Rom. Silvio Berlusconi hat die Flüchtlingscamps in Italien mit Konzentrationslagern verglichen. Der italienische Regierungschef hat schon häufig mit bizarren Äußerungen für Empörung gesorgt. So verglich er die Lage der obdachlos gewordenen Erdbebenopfer in den Abruzzen mit einem Campingurlaub.
Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi hat die Flüchtlingscamps in Italien mit Konzentrationslagern verglichen. Es sei besser, die Einwanderer in ihre Herkunftsländer zurückzubringen und dort ihre Asylanträge zu prüfen, sagte Berlusconi am Dienstagabend nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in L'Aquila. Er wolle nicht bösartig sein, aber er müsse sagen, «dass die Identifikationslager Konzentrationslagern ähneln». Würden die Asylanträge der Flüchtlinge in Libyen geprüft, bleibe ihnen die «Unannehmlichkeit» erspart, in einem Lager in Italien eingesperrt zu sein.
Seit Anfang Mai hat Italien hunderte Bootsflüchtlinge nach einer verschärften Abschieberegelung nach Libyen zurückgeschickt. Die Vereinbarung ist Teil eines Abkommens zwischen Italien und dem nordafrikanischen Land, das im August unterzeichnet wurde. 2008 kamen fast 37.000 Flüchtlinge über den Seeweg nach Italien, das waren rund drei Viertel mehr als noch im Jahr zuvor. Die große Mehrheit war von Libyen aus gestartet. Berlusconi hat schon häufig mit bizarren Äußerungen für Empörung gesorgt. Im April verglich er die Lage der obdachlos gewordenen Erdbebenopfer in den Abruzzen mit einem Campingurlaub.
Urteilsbegründung sorgt für Aufregung
In Italien sorgte zudem die am Dienstag veröffentlichte Urteilsbegründung zu einem Korruptionsprozess gegen den früheren Rechtsanwalt Berlusconis, David Mills, für Aufregung. Berlusconis Sprecher Paolo Bonaiuti sprach am Mittwoch von einer gezielten «politischen Attacke» kurz vor der Europawahl. Berlusconi hatte die Urteilsbegründung zuvor als «skandalös» bezeichnet und eine Stellungnahme im italienischen Parlament angekündigt, um den Abgeordneten zu sagen, was er seit langem von gewissen Richtern halte.
Mills war im Februar wegen Falschaussagen zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden. In dem Prozess ging es um falsche Aussagen, die Mills in zwei Prozessen Ende der 90er Jahre zu Gunsten seines Mandanten gemacht haben soll. Berlusconi soll dem Anwalt, der auf die Einrichtung von Konten in Steuerparadiesen spezialisiert ist, für die Falschaussagen 600.000 Dollar gezahlt haben. Aus der nun veröffentlichten Urteilsbegründung geht hervor, dass Mills falsch ausgesagt habe, «um Silvio Berlusconi und der Gruppe Fininvest Straffreiheit zu verschaffen oder zumindest die beachtlichen erzielten Gewinne zu retten».
Auch Berlusconi wurde in dem Fall angeklagt. Das Verfahren gegen ihn wurde aber im Oktober 2008 ausgesetzt, nachdem ein neues Gesetz dem Regierungschef für die Dauer seiner Amtszeit Immunität gewährte. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts zu dem Gesetz steht noch aus.
Hintergrund: Die Fehltritte von Berlusconi
Mit seinen Sprüchen sorgt Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi immer häufiger für sprachloses Staunen im In- und Ausland.
4. April 2009: Mit dem Handy am Ohr steigt Berlusconi beim NATO-Gipfel in Kehl aus der Limousine. Doch statt den Weg über den roten Teppich zur Begrüßung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) anzutreten, führt er das Gespräch in aller Seelenruhe am Rheinufer fort und dreht der Kanzlerin den Rücken zu. Später sagt Berlusconi entschuldigend, er habe mit dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan telefoniert, um im Streit um die Besetzung des NATO-Chefpostens zu vermitteln.
1. April 2009: Während eines Besuchs der Teilnehmer des G-20-Gipfels bei Königin Elizabeth II. ruft der Italiener lauthals nach «Mister Obama». «Warum muss er schreien?», fragte die Queen. Der Buckingham Palace dementiert jedoch später, dass Berlusconis Auftreten die Monarchin verärgert habe.
November 2008: Einen schweren Fauxpas leistet sich Berlusconi, als er den künftigen schwarzen US-Präsidenten Barack Obama als «jung, hübsch und gebräunt» bezeichnet. Trotz heftiger Kritik setzt er später noch eins drauf und sagt: «Wir wären gerne alle so gebräunt wie (Model) Naomi Campbell und Obama.»
Januar 2007: Berlusconi outet sich als heimlicher Verehrer seiner Parteifreundin Mara Carfagna, einer Ex-Miss-Italien-Kandidatin. «Wenn ich nicht schon verheiratet wäre, würde ich sie sofort heiraten», verkündet er im Fernsehen - was seine Ehefrau Veronica Lario gar nicht lustig findet. Wegen Berlusconis Schwäche für schöne Frauen will sie mittlerweile die Scheidung.
März 2006: Berlusconi zieht sich den Zorn der Chinesen zu, denn er sagt bei einer Wahlkampfveranstaltung, «dass sie in China zu Zeiten von Mao die Kinder nicht gegessen, sondern gekocht haben, um damit die Felder zu düngen».
Juni 2005: Berlusconi bekommt Ärger mit den Finnen für seinen Spruch, er habe bei einem Finnland-Besuch das dortige Essen «ertragen» müssen, auch lästert er über «geräuchertes finnisches Rentier» im Vergleich zu italienischem Schinken. Finnlands Präsident Tarja Halonen zeigt sich wenig amüsiert über Berlusconis Behauptung, er habe in einer Kontroverse mit ihr seinen «alten Playboy-Charme» hervorkramen müssen.
März 2005: Berlusconi bekommt Ärger mit den italienischen Homosexuellen, als er bei einem EU-Gipfel in Brüssel verkündet: «In Italien muss man heutzutage kommunistisch oder schwul sein, wenn man heiliggesprochen werden will.»
Juli 2003: Berlusconi sorgt für einen Eklat im Europäischen Parlament, als er den deutschen Europa-Abgeordneten Martin Schulz als Idealbesetzung für die Rolle eines KZ-Aufsehers vorschlägt. Später behauptet er, er habe nur seinen Humor unter Beweis stellen wollen. (afp)