Essen. Am 9. Juni wird das neue Europäische Parlament gewählt. Zehn Beispiele dafür, was junge Menschen in NRW eigentlich von der EU haben.

  • Bei der Europawahl am 9. Juni dürfen erstmals auch 16- und 17-Jährige in NRW wählen gehen.
  • Vielen Menschen ist nicht bewusst, welche Berührungspunkte sie in ihrem Alltag mit der EU haben.
  • Von Roaming bis Euro: Viele EU-Regelungen haben auf unseren Alltag in NRW einen Einfluss.

Am 9. Juni findet die Europawahl statt: In NRW sind dann 1,1 Millionen Erst- und Neuwähler stimmberechtigt, also junge Menschen, die bei der letzten Europawahl im Jahr 2019 noch nicht wählen durften. Nach der Absenkung des Wahlalters dürfen erstmalig auch 16- und 17-Jährige wählen gehen – in NRW sind das rund 300.000 Teenager, die ihre Stimme abgeben dürfen.

Europawahl: Wo spüren junge Menschen die EU im Alltag?

Das Konzept der Europäischen Union kann besonders für junge Menschen erst einmal abstrakt und alltagsfern klingen. Was wird da eigentlich tatsächlich entschieden? Und was bringt es mir, wenn ich wählen gehe? „Wenn ich EU-Seminare gebe, fange ich genau mit der Frage an: Wo merken wir denn die EU im Alltag?“, sagt die Politikwissenschaftlerin Rika Althoff, die an der TU Dortmund zum Thema EU forscht.

Dann werde vielen Studierenden klar, wie sehr ihr Leben mit der EU zu tun hat. Der Einfluss sei größer, als viele Menschen denken. Wir zeigen zehn Orte, an denen junge Menschen den Einfluss der EU spüren.

1. Die gemeinsame Währung

In 20 der 27 EU-Mitgliedsstaaten wird inzwischen mit Euro bezahlt. Tatsächlich war die Einführung der gemeinsamen Währung in Europa Anfang der 2000er-Jahre in zunächst zwölf EU-Ländern die größte Währungsumstellung, die es weltweit jemals gegeben hat.

Die einheitliche Währung sollte Unternehmen den grenzüberschreitenden Handel erleichtern, die europäische Wirtschaft ankurbeln und es auch für EU-Bürger einfacher machen, Produkte aus verschiedenen Mitgliedsstaaten zu kaufen. Das hat funktioniert. Inzwischen nutzen 350 Millionen Menschen den Euro in ihrem Alltag.

Seit Beginn der 2000er-Jahre wird in vielen EU-Mitgliedsstaaten mit Euro bezahlt.
Seit Beginn der 2000er-Jahre wird in vielen EU-Mitgliedsstaaten mit Euro bezahlt. © picture alliance/dpa | Monika Skolimowska

2. Reisen ohne Grenzkontrollen und Reisepass

Der sogenannte „Freie Personenverkehr“ zählt zu den offiziellen Grundfreiheiten der Europäischen Union. Er stellt sicher, dass Bürgerinnen und Bürger in der EU ohne aufwendige Kontrollen die Grenzen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten überqueren können.

EU-Bürger können auch ohne spezielle Genehmigung in einem beliebigen EU-Land leben und arbeiten. Wer als EU-Bürger von NRW aus nach Frankreich, Italien oder Spanien reist, braucht keinen Reisepass – es genügt der Personalausweis. Auch am Flughafen entfallen die teils langwierigen Passkontrollen.

EU-Bürger können ohne Reisepass zwischen den EU-Mitgliedsstaaten verreisen. Dafür reicht der Personalausweis.
EU-Bürger können ohne Reisepass zwischen den EU-Mitgliedsstaaten verreisen. Dafür reicht der Personalausweis. © dpa | Marijan Murat

3. Pakete bestellen ohne Zölle

Genau wie der „Freie Personenverkehr“ zählt auch der „Freie Warenverkehr“ zu den Grundfreiheiten der Europäischen Union. Produkte, die in einem EU-Land hergestellt werden, können in allen anderen EU-Mitgliedsstaaten angeboten und gekauft werden.

Wer sich aus anderen EU-Ländern Pakete nach NRW bestellt, kann diese schnell und unkompliziert erhalten. Es gibt keine Grenzkontrollen oder Zölle, auch hohe Versandkosten entfallen daher in der Regel.

Wer aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat ein Paket bestellt, kann dies in der Regel ohne zusätzliche Versandkosten tun.
Wer aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat ein Paket bestellt, kann dies in der Regel ohne zusätzliche Versandkosten tun. © marco stepniak- Deutsche Post DHL Group | deutsche post /

4. Europäische Krankenversicherung

Wer in NRW krankenversichert ist und auf die Rückseite seiner Krankenversicherungskarte schaut, erkennt, dass dort „Europäische Krankenversicherungskarte“ steht. Denn: Wer in einem EU-Land krankenversichert ist, ist auch in allen anderen EU-Ländern krankenversichert.

Wer also während der Italien-Reise im Sommer krank wird, kann auch vor Ort ohne zusätzliche Kosten in einem italienischen Krankenhaus behandelt werden. Natürlich unter der Voraussetzung, dass eine Rückkehr in das Heimatland nicht möglich ist.

Wer in einem EU-Land krankenversichert ist, kann in allen anderen EU-Ländern ohne zusätzlich anfallende Kosten behandelt werden.
Wer in einem EU-Land krankenversichert ist, kann in allen anderen EU-Ländern ohne zusätzlich anfallende Kosten behandelt werden. © dpa | Jens Kalaene

5. USB-C als einheitliches Ladekabel

Verschiedene elektronische Geräte erfordern verschiedene Ladekabel? Das ist nun passé: Seit Januar dürfen Hersteller in der gesamten EU nur noch neue „tragbare elektronische Geräte“ mit Einheitsladekabel verkaufen.

