Berlin. Bundesinnenminister Schäuble kritisiiert die unklare Lage für Bundeswehreinsätze. Nach einem Urteil des Bundesverdassungsgerichtes können Piloten jederzeit den Befehl zum Abschuss einer gekaperten Zivilmaschine verweigern. Deshalb will Schäuble eine Grundgesetzänderung durchboxen.

Regierungsvertreter der Union haben die Forderung bekräftigt, einen Bundeswehreinsatz im Inneren per Grundgesetzänderung zu ermöglichen und im Auslandseinsatz eindeutiger als bisher zu regeln. Auf dem 6. «Handelsblatt»-Sicherheitsforum in Berlin mahnten am Dienstag sowohl Innenminister Wolfgang Schäuble als auch der Parlamentarische Verteidigungs-Staatssekretär Thomas Kossendey (beide CDU) eine rasche Lösung an. Schäuble warf der SPD vor, sich hier den deutschen Sicherheitsinteressen verweigert zu haben.

«Was wir jetzt haben, ist die schiere Unvernunft», sagte Schäuble mit Blick auf die unklare Lage nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz. Selbst wenn der zuständige Minister den Befehl zum Abschuss einer gekaperten Zivilmaschine erteilen würde, könnten Piloten diesen unter Verweis auf Karlsruhe verweigern. Der Gesetzgeber stehe in der Pflicht, dieses Dilemma zu lösen.

«Verfassungsnorm an die Lebenswirklichkeit heranführen»

Auch bei der Bekämpfung der internationalen Piraterie sei die gegenwärtige Rechtslage gerade bei einer möglichen Geiselbefreiung eher hinderlich, machten beide Politiker deutlich. Kossendey sagte, die Bürger hätten kein Verständnis, wenn die Hilfsleistungen des Staates so eingeschränkt würden. Daher müsse man die «Verfassungsnorm an die Lebenswirklichkeit heranführen». Der Staatssekretär unterstrich das Ziel: «Die Bundeswehr hilft den Bürgern, wenn sie in Gefahr sind - sei es im Inland oder im Ausland», sagte

Erst vor einem Monat hatte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) viel Kritik auf sich gezogen, als er zur Bekämpfung von Piraten die Verfassung ändern wollte. Jung hatte mit Blick auf die Probleme am Horn von Afrika eine Grundgesetzänderung angeregt, die der Bundeswehr den Zugriff dann ermöglicht, wenn die Polizei nicht handeln kann.

Schäuble sagte, die polizeiliche Sondereinheit GSG9 sei bestens für eine Geiselbefreiung ausgerüstet, ausgebildet und habe auch die rechtliche Befugnis. Für Geiselbefreiung durch Marine müsse zwingend das Grundgesetz «ergänzt» werden. Wer daraus aber ableite, man wolle Polizeiaufgaben durch die Bundeswehr erfüllen lassen, der müsse sich zumindest «einen Mangel an Sachkenntnis» oder sogar den Vorwurf der «bösartigen Verdrehung von Tatsachen» gefallen lassen. (ddp)