Berlin. Pandemie: Experten machen Hoffnung auf eine rasche Rücknahme der Corona-Einschränkungen. Doch eine entscheidende Frage ist noch offen.

Ist die Pandemie in vier Monaten besiegt? Bekommen wir im Sommer unser altes Leben zurück? Führende Mediziner schüren jetzt Hoffnung auf eine rasche Rückkehr zur Normalität.

Den Anfang machte zu Beginn des Wochenendes Kanzleramtschef Helge Braun, der selbst Arzt ist: Der CDU-Politiker stellte im Interview mit dieser Redaktion eine vollständige Rücknahme der Corona-Beschränkungen für den Sommer in Aussicht. „Wenn wir jedem in Deutschland ein Impfangebot gemacht haben, dann können wir zur Normalität in allen Bereichen zurückkehren“, so Braun. Bedingung sei, dass die Impfstoffhersteller ihre Lieferversprechen einhielten und keine Mutante auftauche, die den ganzen Impferfolg infrage stelle.

Ende der Corona-Pandemie im Hochsommer

Auch wichtige Intensivmediziner halten ein baldiges Ende der Pandemie für realistisch. Wenn sich alle an die Regeln hielten und sich das Impftempo beschleunige, werde die Pandemie möglicherweise schon im Hochsommer besiegt sein, sagte Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), am Samstag dieser Redaktion.

„Wenn wir alle in den kommenden Monaten noch diszipliniert bleiben, wir beim Impfen ordentlich Gas geben und damit die dritte Welle keine Möglichkeit hat sich aufzubauen, dann werden wir die Pandemie bis Ende September besiegt haben – das zeigen unsere Prognoserechnungen“, so Marx. Er sei sehr hoffnungsvoll. „Es ist sogar gut möglich, dass wir schon im Hochsommer soweit sind.“

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Gute Gründe für frohe Hoffnung

Marx begründete seine Zuversicht vor allem mit der Wirkung der Impfstoffe: „Die Daten, die wir aus Israel haben, zeigen mit großer Sicherheit, dass Geimpfte selbst nicht mehr infiziert sind und auch andere nicht mehr infizieren können.“

Optimal sei es, wenn sich bis zum Sommer 80 Prozent der Bürger impfen ließen. Möglich sei das: Er rechne damit, dass bis zum Sommer auch Impfstoffe für Kinder und Jugendliche verfügbar sein werden. Marx warnte allerdings davor, einen schon „sicher geglaubten Sieg“ über das Virus zu verspielen.

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Bevor man sämtliche Einschränkungen beende, sei eine Übergangsphase sinnvoll. „Dort, wo sich viele Menschen begegnen, etwa beim Einkaufen oder in Gottesdiensten, sollte die Maskenpflicht noch eine Zeit lang weiter gelten.“

Heißt: Brauns Idee, mit einem Schlag sämtliche Einschränkungen fallen zu lassen und „in vollem Umfang“ zur Normalität zurückzukehren, stößt auf Skepsis.

Rücknahme der Einschränkungen auch aus medizinischer Sicht sinnvoll

Auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt sprach sich dafür aus, bei einer wachsenden Zahl von Geimpften und einem stabilen Rückgang der Neuinfektionen die Freiheitseinschränkungen schrittweise zurückzunehmen: „Mit der steigenden Durchimpfungsrate in der Bevölkerung wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Zahl der Neuinfektionen sukzessive zurückgehen. Wenn sich diese Entwicklung verstetigt, können und sollten die weitreichenden Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte und der Bewegungsfreiheit schrittweise zurückgefahren werden“, sagte Reinhardt dieser Redaktion.

Es gehe dabei nicht nur um rechtstaatliche Erwägungen: Die Rücknahme der Einschränkungen seien auch medizinisch dringend geboten, „um weitere negative psychische und somatische Kollateraleffekte der Eindämmungsmaßnahmen zu vermeiden“.

Braun hatte in dem Zusammenhang angeregt, als Zwischenstadium zur Normalität drei Gruppen ihre Freiheitsrechte schon früher zurückzugeben - Geimpften, Genesenen und aktuell Getesteten. Voraussetzung sei, dass sie niemanden gefährdeten. „Dafür gibt es Anzeichen. Wir brauchen aber weitere Studien“, sagte er.

Das ist der entscheidende Punkt: Alles hängt jetzt an der Frage, ob es stimmt, was die israelischen Daten nahelegen – dass die Impfung das Virus zuverlässig stoppt.