Berlin. .

Die Organisierte Kriminalität wird internationaler, professioneller und erhöht seine Gewinne. Laut Lagebericht des BKA steigt die Zahl der Strafverfahren - gefasst werden meist nur die kleinen Fische, die Strippenzieher entwischen.

Die Organisierte Kriminalität rüstet technisch auf, verzweigt sich in immer mehr Länder und schleust die Gewinne an den Behörden vorbei. Dabei konzentrieren sich die Verbrecher auf den Verkauf von Drogen, professionalisieren den Autodiebstahl und verschleiern ihre Finanzen, wie aus dem am Donnerstag in Berlin veröffentlichtem Lagebild Organisierte Kriminalität hervorgeht. Die Polizei fasse zwar häufig kleine Ganoven - doch die Chefs seien nur schwer zu verhaften.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte: „Die Polizei muss mit den Entwicklungen der Organisierten Kriminalität Schritt halten.“ So ist die Zahl der Ermittlungsverfahren in Deutschland laut dem Lagebild im Jahr 2009 auf 579 und somit erstmals seit zehn Jahren wieder leicht angestiegen. „In diesem von Kontrolldelikten geprägten Feld bedeutet ein Mehr an Verfahren, dass unsere Ermittler erfolgreich sind“, erklärte der CDU-Politiker. Gleichzeitig betonte er: „Die eigentlichen Hintermänner sind oft ganz woanders, an die ist schwer ranzukommen.“

Verdeckte Ermittler müssen den Kriminellen demnach häufiger ins Ausland hinterherjagen, riesige Datenmengen beschlagnahmen und komplizierte Finanzverschleierungen aufdecken. Umgekehrt hat sich Deutschland zum Rückzugsland für die italienische Mafia entwickelt. De Maizière forderte daher gemeinsame Ermittlungsgruppen, in denen Polizisten und Staatsanwälte „Schreibtisch an Schreibtisch in einem Raum sitzen“.

Schaden von 1,3 Milliarden Euro

In fast 90 Prozent der Fälle gab es laut dem Lagebild internationale Bezüge, die sich auf 122 Staaten erstreckten. Die Kriminellen verursachten einen Schaden von mehr als 1,3 Milliarden Euro allein in Deutschland - eine Steigerung um fast 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Etwa die Hälfte davon geht auf das Konto einer einzigen Gruppe, wie der Minister betonte.

Wie aus dem Lagebild hervorgeht, dominierten Verfahren aus dem Bereich der Rauschgiftkriminalität mit einem Anteil von fast 41 Prozent. Deutschland will daher innerhalb der EU-Zusammenarbeit auf die Bekämpfung der Drogenroute aus dem Balkan konzentrieren. Zudem sei der Anbau von Cannabis in der Bundesrepublik nicht mehr auf „drei Balkonpflanzen“ begrenzt, kritisierte de Maizière.

Bei der Eigentumskriminalität mit rund 15 Prozent aller Verfahren ging es im vergangenen Jahr hauptsächlich um den Diebstahl von Fahrzeugen. Sie wurden häufig nach Polen, in die Ukraine oder nach Litauen gebracht. Beim sogenannten „Checking“ klauen die Autodiebe immer häufiger die Originalschlüssel. Die Wirtschaftskriminalität machte 13 Prozent der Verfahren aus, darunter vor allem Anlage- und Kreditbetrug.

Gewinne werden meist nicht sichergestellt

Die Gewinne der Verbrecher konnten die Behörden jedoch meist nicht sicherstellen - dies gelang nur bei knapp einem Viertel der Straftaten. So konnten 113 Millionen Euro vorläufig als Vermögenswerte gesichert werden - ein Rückgang um 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Die Beweissicherung wird durch den Einsatz neuer Technologien auf der Täterseite immer schwieriger“, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke. „Die Bekämpfung der Geldwäsche wird zudem durch neue elektronische Zahlungssysteme im Internet konterkariert.“

Vor allem die zunehmende Nutzung des Internets für die Kommunikation der Ganoven untereinander treibt den Behörden Sorgenfalten auf die Stirn. Besonders wichtig ist daher laut Ziercke die Telefonüberwachung. Der Innenminister mahnte eine verfassungskonforme Regelung der Verfassungsdatenspeicherung an.

Deutsche Tatverdächtige stellen laut dem Bericht mit knapp 40 Prozent immer noch den höchsten Anteil der Tatverdächtigen, gefolgt von türkischen und italienischen Staatsangehörigen. (ap)

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