Essen.
126 000 Fässer mit radioaktivem Müll lagern in dem maroden Endlager Asse. Seit Jahren dringt Wasser in das ehemalige Salzbergwerk ein, es droht einzustürzen. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) empfiehlt nun, sämtliche Fässer ans Tageslicht zu holen.
Was passiert mit dem Atommüll?
Das Bundesamt hatte drei Möglichkeiten untersuchen lassen. 1.) Rückholung: Die Abfälle werden aus der Schachtanlage herausgeholt und anderswo eingelagert, vermutlich im 20 Kilometer entfernten Schacht Konrad, einem stillgelegten Eisenerz-Bergwerk in Salzgitter. 2.) Umlagerung: Dies sieht vor, die Abfälle in einen tieferen Teil des Salzstocks zu schaffen. 3.) Vollfüllung: Die Hohlräume des Bergwerks werden mit Beton vollständig zugeschüttet. Das BfS plädiert für die erste Möglichkeit.
Was bedeutet die Rückholung des Mülls?
Das Essener Ingenieur-Unternehmen DMT und der TÜV Nord berechneten vier verschiedene Varianten, wie der Müll geborgen werden könnte. In Variante 1 werden 70 Prozent der eingelagerten Abfälle geborgen, dies würde knapp drei Jahre in Anspruch nehmen und knapp eine Milliarde Euro kosten. Variante 4 sieht vor, den Müll komplett heraufzuholen und die Grube zu dekontaminieren. Dies könne rund 15 Jahre dauern.
Was ist Asse?
Die Schachtanlage Asse II bei Wolfenbüttel ist ein rund 100 Jahre altes Kalk- und Salzbergwerk. Das Helmholtz-Zentrum München hat das Bergwerk von 1965 bis 1992 im Auftrag des Bundesforschungsministeriums genutzt, um die Lagerung von radioaktiven Abfällen zu erforschen und zu erproben. Von 1967 bis 1978 wurden in 125 787 Fässern 46 930 Kubikmeter strahlende Abfälle eingelagert. Die seit langem eindringende Salzlösung gefährdet das Grundwasser und die Stabilität der Grube. Das BfS, das im Januar 2009 das Helmholtz-Zentrum als Betreiber ablöste, hat die Aufgabe, Asse stillzulegen.
Was liegt dort?
Der größte Teil der Abfälle stammt aus den Anlagen der heutigen Kraftwerksbetreiber Eon, Vattenfall Europe, RWE und EnBW. Neben den direkten Lieferungen an die Asse II gelangten auch große Mengen strahlender Abfälle aus Atomkraftwerken über das Kernforschungszentrum Karlsruhe in die Grube, erklärt Werner Nording, Sprecher des BfS. Die dortige Wiederaufbereitungsanlage nahm die abgebrannten Brennelemente an. Nording: „Rund 70 Prozent aller Fässer stammen aus den Anlagen der heutigen Kraftwerksbetreiber.”
Was kostet die Entsorgung? Wer kommt dafür auf?
Die komplette Rückholung des Mülls werde Kosten von mindestens 2,6 Milliarden Euro verursachen, errechneten die DMT- Gutachter. Andere Studien gehen von einem Sanierungsbedarf von über vier Milliarden Euro aus, so das BfS. Wer das – außer dem Steuerzahler – bezahlen muss, ist noch offen. Wissenschaftsministerin Schavan und Umweltminister Röttgen forderten wiederholt eine Beteiligung der Kraftwerksbetreiber. Nording: „Asse bedeutete für die Energiewirtschaft jahrelang eine günstige Entsorgung. Daher wäre eine Beteiligung nur angebracht.”
Wie gefährlich ist es, die Fässer heraufzuholen?
Auch das weiß derzeit niemand genau. Es hängt davon ab, wie schnell sich der Zustand der Grube verschlechtert und wie stabil die wild abgekippten Fässer derzeit noch sind. Um das festzustellen, muss das Lager geöffnet und untersucht werden. Ganz zu schweigen von der Strahlung, der die Arbeiter unter Tage ausgesetzt wären.