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Für Versicherungsmathematiker ist sie eine Rechengröße, für Politiker ein Schlagwort – die Rente mit 67. Die immer wiederkehrende Kernfrage lautet: Wie sollen die Menschen bis 67 arbeiten, wenn schon heute die wenigsten bis 65 durchhalten oder vorher aussortiert werden? Dazu ein paar Fakten, die in der emotionalen Debatte nicht immer durchdringen: Hier ein paar Fakten, die in der Debatte nicht immer durchdringen:

Schon die Kernfrage ist verkürzt, korrekt müsste sie lauten: Warum sollen die Menschen ab dem Jahr 2029 bis 67 arbeiten? Das Rentenalter wird nicht über Nacht, sondern in kleinen Schritten über einen langen Zeitraum angehoben: Ab 2012 steigt mit jedem Jahr das Rentenalter um einen Monat. Wer 1947 geboren wurde, muss bis 65 plus einen Monat arbeiten, der Jahrgang 1958 genau bis 66, also bis 2024. Danach geht es in Zwei-Monats-Schritten weiter, erst wer 1964 oder später geboren wurde, muss bis 67 arbeiten. An diesem Zeitplan müsste sich auch die Frage orientieren, ob genug Arbeit für Ältere vorhanden ist.

Günstige Prognosen

Langfristig sind die Prognosen eindeutig: Die Alterung der Gesellschaft wird in den kommenden Jahrzehnten dazu führen, dass weniger Berufstätige mehr Rentner mit ihren Beiträgen finanzieren müssen. Was die Rentenkasse belastet, entlastet gleichzeitig den Arbeitsmarkt. Die Fachkräfte werden in manchen Branchen schon heute knapp. Die Ökonomen sind sich einig, dass die Arbeitslosigkeit zwangsläufig sinken wird.

Rechnerisch ist die Frage, ob es von 2012 bis 2024 gelingt, dass die Menschen auch tatsächlich ein Jahr länger arbeiten. Dass dies möglich ist, hat sich im vergangenen Jahrzehnt gezeigt: Das tatsächliche Renteneintrittsalter ist zwischen 2000 und 2009 von 62,3 auf 63,2 Jahre gestiegen. Gleichzeitig hat sich die Beschäftigungsquote der Älteren verbessert. Standen im Jahr 2000 nur 38 Prozent der Über-55-Jährigen noch im Beruf, waren es 2009 mit 56,2 Prozent ein gutes Drittel mehr.

Nur jeder vierte Arbeitnehmer schafft es bis 65

Allerdings wird es nach wie vor mit jedem Lebensjahr schwieriger, im Beruf zu bleiben oder als Arbeitsloser noch eine Stelle zu finden. So arbeiten zwar noch drei von vier 55-Jährigen, aber nur jeder zehnte schafft es bis 65. In diese Kerbe schlägt die Forderung, körperlich besonders belastende Berufe auszunehmen. Doch wer soll abgrenzen zwischen Dachdeckern und Stahlkochern? Das würde der Politik Schlachten mit sämtlichen Branchen einhandeln. Gezielter können die Tarifpartner dieses Thema behandeln, und das tun sie längst. So haben die Stahlindustrie und die Chemie bereits eigene Altersteilzeit-Modelle entwickelt.

Die Rentenversicherung schlägt grundsätzlich vor, dass Tarifpartner für sehr schwere Tätigkeiten höhere Rentenbeiträge der Arbeitgeber vereinbaren können, die Frühverrentungs-Abschläge auffangen.

Kürzungsprogramm

Gabriels Argument, wenn es keine Jobs für Ältere gebe, sei die Rente mit 67 ja nur ein Kürzungsprogramm, ist ein rein politisches. Mathematisch ist sie so oder so ein Kürzungsprogramm, um die Renten bezahlbar zu halten. Wer um 2030 in Rente geht, also der heutige Mittvierziger, erhält 7,2 Prozent weniger Rente allein dadurch, dass er zwei Jahre länger arbeitet. Allerdings lebt er auch durchschnittlich drei Jahre länger – so die Prognose.

Kurt Becks Vorschlag, Ältere sollten nur noch Teilzeit arbeiten und den Rest von der Rentenkasse erhalten, ist eine Umschreibung der Teilrente, die es längst gibt. Arbeitnehmer können ab 63 beruflich kürzer treten und bereits einen Teil ihrer Rente beziehen. Darauf werden jedoch Frührenten-Abschläge fällig. Als Lösung für die Masse taugt dieses Modell offenbar nicht: Derzeit gibt es rund 4000 Teilrentner in ganz Deutschland.