Berlin. Nach den neuen Äußerungen von Maaßen zur Tagesschau ist für viele in der Union das Maß voll. Doch CDU-Chef Laschet schweigt weiterhin.
Er hat es schon wieder getan. Hans-Georg Maaßen, Ex-Verfassungsschutzchef und CDU-Direktkandidat des Wahlkreises 196 in Südthüringen für den Bundestag, hat mit einer neuen Wortmeldung wieder einmal heftige Kritik ausgelöst.
In einem Interview mit dem Sender TV Berlin warf er dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk „Meinungsmanipulation“ vor, unterstellte insbesondere Journalisten der „Tagesschau“ eine Nähe zur linksradikalen Szene und forderte einen Gesinnungstest.
Wörtlich sagte er unter anderem: „Wenn man sieht, dass es da auch Verbindungen gibt zwischen der ,Tagesschau‘ oder zwischen Personen, die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die ,Tagesschau‘ arbeiten, und der linken und linksextremen Szene, dann wäre das wirklich auch eine Untersuchung wert.“
Für viele in der CDU ist das Maß voll. „Die Kandidatur von Herrn Maaßen schadet der Union“, sagte etwa der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe von CDU und CSU im Bundestag, Uwe Schummer, unserer Redaktion: „Mit seinen unreflektierten Äußerungen ist jedes Interview wie eine rollende Kanonenkugel auf einem Schiffsdeck.“ Die Nominierung von Maaßen als Bundestagskandidat nennt Schummer einen „Fehler“: „Mein Appell an die zuständigen Kreisverbände: Entzieht ihm das Vertrauen für die Kandidatur. Besser kein Kandidat als ein schlechter Kandidat.“
Charaktertest für Maaßen gefordert
Der nordrhein-westfälische CDU-Europaparlamentarier Dennis Radtke, ein langjähriger Vertrauter von CDU-Chef Armin Laschet, fordert Maaßen zum Rückzug auf: „Wenn Herr Maaßen noch einen letzten Rest Verbundenheit zur CDU verspürt, sollte er seine Kandidatur zurückgeben.“ Es mache ihn „fassungslos“, dass einige Funktionäre in Thüringen geglaubt hätten, „ihre Verantwortung für die CDU hört am eigenen Ortseingangsschild auf“, kritisiert Radtke.
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Maaßen war in Südthüringen nominiert worden, nachdem der bisherige CDU-Abgeordnete Mark Hauptmann im Zuge von Vorwürfen gegen ihn wegen dubioser Geschäfte mit Schutzmasken zurückgetreten war. Radtkes scharfes Fazit: „Vielleicht hätte man Maaßen einem Charaktertest unterziehen sollen, bevor man ihn aufgestellt hat – dann wäre uns manches erspart geblieben.“
Zuvor hatte bereits der niedersächsische CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann Maaßen zum Parteiaustritt aufgefordert. Maaßen schade der Partei nachdrücklich mit Positionen, die die CDU nicht teile, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz riet seiner Partei auf Twitter zu einem Ausschlussverfahren.
Hat Laschet Angst vor dem rechtskonservativen Lager?
Nur einer ist auffällig zurückhaltend: der CDU-Vorsitzende Laschet. Zwar hat er Teilnehmern zufolge beim Treffen der Führungsgremien der CDU am Montag gesagt, solche Debatten würden der Partei schaden. In der Öffentlichkeit überließ er aber am Montag Generalsekretär Paul Ziemiak das Wort.
Die CDU sei in dieser Frage „eindeutig“, sagte Ziemiak. Mit seinem unabhängigen Journalismus sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk essenziell für die Demokratie. Ein Parteiausschlussverfahren sei in den Gremien nicht diskutiert worden, sagte Ziemiak auf Nachfrage.
Laschet hat das Schicksal seiner Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer vor Augen. Diese hatte im August 2019 mit Blick auf Maaßen ein Parteiausschlussverfahren angeregt, nachdem dieser für Koalitionen mit der AfD geworben hatte.
Der Sturm der Entrüstung im rechtskonservativen Lager der Union war so groß, dass sie ihre Äußerungen relativieren musste. Die Kontroverse trug mit dazu bei, dass AKK wenige Monate später entnervt den Parteivorsitz aufgab.
Maaßen lässt Laschet als schwachen Parteichef dastehen
Solche Fehler möchte Laschet vermeiden. Doch wenig spricht dafür, dass sich Maaßen künftig zurückhalten wird. Zumal die Debatten, die er damit auslöst, ihm bei den eigenen Unterstützern eher nützen.
Für Laschet wird Maaßen aber immer mehr zur Belastung. Seine Zurückhaltung lässt ihn als schwachen Parteichef erscheinen und ist eine Vorlage für die Opposition, die ihm eine mangelnde Abgrenzung nach rechts vorwirft.
Ganz untätig scheint Laschet indes nicht zu sein. Denn am Sonntag ruderte Maaßen überraschend zurück. „Presse- und Rundfunkfreiheit haben in Deutschland Verfassungsrang“, twitterte er. Eine fast identische Formulierung nutzte CDU-Generalsekretär Ziemiak bei seinem Auftritt am Montag, um die Unabhängigkeit der Medien gegenüber der Politik zu betonen,