Klimaschutz muss jetzt passieren – und darf nicht allein Job der Verbraucher sein, kommentiert unsere Korrespondentin Theresa Martus.

Teurerer Sprit, teurere Flüge, ein Aus für den Verbrenner: Beliebtheitswettbewerbe gewinnt man nicht mit dem, was die EU-Kommission da vorhat. Nicht bei jenen, denen das alles zu langsam geht und die gern noch mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz sehen würden. Erst recht nicht bei jenen, die am liebsten hätten, dass sich gar nichts ändert.

Vor allem für diese zweite Gruppe gibt es gleich noch mehr schlechte Nachrichten. „Alles bleibt, wie es ist“ ist keine Option mehr – egal, ob Verbrennungsmotoren nun noch fünf Jahre länger auf europäischen Straßen unterwegs sind oder Flüge teurer werden. Das zeigt ein Blick auf die Nachrichten allein der letzten Tage.

Die USA und Kanada haben in den vergangenen Wochen eine Hitzewelle erlebt, unter der sich der Straßenbelag aufwarf, die Stromnetze zeitweise in die Knie gingen und die Hunderte Menschen das Leben kostete.

Theresa Martus, Politik-Korrespondentin.
Theresa Martus, Politik-Korrespondentin. © Reto Klar | Reto Klar

Rekord-Hitze ohne Klimawandel „praktisch unmöglich“

Ohne den Klimawandel, befand ein Forschungsteam jetzt, wären diese Temperaturen „praktisch unmöglich“ gewesen. Auch interessant: So dramatisch ändert sich das Wetter in Ihrer Region

Auf der Iberischen Halbinsel bereiten sich die Menschen auf Rekordtemperaturen von 48, 49, 50 Grad in der kommenden Woche vor. Selbst nördlich des Polarkreises in Finnland wurden kürzlich fast 34 Grad gemessen.

Und in Deutschland hat sich der Südwesten noch gar nicht von den Überschwemmungen der vergangenen Woche erholt, da gibt es schon die nächsten Fälle von Starkregen.

Nur noch „gute“ oder „schlechte“ Klimapolitik

Die Klimakrise ist angekommen, hier und jetzt, und sie geht auch nicht wieder weg. „Keine Klimapolitik“ gibt es nicht mehr – es gibt nur noch „gute“ oder „schlechte“ Klimapolitik. Politik, die versucht zu verhindern, dass die globale Durchschnittstemperatur weiter ansteigt, das Klima noch erratischer und der Umgang damit noch schwieriger wird. Und Politik, die das nicht tut. Die Frage lautet jetzt, wie viel Kontrolle wir über die kommenden Veränderungen haben wollen.

Wer auch immer nach der Bundestagswahl regiert, wird diese Frage beantworten müssen. Wer Klimaschutz immer noch als Nischenthema versteht, wer glaubt, Berichterstattung über die Klimakrise sei Wahlwerbung für die Grünen (wie das kürzlich einige Unions- und FDP-Politiker formuliert hatten), der erklärt sich freiwillig für nicht zuständig für eines der zentralen Probleme dieser Zeit.

Wer vor negativen Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen auf die Industrie warnt und als Alternative nur vorschlägt, nichts zu tun, der übersieht – oder verschweigt –, dass die Schäden für die Industrie ungleich größer werden mit jedem Zehntelgrad, den die Durchschnittstemperatur steigt.

Politik darf Verantwortung nicht allein den Menschen aufbürden

Umso wichtiger sind deshalb die genauen Pläne zur Umsetzung der ehrgeizigen Ziele – und die Debatte darüber, welche Wege am besten dorthin führen. Mehr zum Thema: Die größten CO2-Sünder auf der Erde

Die Rechnung für den Umbau des Wirtschaftssystems dürfen dabei nicht allein die Verbraucher und Verbraucherinnen zahlen. Klimaschutz allein über höhere Preise trifft diejenigen am härtesten, die nicht das Geld haben, auf weniger CO-intensive Optionen auszuweichen, zum Beispiel bei der Autowahl.

Vor allem aber darf die Politik die Verantwortung für das Gelingen des Mammutprojekts nicht allein den Menschen in ihren Alltagsentscheidungen aufbürden: Egal, wie viel Biogemüse der Einzelne kauft, wie viel er oder sie Rad fährt oder recycelt – die Schwerindustrie wird davon nicht klimaneutral, Altbauten nicht saniert. Und über den Ausbau der erneuerbaren Energien entscheidet man auch nicht an der Supermarktkasse.

Politische Entscheidungen und Leitplanken sind deshalb unverzichtbar – auch wenn man sich damit unbeliebt macht.