USB-C wird bis Ende 2024 als neuer Standard für Mobiltelefone, Digitalkameras, Kopfhörer, Tabletcomputer, Videospielkonsolen, Keyboards, E-Reader, Navigationsgeräte, Headsets und tragbare Lautsprecher vorgeschrieben. Ab 2026 gilt dieser Standard auch für Laptops. Das Gesetz soll nicht nur das Kabel-Chaos verhindern, sondern auch EU-weit Elektroschrott reduzieren.

Bis Ende 2024 müssen Handyhersteller bei Ladekabeln den USB-C-Standard (rechts) verwenden.
Bis Ende 2024 müssen Handyhersteller bei Ladekabeln den USB-C-Standard (rechts) verwenden. © dpa | Christoph Dernbach

6. Auslandsaufenthalte und Freiwilligendienste

Die EU fördert verschiedene Auslandsaufenthalte, zum Beispiel Auslandssemester in anderen EU-Mitgliedsstaaten über das sogenannte Erasmus-Stipendienprogramm. Das Programm ermöglicht es auch Studierenden in NRW ohne großen bürokratischen Aufwand ein Auslandssemester zu machen und dabei von der EU finanziell unterstützt zu werden.

Neben Studienaufenthalten im EU-Ausland bietet die EU auch Freiwilligendienste im europäischen Ausland an. Es gibt darüber hinaus Programme zur Forschung, über die junge Menschen für spezifische Forschungsprojekte in anderen EU-Ländern leben und forschen können.

Wer zum Beispiel an der TU Dortmund, der Universität Duisburg-Essen oder an der Ruhr-Universität Bochum studiert, kann von der EU ein Stipendium für ein Auslandssemester in einem anderen EU-Mitgliedsstaat erhalten.
Wer zum Beispiel an der TU Dortmund, der Universität Duisburg-Essen oder an der Ruhr-Universität Bochum studiert, kann von der EU ein Stipendium für ein Auslandssemester in einem anderen EU-Mitgliedsstaat erhalten. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

7. Keine Roaming-Gebühren im EU-Ausland

Seit dem 30. April 2016 gilt für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger eine einheitliche Regelung für Datenroaming. Ob im Urlaub oder auf Geschäftsreisen im Ausland: Handyverträge, die beispielsweise in Deutschland abgeschlossen wurden, gelten seitdem mit den gleichen Konditionen auch in anderen EU-Ländern. Die Regelung stellt sicher, dass keine zusätzlichen Kosten entstehen, da das gleiche Datenvolumen wie im Heimatland genutzt werden kann.

Datenroaming ist in allen EU-Mitgliedsstaaten seit 2016 kostenlos.
Datenroaming ist in allen EU-Mitgliedsstaaten seit 2016 kostenlos. © dpa | Sebastian Gollnow

8. Standards bei Lebensmitteln und Produkten

Wer in der EU Produkte verkaufen möchte, muss teils strenge Sicherheitsanforderungen erfüllen. Es gibt verschiedene EU-Vorschriften für die Kennzeichnung von Lebensmitteln, Getränken, Kosmetika und elektronischen Geräten. Dazu zählt zum Beispiel das EU-Energielabel mit der Skala von A bis G, das EU-Bio-Logo oder die sogenannte CE-Kennzeichnung: Das ist ein Sicherheitskennzeichen, das anzeigen soll, dass ein Produkt den Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltstandards der EU entspricht.

Das Energieeffizienzlabel der EU trägt eine farbige Skala, die verdeutlichen soll, wie gut ein Gerät mit Strom umgeht.
Das Energieeffizienzlabel der EU trägt eine farbige Skala, die verdeutlichen soll, wie gut ein Gerät mit Strom umgeht. © dpa-tmn | Andrea Warnecke

9. Umweltschutz: Verbrenner-Verbot und Wasserqualität

Die EU hat sich das verbindliche Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität in allen Mitgliedsstaaten zu erreichen. Da ein Fünftel der CO₂-Emissionen in der EU auf den Straßenverkehr entfällt, sollen ab 2035 zum Beispiel alle neuen Autos, die auf den Markt kommen, emissionsfrei sein. Auch die Trinkwasserqualität in den EU-Mitgliedsstaaten und die Qualität von Badeseen wird durch das Europäische Parlament kontrolliert.

Ab 2035 sollen alle Neuwagen, die in der EU auf den Markt kommen, emissionsfrei sein.
Ab 2035 sollen alle Neuwagen, die in der EU auf den Markt kommen, emissionsfrei sein. © dpa | Arne Dedert

10. Frieden in Europa

Die Europäische Union basiert auf dem Ziel, ein friedliches Zusammenleben der jahrhundertelang zerstrittenen Länder in Europa zu garantieren. Durch die übergreifenden Regeln und Verordnungen sind die 27 Mitgliedsstaaten nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial miteinander verbunden.

Die EU stellt einen ständigen Austausch und eine enge Zusammenarbeit zwischen ihren Mitgliedsstaaten sicher, was wiederum die Wahrscheinlichkeit für kriegerische Auseinandersetzungen reduziert. „Letztendlich ist die Idee, aus der die EU kommt, immer noch, Frieden in Europa zu schaffen. Wenn das nicht ein hohes Gut ist, dann weiß ich nicht, was es ist“, sagt die Politikwissenschaftlerin Rika Althoff von der TU Dortmund.