Essen. Die Gesundheitsämter sollten längst ein einheitliches Programm zur Kontaktnachverfolgung nutzen. In NRW ist der Einsatz zurückhaltend.
Eigentlich sollte es längst gängig sein: Bis Ende Februar sollen in allen Gesundheitsämtern bundesweit das einheitliche Computer-Programm „Sormas“ zur Kontaktnachverfolgung in der Corona-Pandemie installiert sein. So hatte es die Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, damit die Behörden zur Pandemieeindämmung einfacher Daten austauschen können. Die Realität in NRW sieht anders aus: Nach Angaben der Landesregierung haben gerade einmal 13 der 53 Gesundheitsämter im Land das Programm aktiv im Einsatz.
Das geht aus einer Antwort des Landesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion hervor. Darin erklärt das Ministerium zwar, dass Sormas in 52 der 53 Gesundheitsämter von Städten und Kreisen installiert worden sei - nur im Kreis Unna stehe dies noch aus. Statt es zu nutzen, greifen die Ämter aber offenbar weiterhin auf ihre eigenen Anwendungen zurück, die sie seit Beginn der Pandemie 2020 entwickelt haben. Nur etwa jede vierte Behörde in NRW nutzt das kostenfreie und vom Bund geförderte Programm, wie das Ministerium mit Verweis auf eine Abfrage vom 9. April erklärt. Weitere elf testen den Betrieb noch. Von fünf Kommunen fehle die Rückmeldung.
Städte halten an eigenen digitalen Lösungen fest - Zeit für Schulungen fehlt
Aus Sicht der Landesregierung kann das kaum erfreulich sein. Der besondere Mehrwert von Sormas liege in der Möglichkeit der kommunenübergreifenden Vernetzung, „um das Infektionsgeschehen noch besser und schneller nachvollziehen und eindämmen zu können“, heißt es in der Ministeriumsantwort auf die SPD-Anfrage.
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Kommunen sind mit ihren eigenen und selbst entwickelten Lösungen vor Ort offenbar zufrieden. Angesichts der enormen Belastung durch weiter hohe Infektionszahlen fehlt zudem die Zeit für Schulungen: In Duisburg etwa wurde die für Anfang März geplante Umstellung auf „Sormas“ wegen der hohen Corona-Fallzahlen verschoben. Die Umstellung hätte zusätzliche Kräfte gebunden und für alle Umschulungen bedeutet, sagte eine Stadtsprecherin. „Das war und ist derzeit nicht leistbar.“ Die Stadt Bochum nutzt indes das Programm.
Nötig seien Schnittstellen, damit bewährte Programme vernetzt werden können, meint die SPD. Laut Gesundheitsministerium soll eine Schnittstelle in Kürze zur Verfügung stehen, die Entwicklung weiterer befinde sich „im Prozess“.
Ein Infektionsort mit Menschen aus verschiedenen Landkreisen
Sormas wurde vom Helmholz-Institut für Infektionsforschung entwickelt – ursprünglich zur Eindämmung der Ebola-Epidemie in Afrika.
Gegenüber dem Deutschlandfunk sagte Institutsleiter Gérard Krause im Februar zu den Vorteilen des Programms: „Denken Sie sich einen Ausbruch in einer Schule oder in einer großen Firma, wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma aus ganz unterschiedlichen Landkreisen kommen. Und dann muss dieses erste Gesundheitsamt all diese Erhebungen, die es getan hat, dann wieder abtippen, ausdrucken, per Fax irgendwo hinschicken, wo es dann wieder abgetippt und irgendwo eingetragen wird.“