Berlin. Mit diesen sieben Regeln will der neue Parteichef korrupte Deals und fragwürdige Geschäftsbeziehungen in der CDU künftig vermeiden.
Bis Montagmittag dauerte es, bis sich Armin Laschet öffentlich zu Wort meldete. Da stellte sich der neue CDU-Chef mit dem zugeschalteten Wahlverlierer aus Rheinland-Pfalz, Christian Baldauf, in der Parteizentrale der Presse. Die baden-württembergische Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann durfte den Termin schwänzen, weil sie selbst in einer Fraktionssitzung war.
Beim Auftritt in Berlin machte Laschet deutlich, worin er die Ursachen für das schlechte Abschneiden der Christdemokraten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sieht – nicht bei sich. Vorwürfe, er sei wegen seines „Zweitjobs“ als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident zu wenig als Parteichef gegenwärtig, wies er zurück. „Meine Präsenz hier ist so, wie es sich für einen Parteivorsitzenden Deutschlands gehört.“
Stattdessen machte er den Amtsbonus der beiden Ministerpräsidenten geltend und griff massiv die SPD an. Finanzminister und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz solle lieber sein Ressort „gut bearbeiten“ und sich nicht „an anderen abarbeiten, die einen schwierigen Job in dieser Zeit zu leisten haben“. Das verunsichere die Menschen.
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Den Wahlabend selbst hatte Laschet nicht in der Parteizentrale, sondern in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin verbracht. Gerüchten zufolge soll er sich später mit Kanzlerin Angela Merkel getroffen haben, um über eine mögliche Kabinettsumbildung zu sprechen. Laschet wollte sich am Montag nicht dazu äußern, ob ein Treffen stattgefunden hat.
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Am Montagmorgen hatte Laschet dem Bundesvorstand den Vorschlag eines neuen Verhaltenskodexes für die CDU vorgestellt, den dieser einstimmig angenommen hatte. „Dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik im Allgemeinen und unsere Partei im Besonderen fühlen wir uns als Mitglieder der CDU in hohem Maße verpflichtet“, heißt es in dem zweiseitigen Papier. Weil „einzelne Mandatsträger der CDU diese selbstverständlichen Grundsätze“ missachtet hätten, will man jetzt konkretisieren, „welches Verhalten wir neben den bestehenden gesetzlichen Regelungen von allen Parteimitgliedern der CDU erwarten“. Diese sieben Punkte sollen künftig gelten:
Das ist Laschets neuer Verhaltenskodex
- Bei allen Abgeordneten, die in Vollzeitparlamenten sitzen (egal, ob Bund, Land oder Europa), muss das Mandat im Mittelpunkt stehen. Sämtliche Nebentätigkeiten wie Mitgliedschaften in Vorständen oder Aufsichtsräten müssen deshalb offen gelegt werden, selbst, wenn sie nur ehrenamtlich sind
- Alle Kandidatinnen und Kandidaten für Mandate müssen transparent machen, welchen Tätigkeiten sie nachgehen, „um mögliche Interessenkonflikte auszuschließen“. Sie müssen sich zudem vor Kandidatur zu den Verhaltensregeln verpflichten
- Mandatsträger oder Inhaber von Regierungsämtern dürfen keine Geldspenden für sich persönlich annehmen. Geldspenden für den Wahlkampf müssen an die Partei adressiert werden
- Sind Mandatsträger in einem Gremium Mitglied, das sich mit Beziehungen zu einem ausländischen Staat befasst, „dürfen sie zu diesem Staat oder seinen Unternehmen keine geschäftlichen Beziehungen unterhalten“
- Schon jetzt dürften kommunale Verantwortungsträger nicht an Entscheidungen beteiligt sein, bei denen sie durch ihre unmittelbare berufliche Tätigkeit befangen sind
- Die Tätigkeit als Abgeordneter muss klar von Parteiaktivitäten getrennt sein. Darauf soll vor allem bei der Nutzung von Räumen, aber auch beim Einsatz von Mitarbeitern geachtet werden
- Die Bundespartei will beim Verhaltenskodex eng mit der Bundestagsfraktion zusammenarbeiten und empfiehlt auch den Landtagsfraktionen, entsprechende Regelwerke zu formulieren
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Mit diesen Regeln reagiert die Parteispitze nicht nur auf die Masken-Geschäfte, bei denen zwei Unions-Abgeordnete hohe Provisionen kassiert hatten, sondern auch auf fragwürdige Kontakte zu ausländischen Regimen wie Aserbaidschan.
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„Der Beschluss zum Compliance-Papier war enorm wichtig“, sagte das Bundesvorstandsmitglied Mohring, früherer CDU-Chef von Thüringen, unserer Redaktion. „Die Botschaft ist: Für Leute, die mit dem Mandat Geschäfte machen, ist kein Platz bei uns.“
Für Ende März kündigte Parteichef Laschet zudem mehrere Konferenzen an: So will er sich sowohl mit allen Kreisvorsitzenden als auch mit den ostdeutschen CDU-Funktionären zusammenschalten. Damit zeigt Laschet zum ersten Mal öffentlich als Parteichef Initiative.
In Krisenmomenten zeigte sich schon häufiger, dass Laschet eine Stärke besitzt, die zugleich eine große Schwäche sein kann: sein allzu gutes Nervenkostüm. Einerseits bewahrte ihn diese fröhliche Unverwüstlichkeit in einer wechselvollen Karriere mit vielen Rückschlägen stets davor, die Brocken frustriert hinzuwerfen. Andererseits neigt Laschet im Auge des Orkans zu einem gewissen Trotz. Er widersetzt sich dann bewusst den gängigen Erwartungen an Führung in der Krise. Statt schnell zu entscheiden und klar zu kommunizieren, wartet er erst einmal ab und denkt nach.
Vor allem akzeptiert Laschet bis heute nicht, dass es Momente im Politikerleben gibt, in denen Signale der Entschlossenheit gesetzt werden müssen. Wo der Befreiungsschlag erwartet wird, spielt er den Ball noch einmal hintenrum.
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In der vergangenen Woche war außerdem bekannt geworden, dass der Thüringer Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann von mehrere ausländischen Regierungen, darunter Aserbaidschan, sich Anzeigen in seiner Thüringer Parteiwahlkreiszeitung hatte finanzieren lassen. Außerdem soll er für die Vermittlung von Geschäften mit Schutzmasken eine Spende in 7000 Euro für seinen Kreisverband erhalten haben.
Hauptmann, der auch Chef der Jungen Gruppe der Unionsfraktion war, hat sein Mandat inzwischen niedergelegt.
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