Moskau. .
Verblüffend offen erzählen diese Männer von Mord, Totschlag und anderen Verbrechen: Ein Dokumentarfilm porträtiert die russische Mafia, „Die Ehre der Paten“ läuft am Dienstag um 22.45 Uhr im Ersten.
Sie wirken wie joviale Männer in den besten Jahren, die gutes Essen schätzen und dem ein oder anderen Späßchen nicht abgeneigt sind. Das wirkt aber nur so lange harmlos und nett, bis diese Veteranen der russischen Mafia aus dem Nähkästchen plaudern und davon berichten, wie sie einst Rivalen totschlugen, Opfer folterten oder Mitgangster, die ihnen den gehörigen Respekt schuldig blieben, kurzerhand erschossen.
Nach dem Knast
kommt der Kaviar
Dokumentarfilmer Alexander Gentelev porträtiert in seiner spannenden Dokumentation „Die Ehre der Paten“, die Dienstag im Ersten läuft, russische Mitglieder der ehrenwerten Gesellschaft, die mit illegalen und halblegalen Geschäften reich geworden sind und nicht nur über ihre engen Verbindungen zum organisierten Verbrechen in Russland berichten, sondern auch verblüffend offen von Mord, Totschlag und anderen Schandtaten erzählen – bei manchen der im Stile launiger Anekdoten vorgetragenen Storys sträuben sich einem die Nackenhaare.
Männer wie etwa Leonid Bilunov oder Vitalij Djomotschka sind der Beweis dafür, dass sich Verbrechen manchmal eben doch lohnt – zumindest in Russland, wo viele der sogenannten „Diebe im Gesetz“ keineswegs am Rande der Gesellschaft stehen, sondern in ihrer Mitte angekommen sind. Dabei werden auch langjährige Gefängnisaufenthalte von den abgebrühten Paten billigend in Kauf genommen, allein Bilunov und Djomotschka haben gemeinsam 30 Jahre Knast auf dem Buckel. Heute geht es den in dem Beitrag porträtierten Männern gut, sie sitzen in Cannes, Paris oder Moskau und pflegen einen aufwendigen Lebensstil.
Man kann Dokumentarfilmer Gentelev sicher vorwerfen, dass er die russischen Paten, die nachweislich schon viel Leid über andere gebracht haben, in seinem Beitrag viel zu gut wegkommen lässt.
Engmaschiges Netz
zwischen Mafia und Politik
Andererseits macht er diese aus einer journalistisch fragwürdigen Distanzlosigkeit resultierende Schwäche aber wieder wett, indem er aufzeigt, wie eng zuweilen Politik, Wirtschaft und eben auch Kriminalität vor allem im Russland der neunziger Jahre miteinander verflochten waren.
Viele Mafiosi, Geldeintreiber, Erpresser, Schläger und Killer in Moskau und anderswo nutzten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die anfänglich mehr als labilen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse und die plötzlich erwachte Gier nach Status und Besitz, um ihr eigenes kriminelles Süppchen zu kochen. Dabei entstanden Strukturen organisierter Kriminalität, die auch heute noch in ganz Russland wirksam sind.