Essen. Die Bundesrepublik hat gewählt. Das Resultat: eine neue Regierung, doch die alten Probleme bleiben. Deswegen widmete sich das Reitz-Thema der Frage: "Nach der Wahl: Gibt es jetzt die Quittung?" Zu Gast waren unter anderen Sylvia Löhrmann von den Grünen und FDP-Chef in NRW Andreas Pinkwart.
Und? „Gibt es nun die Quittung?” hieß die große Frage des Reitz-Themas, der Debattenrunde mit WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz im Weltkulturerbe Zollverein, zwei Tage nach der Wahl.
Im Land herrscht verbreitete Skepsis. Bei einer Umfrage im Auftrag der WAZ äußerten rund 80 Prozent die Erwartung, dass alles so bleibt, wie es ist oder sich gar verschlechtert; nur zehn Prozent setzen auf Besserung.
Diesen Anteil zu vergrößern ist die Absicht von Andreas Pinkwart, Chef der NRW-FDP und stellvertretender Ministerpräsident. Er begreift das „klare Votum der Wähler als riesige Chance” für die neue schwarz-gelbe Bundesregierung. Vor allem für seine Partei, ihre Pläne zur Steuersenkung trotz aller Zweifel zu verwirklichen. Die Abgabenbelastung gerade der Mittelschichten, in denen er die wesentlichen Leistungsträger und Jobschaffende sieht, sei unerträglich gewachsen.
Glutvolle Debatten
Wolfram Richter, Dortmunder Professor für Volkswirtschaftslehre, hat dagegen den Eindruck, dass hinsichtlich der Staatsverschuldung „alle ihren Kopf in den Sand stecken”. Zwar müsse die Abgabenlast gemindert werden, weil „die Politik sonst in eine Glaubwürdigkeitskrise gerät”. Doch es werde auf die Frage ankommen, welche Rechnung man denn dann auf die nachwachsende Generation zukommen zu lassen gedenkt.
Sylvia Löhrmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im NRW-Landtag, argwöhnte, erneut müssten „die kleinen Leute die Zeche zahlen” und versicherte den vollen Einsatz, um dies doch abzuwenden.
Kritik an Nörglern
Dass die Wahl glutvolle Debatten im Land initiiert, zeigten gerade die Erwartungen mit Blick auf die Zukunft der Atomenergie. Während Löhrmann taufrische Äußerungen aus der „Atom-Lobby” geißelte, nach denen die Laufzeiten aller Meiler, auch der Schrottreaktoren, zu verlängern seien, gab sich Prof. Claus Leggewie, Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen, davon überzeugt, dass der Atom-Ausstieg unter der Union/FDP-geführten Regierung besiegelt werde: Kein Endlager und ein großer entsprechender „Druck von der Straße”.
Im Übrigen ist es Leggewie, der mit den notorischen Nörglern ins Gericht ging. Es werfe ein schlechtes Licht auf eine Gesellschaft, die von ihren politischen Eliten alles verlange und sich selbst in die Tribünenrolle begebe, um der Rundumkritik und des Ablehnens zu frönen.