Berlin. Wenige Monate vor der Bundestagswahl sorgt sich die Partei wegen Populisten in den eigenen Reihen. Droht nun sogar ein Rechtsruck?
Die CDU kämpft derzeit an mehreren Fronten. Da sind im Westen die Grünen, die der Partei erstmals den Führungsanspruch streitig machen. und die CDU im einstigen Stammland schon in die Rolle des Juniorpartners degradiert haben. Da ist die AfD im Osten, die immer wieder versucht, in die rechts offene Flanke der Partei zu stoßen.
Und dann ist da noch das, was einige als den „Feind im Inneren“ sehen: CDU-Mitglieder, die die Zerrissenheit der Partei für eine Kurskorrektur nach rechts nutzen wollen.
Der Prominenteste: Hans-Georg Maaßen, Ex-Präsident des Verfassungsschutzes und seit Kurzem offizieller Bundestagskandidat der Südthüringer CDU. Der 58-Jährige macht immer wieder mit rechtspopulistischen Sprüchen auf sich aufmerksam.
So erklärte er 2019, er sei „vor 30 Jahren nicht der CDU beigetreten, damit heute 1,8 Millionen Araber nach Deutschland kommen“. Kürzlich spekulierte er auf Twitter, die Anfangsbuchstaben des vollen Namens von Grünen-Chefin Annalena Charlotte Alma Baerbock „ACAB“ stünden für den linksradikalen Spruch „All cops are bastards“. Als Verfassungsschutzchef sträubte sich Maaßen dagegen, die AfD beobachten zu lassen.
CDU: Maaßen ist kein Einzelfall
Im Juni 2019 sinnierten zwei Vizefraktionschefs der CDU in Sachsen-Anhalt in einer „Denkschrift“ darüber, wie man „das Soziale mit dem Nationalen versöhnen könne“ und regten an, Koalitionen mit der AfD nicht auszuschließen – trotz eines Beschlusses der Bundespartei, dass jegliche Kooperation mit der Alternative „unvereinbar“ ist.
Für Unruhe sorgt auch die Werteunion, ein 2017 gegründeter Verein mit AfD-nahen Positionen, der nach eigenen Angaben rund 4000 Mitglieder hat, darunter zahlreiche Unionsmitglieder. Ende Mai wählte die Werteunion den rechtsgerichteten Ökonomen Max Otte zum neuen Vorsitzenden. Otte, CDU-Mitglied, sprach sich vor der Bundestagswahl 2017 öffentlich für die AfD aus.
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Droht der Union eine Art „Tea-Party-Bewegung“ mit Maaßen als Galionsfigur? „Tea Party“ nannte sich – in Anlehnung an die historische Boston Tea Party – eine 2009 gegründete rechtspopulistische US-Bewegung, die eine Zeit lang die Republikaner dominierte.
Einer, der die Gefahr für real hält, ist der nordrhein-westfälische Europaabgeordnete der CDU, Dennis Radtke, ein Vertrauter von CDU-Chef Armin Laschet. Er sagt über Maaßen: „Mit seinen Provokationen und seinem AfD-Sprech hat Maaßen nur ein Ziel: eine Achsenverschiebung nach rechts.“ Eine Gefahr der „Selbstradikalisierung“ der Partei sieht Radtke vor allem für den Fall gegeben, wenn die CDU nach der Bundestagswahl in die Opposition müsste: „Das würde all jene Stimmen stärken, die den bisherigen gemäßigten Kurs schon immer für falsch gehalten haben.“
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Radtke fordert deshalb einen weiteren Unvereinbarkeitsbeschluss: Mitglieder der CDU dürften nicht Mitglied in der Werteunion sein. Bei Maaßen sei im Zweifelsfall die Bundestagsfraktion gefragt. Sollte dieser tatsächlich in den Bundestag gewählt werden, müsse sie entscheiden, ob sie ihn aufnehme.
Schäuble sieht keine Gefahr eines Rechtsrucks der Partei
Nicht alle teilen Radtkes Sorge. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sieht keine Gefahr eines Rechtsrucks in der CDU. „Hans-Georg Maaßen ist als Mitglied der CDU von einer Wahlkreisversammlung in Suhl mit 37 Stimmen als einer von 299 Direktkandidaten der Union aufgestellt worden. Sollte er von einer Mehrheit in diesem Wahlkreis gewählt werden, wird er einer von mindestens 598 Bundestagsabgeordneten sein“, sagte Schäuble unserer Redaktion.
Eine Volkspartei müsse unterschiedliche Persönlichkeiten aushalten. „Die Grenze ist spätestens dort, wo sich jemand rassistisch oder antisemitisch verhält“, so Schäuble. Das aber sieht er bei Maaßen bislang offenbar nicht gegeben. Auch bei der Werteunion vertritt Schäuble eine andere Position: „Die Werteunion ist keine Vereinigung der CDU, hat also mit der CDU im Grunde nichts zu tun. Eine Mitgliedschaft dort ist aber allein noch kein Anlass für einen Parteiausschluss.“
Für den Berliner Politikwissenschaftler Thorsten Faas ist der Fall Maaßen eine Bewährungsprobe für Parteichef Laschet: „Wir sehen das ja bei anderen Parteien, wie schwer man sich mit ‚Abweichlern‘ tut – Sarrazin, Palmer – und wie zäh das sein kann. Damit wird immer auch die Frage aufgeworfen, wie durchsetzungsstark und führungsstark ein Vorsitzender ist.“
Allerdings sieht Faas im Sieg von Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU), der sich zuvor klar gegen die AfD abgegrenzt hatte, einen „Rückschlag für die konservativen Kreise, die sich weiter rechts positionieren möchten“.
Sogar für Maaßen könnte es knapp werden. In einer Forsa-Umfrage von vergangener Woche lag er im Wahlkreis knapp hinter dem SPD-Kandidaten Frank Ullrich, Ex-Olympiasieger im Biathlon.
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