Düsseldorf/Dortmund. Die Grippe-Saison nimmt Fahrt auf, auch Corona-Fälle mehren sich. Atemwegserkrankungen sind bereits auf einem „oberen Vor-Pandemie-Niveau“.

In manchen Arztpraxen ist sie wieder eingeführt, in einzelnen Krankenhäusern ebenfalls, wenn auch bis dato offenbar noch nicht in NRW: Die Maskenpflicht kommt zurück. Aber nicht flächendeckend, wie zu Zeiten der Corona-Pandemie. Das erklärte eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums am Freitag auf Anfrage: „Wir gehen nicht davon aus, dass wir staatliche Maßnahmen wie Test- und Maskenpflicht wieder benötigen.“

Gleichwohl verbreiten sich derzeit Atemwegserkrankungen, auch in NRW. „Wir sind bereits auf einem oberen Vor-Corona-Niveau“, sagt Prof. Carsten Watzl, Immunologe an der Universität Dortmund und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.

NRW: Corona-Fallzahlen steigen an und es gibt auch wieder schwer Erkrankte

Daten des Robert-Koch-Instituts zeigten, dass derzeit etwa 15.000 pro 100.000 Kinder pro Woche einen Atemwegsinfekt haben, zumeist handelt es sich dabei um Schnupfen oder Erkältung, sagt Watzl. Bei Erwachsenen liegt der Wert bei etwa 7500 Fällen pro 100.000/Woche, sagt Watzl.

Auch das Corona-Virus ist nach wie vor da. In der 46. Kalenderwoche wurden insgesamt 4064 Fälle für Nordrhein-Westfalen gemeldet. Dies sind 51 Fälle mehr als in der Vorwoche, heißt es im NRW-Gesundheitsministerium. „Damit steigen die Fallzahlen der SARS-CoV-2-Infektionen an. Die Zahl der Patientinnen und Patienten, die wegen oder mit einer SARS-CoV-2-Infektion auf der Intensivstation behandelt werden, ist von 163 auf 202 gestiegen“, teilt die Sprecherin mit. Zum Vergleich: Anfang Dezember 2020 waren es in NRW knapp 1000.

Erneut Maskenpflicht in Bus und Bahn? In diesem Winter nicht nötig

Aktuell sind etwa fünf Prozent der Intensivbetten in Deutschland mit Covid-Patienten belegt, in NRW waren es zuletzt, laut dem stündlich aktualisierten Intensivregister, 5,4 Prozent. „Man sieht daran, dass man noch immer schwer an Covid erkranken kann“, sagt Watzl: „Für Immungesunde stellt das Coronavirus derzeit aber keine große Gefahr mehr dar, schwer zu erkranken“, meint der Immunologe.

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„Nach den uns vorliegenden Berichten behandeln die Krankenhäuser wieder Patientinnen und Patienten wegen oder mit Corona. Und auch Schilderungen, wonach mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erkrankt ausfallen, mehren sich“, erklärt Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), auf Anfrage. Es gebe zwar kein enges Monitoring mehr und auch keinen Tagesreport mehr zur Corona-Lage, sagt Blum: „Die Krankenhäuser berichten jedoch weiterhin an die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), das Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG) und an das Robert Koch-Institut (RKI).“

Maskenpflicht in Krankenhäusern? Jeder Betreiber kann selbst entscheiden

„Für eine generelle Maskenpflicht etwa in Bus und Bahn sehe ich für diesen Winter keine Notwendigkeit“, sagt Watzl - nicht nur mit Blick auf Corona-Zahlen. Es wäre aus seiner Sicht jedoch ein „wünschenswerter Akt der Höflichkeit, in der Öffentlichkeit, wo man anderen Menschen begegnet, Maske zu tragen, wenn man eine akute Atemwegserkrankung hat.“

Eine Maskenpflicht indes könne im Winter sinnvoll sein für medizinische und Pflege-Einrichtungen, meint Watzl: „Um die dort behandelten Menschen aus vulnerablen Gruppen vor Ansteckung zu schützen – und die Belegschaft.“ Bei der Krankenhausgesellschaft NRW ergänzt Geschäftsführer Blum, dass bei der Frage, eine Maskenpflicht einzuführen „wie bisher auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit eine Rolle spielt.“ Im NRW-Gesundheitsministerium erklärt die Sprecherin: Einrichtungen „können im Sinne ihres Hausrechts bei Bedarf eine Verpflichtung zum Maskentragen festlegen. Genauso kann jeder freiwillig weiterhin eine Maske tragen.“

„Nachholeffekt“ bei Infekten ist in diesem Winter nicht zu erwarten

Dass im vergangenen Winter so viele Menschen mitunter auch mehrfach an einem Atemwegsinfekt erkrankt waren, hatte auch mit einem Nachholeffekt zu tun, erklärt Immunologe Watzl: „Bei vielen Viren haben wir Immunität für ein paar Jahre, wenn wir eine Infektion durchgestanden haben. Durch die Schutzmaßnahmen während der Pandemie haben viele diese Immunität nicht aufgefrischt, da sie keinen Erregerkontakt hatten. Für diesen Winter würde ich einen Nachholeffekt nicht mehr erwarten.“

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Für Immungeschwächte sei indes in diesem Winter neben einer Grippe-Impfung auch eine Corona-Auffrischung sinnvoll, rät Watzl, „weil sich die jetzt kursierenden Viren schon von den früheren Varianten unterscheiden und unsere Immunabwehr nicht ganz so gut darauf eingestellt ist.“ Wer nicht zu dieser Gruppe gehöre, „muss sich nicht zwingend neu impfen lassen“, meint Watzl. Man könne sich aber darauf einstellen, „dass einen Corona auch in diesem Winter wieder erwischt.“