Steuerausfälle werden schrecklich sein.» Vor diesem Hintergrund sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, keiner wisse, wann Steuersenkungen möglich seien.

Die offizielle Steuerschätzung wird bis Donnerstag in Bad Kreuznach erarbeitet, und zwar auf Basis der Regierungsprognose, dass die Wirtschaftsleistung dieses Jahr um sechs Prozent schrumpfen wird. Das «Handelsblatt» berief sich auf eine Schätzung von Experten des Bundesfinanzministeriums. Sie rechneten für 2009 nur noch mit 524 Milliarden Euro Einnahmen für den Gesamtstaat statt der ursprünglich angesetzten 572 Milliarden Euro.

80 Milliarden fehlen dauerhaft

Kommendes Jahr sollen die Steuereinnahmen dieser Prognose zufolge nochmals um etwa zwei Milliarden Euro auf dann 522 Milliarden Euro sinken. Das entspräche einem Minus gegenüber der jüngsten Prognose von 73 Milliarden Euro. Ab 2011 würden dann zwar wieder steigende Einnahmen erwartet. Dennoch fehlten gegenüber früheren Prognosen Jahr für Jahr 80 Milliarden Euro.

Der Deutsche Städtetag schätzt allein die Finanzlücke der Kommunen wegen der Steuerausfälle in diesem Jahr auf vier Milliarden Euro, wie Verbandspräsident Christian Ude in der «Bild am Sonntag» schrieb. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte die Parteien vor einem Wahlkampf mit nicht erfüllbaren Steuer-Versprechungen. Es gebe keinerlei Spielraum für Entlastungen, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der «Rheinpfalz am Sonntag». Landsberg schätzt den Einbruch der Gewerbesteuer dieses Jahr auf rund 18 Prozent.

Müntefering drängt Kanzlerin

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering schloss deutliche Steuerentlastungen aus und drängte Bundeskanzlerin Merkel zu einer Festlegung. Er sagte im rbb-Inforadio: «Meine Erwartung an die Kanzlerin ist, dass sie jetzt klipp und klar sagt, ob sie denn - so wie manche in der Union - Steuernachlässe von 25 bis 30 Milliarden ankündigt.» Aus Sicht der SPD sei dies unmöglich.

Merkel äußerte sich weiter vorsichtig. Am Randes des CDU-Parteitages in Mecklenburg-Vorpommern sagte sie zur: «Keiner weiß genau, wann Steuersenkungen möglich sind.» Dieser Schritte setze voraus, dass es Wachstum gebe. Die CDU-Politiker Wolfgang Schäuble und Dieter Althaus rieten zur Zurückhaltung beim Versprechen von Entlastungen. Schäuble sagte der «Bild am Sonntag», die Steuerschätzung zeige, dass es kaum Spielräume dafür gebe.

Wenig Sparwillen bei den Ministerien

CSU-Chef Horst Seehofer bekräftigte dagegen, das mindeste sei ein Ausgleich für schleichende Erhöhungen in Folge der Progression. In der «Passauer Neuen Presse» sagte aber auch Seehofer: «Was man nicht einhalten kann, darf man nicht versprechen.»

Die «Süddeutsche Zeitung» meldete derweil, dass die Krise den Sparwillen der Berliner Ministerien dämpfe. Obwohl nach koalitionsinternen Berechnungen die Rezession den Etat 2010 mit etwa 70 Milliarden Euro belasten werde, hätten die meisten Ressorts zusätzliches Geld für 2010 beantragt. «Da ist eine unglaubliche Trittbrettfahrerei im Gang - frei nach dem Motto: Ob wir jetzt 80 oder 90 Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen, ist ja auch wurscht», meldete das Blatt aus Regierungs- und Koalitionskreisen. (ap)

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