Kundus. Mit schweren Waffen kämpft die Bundeswehr an der Seite afghanischer Sicherheitskräfte gegen die Taliban. 300 Soldaten sind dabei. Verteidigungminister Jung warnte unterdessen davor, die unbeliebte Afghanistan-Mission als Wahlkampfthema auszuschlachten.

Rund 300 Bundeswehrsoldaten beteiligen sich derzeit in Nordafghanistan an einem Kampfeinsatz mit schweren Waffen gegen die Taliban. Es handele sich um eine Operation der afghanischen Armee, die von der ISAF unterstützt werde, teilte Verteidigungsminister Franz Josef Jung am Mittwoch mit. Damit soll nach Auskunft von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan sichergestellt werden, dass die Afghanen auch im Raum Kundus am 20. August sicher zur Präsidentschaftswahl gehen können.

Bei der Operation würden Mörser und Schützenpanzer vom Typ Marder eingesetzt, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Schneiderhan berichtete, dass neben den 300 deutschen Soldaten 800 afghanische Streitkräfte und 100 afghanische Polizisten im Einsatz seien. Er äußerte die Erwartung, dass die Soldaten innerhalb von einer Woche den Raum unter Kontrolle hätten. Schneiderhan sagte, dies sei «wahrscheinlich der größte» Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan.

Afghanische Armee übernimmt mehr Verantwortung

Eigentlich bedeutend sei in dem Zusammenhang aber, dass die afghanische Armee Führungsverantwortung übernommen habe. «Drei Bataillone der afghanischen Armee, das hatten wir in der Größenordnung noch nie», fügte er hinzu. Dies sei eine «qualitative Veränderung».

Der Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, Mohammad Sahir Asimi, sagte, bei der Operation in der Provinz Kundus seien 13 Aufständische und vier afghanische Soldaten getötet worden. Zwölf Aufständische seien verwundet worden.

Taliban haben Taktik geändert

Als Ziel des Einsatzes nannte Schneiderhan die Absicherung der Präsidentschaftswahl am 20. August, «auch im Raum Kundus». In einem Radius von 30 Kilometer um Kundus herum «müssen wir die Sicherheitslage in den Griff bekommen», betonte Jung.

Schneiderhan erinnerte daran, dass die Taliban dort seit März ihre Taktik geändert haben. Während sie bis dahin lediglich Sprengstoffanschläge verübt hätten, «setzen sie nun ihre Waffen intelligenter ein» und konstruierten Hinterhalte. «Die Taliban treten militärischer auf», sagte er. Er wolle jedoch «nicht von einer generell neuen Qualität» der Auseinandersetzungen sprechen.

Die Forderung, die Bundeswehr solle noch schwerere Waffen einsetzen, lehnte Schneiderhan ab, da die internationalen Truppen ohnehin waffenmäßig überlegen seien. Es handele sich um eine asymmetrische Bedrohung, auf die man mit «Begrifflichkeiten aus dem alten Kriegsbuch» nicht reagieren könne. Auch Jung unterstrich: «Die Soldaten haben die Ausrüstung, die sie brauchen, um gefährliche Situationen bestehen zu können.» Er betonte erneut, dass es sich um einen Stabilisierungseinsatz zum Wiederaufbau des Landes handele. «Allein militärisch werden wir nicht gewinnen.»

Kein Datum für den Abzug genannt

Ziel des seit sieben Jahren bestehenden Einsatzes sei es zu verhindern, dass Afghanistan in terroristische Strukturen zurückfalle und «nicht, die Kriterien westlicher Demokratie nach Afghanistan zu bringen», sagte Jung. Auf einen Termin für den Rückzug legte er nicht fest, nannte aber erneut die Zielgröße, 134.000 afghanische Soldaten und ebenso viele Polizisten auszubilden. Bereits 90.000 Streitkräfte seien inzwischen ausgebildet. Die Anstrengungen würden seit 2007 erheblich verstärkt. Jung hatte zuvor einen Zeitrahmen für den Abzug von fünf bis zehn Jahren angegeben.

Der CDU-Politiker warnte davor, den in der Bevölkerung nicht sehr beliebten Afghanistan-Einsatz als Wahlkampfmunition zu nutzen. Außer der Linken fordert keine der im Bundestag vertretenen Parteien den Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan.

Eine Veränderung des Bundestagsmandats, das im Dezember verlängert werden muss, lehnten Jung und Schneiderhan ab. Mit der Obergrenze von 4.500 Soldaten komme man aus, sagte der Generalinspekteur. Im Moment gebe es noch einen Spielraum von 400 Soldaten. (ap)