Kundus. Zweiter Anschlag binnen weniger Stunden: Ein deutscher Bundeswehr-Soldat ist bei einem Feuergefecht in Afghanistan erschossen worden. Vier weitere wurden verletzt. Die fünf Soldaten waren in einen Hinterhalt geraten. Wenige Stunden zuvor hatte es ein Selbstmordattentat gegeben.
Ein überraschender Besuch von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Afghanistan ist am Mittwoch von erneuten Anschlägen auf die Bundeswehr überschattet worden. Ein Soldat wurde bei einem Feuergefecht nahe Kundus getötet, vier weitere verletzt.
Bei einem Attentat ebenfalls in der Nähe des deutschen Feldlagers im Norden des Landes waren zuvor fünf Soldaten leicht verletzt worden. Zu diesem Anschlag bekannten sich die radikal-islamischen Taliban. Steinmeier versicherte in der Hauptstadt Kabul, dass Deutschland an seiner Unterstützung für das kriegsgeplagte Land festhalten werde. In Afghanistan sind mehr als 3800 deutsche Soldaten stationiert.
Steinmeier: Feige Anschläge
Eine deutsche Patrouille geriet am Mittwochabend in einen Hinterhalt und wurde nach Angaben des Verteidigungsministeriums mit Handfeuerwaffen und Granaten beschossen. «Nach derzeit vorliegenden Informationen ist bei diesem Feuergefecht ein deutscher Soldat gefallen, vier weitere deutsche Soldaten wurden leicht verwundet», hieß es weiter.
Nach Angaben der Bundeswehr hatte sich zuvor ein Attentäter neben einer Patrouille rund 15 Kilometer südlich von Kundus in einem Auto in die Luft gesprengt. Dabei wurde das schwer gepanzerte Fahrzeug der Patrouille beschädigt. Steinmeier sagte: «Natürlich lassen wir uns von solchen feigen Anschlägen nicht von unserem Engagement in und für Afghanistan abbringen.» Umso mehr komme es jetzt darauf an, die Ausbildung von afghanischer Polizei und Armee weiter voranzubringen.
Aus Sicherheitsgründen war der vierte Afghanistan-Aufenthalt des Ministers - wie inzwischen üblich - bis zur letzten Minute geheim gehalten worden. Trotz des Anschlags ließ Steinmeier sein weiteres Reiseprogramm unverändert. Offen blieb, ob das Attentat und das Feuergefecht in Zusammenhang mit der Steinmeier-Reise standen. Erst vor drei Wochen war bereits ein Afghanistan-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von einem Angriff der Taliban überschattet worden.
In Kabul traf Steinmeier unter anderem mit Präsident Hamid Karsai zusammen, der sich ausdrücklich für die deutsche Unterstützung seit dem Sturz der Taliban 2001 bedankte. Der Gesamtwert der Hilfe wird bis 2011 eine Summe von 1,2 Milliarden Euro erreichen. Am international viel kritisierten Entwurf für ein neues Ehegesetz hält Karsai nach deutschen Angaben nicht mehr fest.
Taliban kündigen Großoffensive an
Steinmeier unterstützte den neuen internationalen Ansatz für eine «regionale Lösung» gegen den islamischen Terrorismus, der neben Afghanistan auch Pakistan stärker einbezieht. «Solange das nicht der Fall ist, werden auch unsere Bemühungen in Afghanistan nur begrenzt erfolgreich sein.» Dazu soll es in der ersten Mai-Woche in Washington ein Treffen Karsais und seines pakistanischen Kollegen Asif Ali Zardari bei US-Präsident Barack Obama in Washington geben. Auf der Rückreise will Karsai in Berlin Station machen.
Er habe «große Hoffnungen» in das Dreiertreffen in Washington, sagte Steinmeier. Zugleich appellierte er an Pakistan, "mehr Anstrengungen unternehmen, um die islamistischen Kräfte im Norden zurückzudrängen.» Das Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan gilt als wichtigstes Rückzugsgebiet für islamistische Terroristen.
In Afghanistan sind derzeit mehr als 70 000 Soldaten aus über 40 Nationen stationiert. Bis zur Präsidentenwahl im August soll die Zahl auf mehr als 90 000 erhöht werden. Trotzdem werden neue Anschläge befürchtet. Als Reaktion auf die massive Truppenverstärkung besonders der USA in Afghanistan kündigten die Taliban für diesen Donnerstag eine landesweite Offensive an. (ddp)