Düsseldorf. NRW zieht Lehren aus dem Abitur-Chaos im vergangenen Jahr. Belastungstests laufen auf Hochtouren. Wie sicher ist das Abitur 24?

Das Abitur 2023 begann für die Schulen, besonders aber für die Abiturientinnen und Abiturienten mit viel Stress: Das Herunterladen von Prüfungsaufgaben funktionierte nicht, Prüfungen mussten verschoben werden. Hat NRW aus der „Abi-Panne“ gelernt? Sind die Computer und Server in diesem Jahr reif für die Reifeprüfung?

Abiturprüfung 2024 soll „reibungslos und sicher“ ablaufen

Nach dem Pannen-Abitur 2023 sollen umfangreiche Technik-Tests im Vorfeld sicherstellen, dass die diesjährigen Prüfungen in Nordrhein-Westfalen für alle rund teilnehmenden 81 000 Schülerinnen und Schüler ab dem 16. April problemlos anlaufen. „Das Schulministerium trifft alle erforderlichen Vorkehrungen für einen reibungslosen und sicheren Ablauf des Abiturs“, versicherte die oberste Bildungsbehörde des Landes der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Bei Test-Durchläufen seien keine Komplikationen aufgetreten.

Diesmal sei „der Download der Prüfungsaufgaben in einem intensiven Echtlast-Test mit rund 2000 Schulen, an denen zentrale Prüfungen im Frühjahr 2024 geschrieben werden, erprobt“ worden, so das Schulministerium. Dabei seien verschiedene Varianten ausprobiert worden, um die technischen Rahmenbedingungen für die digitale Zustellung zu testen und den Schulen eine gute Praxistauglichkeit zu gewährleisten.

Im Vergleich zum Frühjahr 2023 sei das Verfahren technisch für die Bewältigung hoher Lastspitzen und vieler paralleler Nutzerzugriffe angepasst worden. Abgewickelt werde es über ein Rechenzentrum, das den Sicherheitsansprüchen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik entspreche, teilte das Schulministerium mit. „Die Sicherheit und Belastbarkeit des gesamten Systems ist in den vergangenen Monaten intensiv und kontinuierlich getestet worden.“

Vorbereitung auf das Abitur 2024: Probe-Download ging schief

Das NRW-Schulministerium hat also viel dafür getan, dass, sich die peinliche und für viele Schülerinnen und Schüler äußerst belastende Panne im April 2024 möglichst nicht wiederholt. Gaz so fehlerfrei wie vom Schulministerium beschrieben ging es bei den Vorbereitungen allerdings nicht zu. Im Gegenteil. Am 26. Februar ging nach Informationen dieser Redaktion ein erster „Probe-Download“ schief.

„Bei der Auswertung des Probedownloads zum Zentralabitur und zur Zentralen Klausur am Ende der Einführungsphase am 26. Februar 2024 stellte sich heraus, dass es bei einigen Schulen zu einer verspäteten Zustellung des zweiten Faktors für die Authentifizierung kam“, steht in einer Mail, die das NRW-Schulministerium und das Landes-Schulinstitut „Qualis“ den Schulleitungen anschließend schickte, und die dieser Redaktion vorliegt. Konsequenz: Der Probe-Download für die zentralen Prüfungen am Ende der Klasse 10 (ZP 10) wurde am Tag danach „ohne Zwei-Faktor-Authentifizierung durchgeführt“.

Codes kamen zu spät an. Später klappte das Herunterladen von Prüfungsaufgaben

Betroffene beschreiben die Situation so: Die Codes zur Authentifizierung seien zwar mehrmals versendet wurden, aber jedes Mal verspätet angekommen. Sie waren offenbar nur zehn Minuten gültig. Eine Zwei-Faktor-Authentifizierung erhöht die Sicherheit beim Zugriff auf sensible Daten. Sie macht den Zugriff aber auch komplizierter und damit pannenanfällig. Ein zweiter Probe-Download nach den Anlaufproblemen sei dagegen erfolgreich und störungsfrei gewesen, sagen Beobachter.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) dürfte nach der Download-Panne im vergangenen Jahr etwas nervös auf den Start ins Abitur 2024 blicken. Die Lasdesregierung hat sich aber diesmal intensiv vorbereitet, um Pannen zu vermeiden.
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) dürfte nach der Download-Panne im vergangenen Jahr etwas nervös auf den Start ins Abitur 2024 blicken. Die Lasdesregierung hat sich aber diesmal intensiv vorbereitet, um Pannen zu vermeiden. © DPA Images | David Young

Wichtigste Neuerung: Mehr Zeit für das Herunterladen der Aufgaben

Das NRW-Schulministerium hat an vielen Schräubchen gedreht, um die Jugendlichen in diesem Jahr stressfreier ins Abitur starten zu lassen und sich selbst keine Blöße zu geben. Das wohl wichtigste Detail: Diesmal sollen die Prüfungsaufgaben schon drei Schultage vor der Prüfung heruntergeladen werden, um „mehr Zeit für die Bewältigung theoretisch denkbarer technischer Störungen zu haben“.

