Duisburg. Auch wenn Omikron fast alle treffen dürfte, könnte die Variante Corona den Schrecken nehmen. Warum man sich jetzt trotzdem noch schützen sollte.

Experten gehen davon aus, dass sich noch in diesem Januar die meisten Menschen auch in NRW mit Corona infizieren werden. Die sich stark ausbreitende Omikron-Variante des Virus führt jedoch zu weitgehend milden Krankheitsverläufen. Virologen aber warnen davor, jetzt nach dem Motto „Augen zu, und durch“ das Schicksal einer Ansteckung herauszufordern.

„Noch nie in dieser Pandemie war es so wahrscheinlich, sich mit Corona zu infizieren“, sagt der Duisburger Aerosol-Forscher Dr. Christof Asbach. Jüngst hat die Weltgesundheitsorganistion (WHO) vorhergesagt, dass sich noch in den kommenden Januar-Wochen wohl halb Europa mit Corona infizieren könnte. Und Anthony Fauci, der US-Chef-Immunologe und Präsidenten-Berater, erklärte unlängst, Corona werde in diesem Jahr bis zum Sommer wahrscheinlich jede und jeden erwischen.

Omikron: Darum sollte man eine Infektion jetzt möglichst herauszögern

Solche Prognosen können ein Gefühl des Fatalismus auslösen. Kann man sich noch schützen, sollte man es überhaupt noch versuchen?

Im NRW-Gesundheitsministerium warnt man davor, Corona jetzt auf die „leichte Schulter“ zu nehmen, selbst wenn die Omikron-Variante bei Erkrankung zumeist „mild“ verlaufen soll. Das Augenmerk liegt dabei auf den möglichen negativen Folgen für die „kritische Infrastruktur“: Wenn viele jetzt zeitgleich erkranken, zwar nicht schwer, aber eben so, dass sie ihre Arbeit nicht ausüben können, dann kann das Logistikketten gefährden, die Strom- oder Wasserversorgung beeinträchtigen und auch Feuerwehr oder Polizei erheblich schwächen. Unternehmen und Versorger haben inzwischen Notfallpläne aufgestellt und sehen sich auf das Schlimmste vorbereitet, meist auch „gut“.

Prof. Ulf Dittmer, Chef-Virologe am Uniklinkum Essen, mahnt im jüngsten Video-Interview mit dieser Redaktion, man sollte weiterhin die Corona-Schutzmaßnahmen beherzigen, „damit wir die sich jetzt aufbäumende Welle nicht zu schnell ablaufen lassen.“ Omikron sei wahrscheinlich die von Experten lange herbeigesehnte Virus-Variante, die zwar weit infektiöser ist als die vorherige, äußerst tödliche Delta-Variante, aber eben nicht so krankheitserregend, erklärt Dittmer. Omikron öffne so womöglich das Tor von der Pandemie zu Endemie. Heißt: Corona verliert seinen Schrecken.

Nach wie vor sind in NRW nicht genug Menschen gegen Corona geimpft

„Wenn ausreichend viele Menschen geimpft oder genesen seien, könnte Corona bald zu einer weiteren Atemwegserkrankung werden, die für den größten Teil der Bevölkerung kein Problem mehr darstelle“, erklärte Anthony Fauci jüngst im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Doch das bedeutet nicht, dass man sein Schicksal nun herausfordern muss, meint Aerosolforscher Asbach. Zumal ja auch in NRW noch längst nicht ausreichend viele tatsächlich geimpft und damit sehr gut gegen einen schweren Verlauf einer Covid-Erkrankung geschützt sind.

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Zum Ende der zweiten Januar-Woche waren laut Robert-Koch-Institut in NRW 75,4 Prozent der Bevölkerung zweimal gegen Corona geimpft; die Booster-Quote liegt inzwischen bei 47,6 Prozent, doch sich hat sich im Januar stark abgeschwächt. Das droht die Lage in den Kliniken in den kommenden Wochen erneut zu verschärfen, auch wenn Covid-Patienten dort vielleicht nicht mehr auf der Intensivstation landen, aber dafür in großer Zahl auf Normal-Stationen.

