Berlin. Im Kampf gegen die Folgen der Finanzkrise haben Gewerkschaftsvertreter Steuererhöhungen für Besserverdienende gefordert. Die SPD will nach Medienberichten offenbar den Spitzensteuersatz für Reiche von 45 auf 47,5 Prozent anheben.
Die SPD will den Spitzensteuersatz für Gutverdiener angeblich von bisher 45 Prozent auf 47,5 Prozent anheben. Die Düsseldorfer «Rheinische Post» berichtete, die SPD-Spitze habe sich bei Beratungen zum Wahlprogramm darauf geeinigt, gleichzeitig die jährliche Einkommensgrenze, ab welcher der Steuersatz greift, für Verheiratete von 500 000 Euro auf 250 000 Euro und für Alleinstehende von 250 000 Euro auf 125 000 Euro zu senken. Die Steuererhöhungen sollten ein zentraler Bestandteil des Wahlprogramms sein.
Mit den Zusatzeinnahmen von geschätzt einer Milliarde Euro pro Jahr sollten Bildungsinvestitionen finanziert werden, schrieb das Blatt. Die übrigen Einkommensteuertarife von 14 Prozent bis 42 Prozent sollten beibehalten werden. Am kommenden Donnerstag wolle das SPD-Präsidium das Wahlprogramm beschließen.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte der «Bild»-Zeitung, Steuererhöhungen für die breite Bevölkerung stünden nicht bevor. «Es könnte aber gerecht sein, die Reichensteuer von 45 Prozent anzuheben und nicht erst ab einem Jahreseinkommen von 500 000 Euro für Verheiratete und 250 000 Euro für Singles zu erheben», fügte er hinzu. «So könnten wir Geld für Bildung mobilisieren.»
Bsirske: Keine Steueroase für Reiche
Verdi-Chef Frank Bsirske hat weitere öffentliche Investitionen im Kampf gegen die Krise und Steuererhöhungen für Reiche gefordert. In einem Gastbeitrag für die «Sächsische Zeitung» schreibt Bsirske: «Die Lage ist dramatisch: Die Arbeitslosenzahlen steigen, eine Insolvenzmeldung jagt die nächste und die Prognosen geben düstere Ausblicke.» Es sei nicht auszuschließen, dass die Wirtschaft so stark schrumpfe wie zuletzt in den Jahren 1931 und 1932. «Gemessen daran reichen die bisherigen Konjunkturpakete nicht aus.»
Als das zweite Konjunkturpaket geschnürt worden sei, sei die Bundesregierung noch von einer mittlerweile überholten Prognose ausgegangen, schreibt Bsirske in der Zeitung. «Dem entsprechend müssen die Gegenmaßnahmen an die tatsächliche Entwicklung angepasst werden. Alles hängt davon ab, ob die Krise eingedämmt und eine schwere Depression verhindert werden kann.» Dazu seien «deutlich mehr öffentliche Investitionen» nötig, forderte der Verdi-Chef. «Das kostet Geld und wird kurzfristig zu neuen Schulden führen. Aber wer jetzt knausert, wird später einen wesentlich höheren Preis zahlen müssen.» Wer hingegen Jobs sichere, bekomme die Ausgaben über Steuern und Sozialversicherungsbeiträge refinanziert.
"Daneben müssen mittelfristig die öffentlichen Einnahmen gestärkt werden», forderte Bsirske. «Das heißt, die Neuverschuldung muss flankiert werden durch eine Steuerpolitik, die die stärkeren Schultern angemessen belastet. Deutschland darf keine Steueroase für Reiche und für Unternehmen sein.»
Schmoldt: Höhere Steuern zum Abbau der Krisen-Schulden
Zur rascheren Bewältigung der Folgen der Finanzkrise hat der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt, höhere Steuern für Besserverdienende gefordert. Damit könne ein Beitrag zur Finanzierung der immensen Schulden geleistet werden, die infolge der Krise auf den öffentlichen Haushalten lasteten, sagte Schmoldt.
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«Die Besserverdienenden, die einige Jahre von Steuersenkungen profitiert haben, sollten nun zur Finanzierung der Schulden mit herangezogen werden», forderte der IG-BCE-Vorsitzende, und schlug dazu unter anderem höhere Einkommensteuersätze vor. «Wir haben eine Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen», mahnte der Gewerkschaftschef. Zudem sollte die gesellschaftliche Mitte entlastet werden, indem die sogenannte kalte Steuerprogression abgebaut werde, verlangte Schmoldt.
Der Gewerkschafter kritisierte das Krisenmanagement der Bundesregierung: «Für die Banken, die die Krise ausgelöst haben, gibt es Steuergelder. Die Unternehmen der Realwirtschaft haben dies auszubaden und bleiben sich selbst überlassen. Das kann nicht sein.» Es fehle zudem eine klare Positionierung der Regierung zum Thema Verantwortung von Managern.
Nötig sei als Konsequenz aus der Krise eine grundsätzliche Überprüfung der Situation und eine Rückbesinnung auf die traditionellen Werte der sozialen Marktwirtschaft. «Dazu gehört auch, völlig überzogene Managergehälter infrage zu stellen. Einfache Mitarbeiter kommen oft gerade mal auf 2.000 Euro brutto.» (ddp/afp/ap)