In diesem Jahr könnten viele Nutzer gleichzeitig die Aufgaben herunterladen, ohne die Technik zu überfordern, heißt es im Ministerium. Das Rechenzentrum entspreche zudem den hohen Sicherheitsansprüchen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

In einem „intensiven Echtlasttest“ sei das Herunterladen von Aufgaben an rund 2000 Schulen in NRW erprobt worden, inklusive Zwei-Faktor-Authentifizierung. „Probleme, die der Nutzung des Systems im Frühjahr 2024 entgegenstehen, sind nicht aufgetreten“, behauptet das Schulministerium. Auf die Panne im Probelauf am 26. Februar geht es nicht ein.

Chefin der Gewerkschaft GEW sieht Regierung bei der Abi-Vorbereitung auf gutem Weg

Die NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ayla Celik, lobt die Vorbereitungen der Landesregierung aufs Abitur 2024. „Das Ministerium hat anscheinend aus der Abi-Panne letztes Jahr gelernt und die richtigen Lehren daraus gezogen, um erneutes Chaos zu vermeiden. Gut so!“, sagte sie. Die Download-Tests seien zu begrüßen. „Dass der erste Probedownload aufgrund technischer Störungen nicht erfolgreich ablief, zeigt, wie wichtig diese Fehlerquellenortung ist“, so Celik weiter. Das Abitur sei ein zu wichtiger Abschnitt im Leben junger Menschen, um die Prüfungs-Technik dem Zufall zu überlassen.

Start ins Abi steht kurz bevor

Ab dem 16. April werden in NRW gut 80.000 Schülerinnen und Schüler an Gymnasien, Gesamtschulen, Berufskollegs, Weiterbildungskollegs und Waldorfschulen ihre Abiturprüfungen ablegen.
Die Woche nach den Osterferien wird in diesem Jahr in den Schulen zur gezielten Abiturvorbereitung genutzt.
Wie in den vergangenen Jahren beteiligt sich NRW in Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch am bundesweiten Aufgabenpool. Dieser Pool dient dazu, das Abitur zwischen den Bundesländern vergleichbar zu machen.

Vor einem Jahr wurde der Prüfungsbeginn von einer „massiven technischen Störung“ überschattet, der NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) zum ersten Mal seit Amtsantritt schwer in Bedrängnis brachte. Die Schulen hatten Probleme beim Herunterladen der Aufgaben für Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik sowie Technik. Die Landesregierung benötigte Stunden, um die Schulen über den Ernst der Lage zu informieren, und es gelang ihr nicht, die Panne rechtzeitig zu beheben: Die schriftlichen Abiturprüfungen mussten um zwei Tage verschoben werden.

Download-Panne 2023: Ministerpräsident entschludigte sich

Dass sich nicht nur Schulministerin Feller, sondern auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) persönlich für die Panne entschuldigte, ist ein Indiz, wie groß die Furcht vor aufgebrachten Pädagogen, Eltern und Jugendlichen in der Staatskanzlei war. Eine Verschiebung der Abi-Prüfungen „darf nicht passieren – ganz gleich, woran es gelegen hat“, schrieb Wüst damals auf „Twitter“.

Die Diskussion über IT-Probleme bei den NRW-Schulbehörden nahm damals nicht nur wegen der „Download-Panne“ Fahrt auf. Die Landesregierung geriet zudem massiv unter Druck, weil sich im landeseigenen Schulinstitut „Qualis“ in Soest IT-Sicherheitslücken auftaten: Hacker konnten sensible Lehrkräfte- Daten von einem Qualis-Server auslesen, zum Beispiel Namen und private Telefonnummern. Das Land stopfte die Datenlecks mit der Hilfe von externen IT-Experten, gab Informationen über die Größe des Problems aber nur scheibchenwese heraus. Der Qualis-Direktor räumte nach den Querelen seien Posten. (mit dpa)

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