Corona: Die Ansteckungsgefahr lauert in Innenräumen

„Generell gilt jetzt noch mehr beim direkten Kontakt mit anderen Menschen: je kürzer, desto besser“, sagt Asbach, der Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung ist. „Die Ansteckungsgefahr lauert in Innenräumen“, warnte Asbach schon im vergangenen Jahr. Gerade dort, wo sich Menschen ohne Masken begegnen, sei die Ansteckungsgrad bei Omikron extrem gestiegen.

Daten aus England etwa zeigen, dass dort Pubs Omikron-Hotspots waren und sich das Virus dort „sehr stark über Superspreader verbreitet“, also Menschen, mit hoher Virenlast, sagt Prof. Ulf Dittmer. Daher sei das jüngst in NRW in Kraft getretene „2Gplus“ in der Gastronomie ein aus virologischer Sicht zumindest zeitlich beschränkter gangbarer Weg, damit die Gastronomie nicht in einen neuen Lockdown gezwungen werde. Auch aus rein aerosolwissenschaftliche Perspektive der Infektionsvermeidung „ist es eine individuelle Entscheidung, ob man das Risiko eines Gaststättenbesuchs derzeit auf sich nehmen will“, meint Aersolforscher Asbach.

Eine Schutzmaske muss richtig sitzen

Und wie sieht es unter freiem Himmel aus? „Im Freien kann man sich quasi nur durch eine direkte Ansteckung infizieren, also wenn man sich direkt in der ausgeatmeten Aerosolwolke einer infektiösen Person und damit im Nahbereich dieser Person befindet“, erklärt Asbach. „Diese Wolke wird aber sehr schnell verdünnt und abtransportiert, sodass man sich durch Abstand halten gut schützen kann.“

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Wer sich nicht sofort anstecken lassen möchte, sollte in bestimmten Situationen draußen Maske tragen. „Aber die muss richtig sitzen“, erklärt Asbach. „Schließt die Maske nicht dicht ab, dann sucht sich die ausgeatmete Luft den Weg des geringsten Widerstands und bereits bei einer kleinen Lücke passiert ein Großteil der Luft die Maske ungefiltert.“ Je nach Größe solcher Leckagen kann die Schutzwirkung einer FFP2-Maske dann deutlich sinken auf das Niveau „einfacher Stoffmasken“, die inzwischen ja verpönt sind.

Sechs Punkte, um sich weiterhin vor Corona zu schützen

Da sich Corona über kleinste Partikel der Atemluft verbreitet – die Aerosole – empfiehlt Aerosolforscher Asbach sechs wirkungsvolle Gegenmaßnahmen:

  1. Die Anzahl der Kontakte zu anderen Personen reduzieren, denn je weniger Personen ich treffe, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit auf eine infektiöse Person zu treffen.
  2. Die Dauer der Kontakte zu anderen Personen reduzieren. Dies gilt in besonderem Maße in Innenräumen, wo die eingeatmete Virendosis quadratisch mit der Zeit ansteigen kann.
  3. Wenn ich andere Personen treffe, dann nur in möglichst großen Räumen und mit ausreichend Abstand. Draußen ist der Raum nahezu unendlich groß, sodass die Gefahr dort am niedrigsten ist.
  4. Innenräume häufig und richtig lüften. Ein Fenster auf Kipp führt nicht zu einem effizienten Luftaustausch. Am besten immer mehrere Fenster gleichzeitig und vollständig öffnen und so querlüften.
  5. Luftreinigungstechniken wie mobile Luftreiniger einsetzen.
  6. Effiziente Masken richtig tragen.

„Die Reihenfolge stellt dabei keine Hierarchie dar“, sagt Asbach. „Je mehr dieser Maßnahmen ich miteinander kombiniere, desto besser bin ich geschützt.“ Wichtig sei es zudem, immer die direkte und die indirekte Infektion im Auge zu behalten, „da nicht alle Maßnahmen gegen beide Infektionswege gleichermaßen effektiv sind.“ Lüften und Luftreiniger helfen zum Beispiel nur gegen die kritische indirekte Infektion, Abstand halten hingegen „nur gegen die direkte Infektion“.