Karlsruhe. Private Krankenkassen dürfen niemanden wegen Alter oder Krankheit als Kunden abweisen. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch entschieden. Die Richter bestätigen damit erstmals zentrale Elemente der 2007 in Kraft getretenen Gesundheitsreform.
Die Privaten Krankenversicherungen (PKV) sind mit ihrer Verfassungsklage gegen mehr Wettbewerb zugunsten der gesetzlichen Krankenkassen gescheitert. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVG) in einem am Mittwoch verkündeten Urteil entschied, ist der vom Gesetzgeber verordnete Aufnahmezwang sogenannter schlechter Risiken wie etwa Menschen mit niedrigem Einkommen in einen Basistarif der privaten Kassen rechtens. Damit bestätigten die Karlsruher Richter zentrale Elemente der Gesundheitsreform von 2007. (AZ: 1 BvR 706/08 u.a.)
Basistarif ist rechtens
Die Kläger wandten sich insbesondere gegen die Einführung des Basistarifs, den die privaten Kassen seit Januar 2009 anbieten müssen. Der Basistarif ist nach Art, Umfang und Höhe der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vergleichbar und darf nicht teurer sein als der durchschnittliche Höchstbetrag der GKV. Derzeit liegt er bei rund 570 Euro pro Kopf. Die Regelung besagt zudem, dass private Versicherer niemanden mehr wegen Krankheit oder Alter abweisen dürfen.
Die Bestimmungen sind nach Ansicht der Karlsruher Richter gerechtfertigt und nicht so schwerwiegend, «dass sie die Funktionsfähigkeit der privaten Krankenversicherung in Zukunft ausschließen». Der Gesetzgeber habe davon ausgehen können, dass der Basistarif auf absehbare Zeit keine bedeutsamen Auswirkungen auf das Geschäft der privaten Krankenversicherung haben wird. Derzeit könne ausgeschlossen werden, dass viele Versicherte in den Basistarif wechseln werden.
Sollte sich diese Prognose in Zukunft als Irrtum erweisen und das Geschäftsmodell der PKV zerstören, sei der Gesetzgeber zu Korrekturen verpflichtet. Von den rund 8,4 Millionen Privatversicherten sind Medienberichten zufolge bislang erst etwa 6000 in den Basistarif gewechselt.
Mit fünf zu drei Stimmen billigten die Richter zudem längere Sperrfristen für den Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung. Bislang reichte dazu der Nachweis aus, dass das Jahresgehalt über 48.600 Euro liegt. Nun muss dieser Betrag in drei aufeinander folgenden Jahren erreicht werden, bevor ein Wechsel zulässig ist. Damit sollen laut Gericht etwa akademische Berufsanfänger, die zuvor als Schüler und Studenten jahrelang in der gesetzlichen Versicherung beitragsfrei familienversichert waren «und von den Leistungen der Solidargemeinschaft profitiert haben», nun als Beitragszahler für eine gewisse Zeit weiter «an die Solidargemeinschaft gebunden werden». (afp/ddp)