An Rhein und Ruhr. „Luca“ will Behörden die Kontaktnachverfolgung erleichtern. NRW-Ministerpräsident Laschet lobt diese App, doch ein rascher Einsatz ist fraglich.
Einzelhandel und Kultureinrichtungen drängen auf Lockerungen des Lockdowns, doch die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt wieder. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb jüngst für „neue Wege im Umgang mit der Corona-Pandemie“ und zählt dazu auch eine App namens Luca. Sie weckt die Hoffnung auf Lockerungen, weil sie den Behörden die Kontaktnachverfolgung erheblich erleichtern soll. Doch sie stößt auf Skepsis in NRW.
„Bisher hatte keine App eine erkennbare Relevanz für die Arbeit der Gesundheitsämter im Rahmen der Kontaktnachverfolgung“, sagt eine Sprecherin des Kreises Wesel. Dort sieht man zudem die Gefahr, „dass die Verfügbarkeit von entsprechenden Apps - ebenso wie von Schnelltests - ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen könnten und damit zu einer ansteigenden Nachlässigkeit bei der Einhaltung der AHA-L Regelungen führen.“
Luca-App: QR-Code statt „Zettelwirtschaft“
Die Luca App wurde von der Band „Die fantastischen Vier“ und weiteren Kulturschaffenden, dem Hasso-Plattner-Institut, der Bundesdruckerei und einem im August 2020 gegründeten Berliner Start Up entwickelt.Die App ersetzt die bisherigen Kontaktlisten - die etwa Gaststätten führen mussten als sie noch öffnen durften, und die vielfach zu Problemen etwa durch Fake-Angaben führten - durch einen QR-Code, mit dem sich App-Nutzer mit ihrem Smartphone beim Restaurantbesuch, im Büro oder bei Kulturveranstaltung vor Ort ein- und ausloggen können. Kommt es zu einem Infektionsfall, kann das jeweilige Gesundheitsamt Kontaktpersonen automatisch ausfiltern, weil das System kompatibel sei mit der Behörden-Software „Sormas“ und gleichzeitig alle deutschen Datenrechtsvorgaben erfülle, betonen die Luca-Macher. Doch Sormas war zuletzt in vielen Behörden noch gar nicht vorhanden.
„Wenn Luca vor Ort eingebunden wird, könnte man zwei bis drei Tage schneller sein in der Kontaktnachverfolgung“, sagt ein Sprecher der Luca-Macher. Damit könnten Infektions-Cluster besser identifiziert und die weitere Ausbreitung, insbesondere durch Corona-Mutanten, unterbunden werden.
Stadt Dortmund: Flächendeckender Einsatz von „Sormas“ hat Vorrang
Nach Informationen der Stadt Dortmund soll beim nächsten Treffen der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin am 3. März auch die Luca App Thema werden. Nach Angaben des Luca-Sprechers war die App am 8. Februar erstmals bei der Gesundheitsministerkonferenz vorgestellt worden. Man sei nun „in Gesprächen mit zehn der 16 Landesgesundheitsminister“, sagt der Sprecher auf Anfrage. Ob auch NRW darunter ist, konnte er nicht sagen.
Die Stadt Dortmund hält eine solche App für „hilfreich“, sagt eine Sprecherin. Vorrangig sei derzeit ab er, dass das „Sormas“-System für die Gesundheitsämter endlich flächendeckend ans Laufen komme.
NRW-Gesundheitsministerium gibt bisher keine App-Empfehlung
„Überlegungen zur Empfehlung einer bestimmten App zur Kontakterfassung (Text-Link) gibt es von uns bisher nicht“, sagt ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums. Für den Einsatz seien letztlich die Kommunen zuständig. In Sachen technischer Infrastruktur sei das Land NRW „bestrebt, da wo es möglich ist, zu unterstützen“, sagt der Sprecher.
Gesundheitsbehörden auf Sylt (externer Link), Amrum, Föhr, in Husum, dem Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt und in der Stadt Jena in Thüringen nutzten die Luca-App nach eigenen Angaben bereits. Das Bundesland Thüringen wolle sie bald landesweit anbieten, heißt es. Für Nutzer ist die App kostenlos, Behörden müssten sie bezahlen. Zur Preisgestaltung teilte man bei Luca nichts Näheres mit.
Luca App hat erst einige 10.000 Downloads
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„Der Einsatz der App Luca ist bei uns bisher nicht geplant, wird aber derzeit geprüft“, berichtet eine Sprecherin der Stadt Düsseldorf, wo jüngst ein Verweilverbot in der Altstadt beschlossen wurde, weil sich Besucher am vergangenen Frühlingswetter-Wochenende dort zu dicht geknubbelt hatten. Derartige Apps wie Luca seien „durchaus sinnvoll“, ihre „Effektivität“ sei aber leider davon abhängig, „wie viele Personen und Lokalitäten sich beteiligen“, gibt die Stadtsprecherin zu bedenken.
Dem aktuellen Stand nach verzeichnet die Luca App im Google Playstore „10.000 +“ Downloads. Zum Vergleich: Die offizielle deutsche Corona-Warn App steht bei „10 Mio. +“ Downloads bei Android-Smartphones. Im iTunes-Store von Apple finden sich bisher etwas mehr als 400 Nutzer-Rezensionen, im Play-Store waren es zuletzt etwas mehr als 250. Neben einiger Kritik an technischen Schwierigkeiten bei der Installation wird die App von vielen Nutzern gelobt, auch wenn manche einräumen, sie aktuell noch gar nicht vor Ort einsetzen zu können.
Stadt Bochum: Laschet-Lob für Luca-App „hat schon Gewicht“
Die Stadt Bochum ist „seit geraumer Zeit dabei den Einsatz alternativer Apps zu prüfen“, berichtet ein Stadtsprecher. Die Luca-App sei „uns jetzt neu“. Wenn der NRW-Ministerpräsident etwas empfehle, „hat das schon Gewicht“, meint der Sprecher - „aber noch ergibt sich daraus kein konkreter Auftrag.“
Im Hochsauerlandkreis(Text-Link) wiederum möchte man sich nicht an „Spekulationen um eine App“ beteiligen, antwortet ein Sprecher auf Nachfrage. Wenn die Politik etwas ins Spiel bringe, „heißt das nicht, dass der Hochsauerlandkreis sofort darauf anspringt. Dafür gibt es Gesetze, Verordnungen und Erlasse und evtl. noch Empfehlungen“, sagt der Sprecher.
Stadt Duisburg warnt vor „Insellösungen“
In Duisburg hält man „jede Möglichkeit, die die Nachverfolgung von Kontakten erleichtert, grundsätzlich für sinnvoll“, sagt ein Stadtsprecher. Es dürfe jedoch keine „Insellösungen“ geben, „insbesondere in einem Ballungsraum wie dem Rhein-/Ruhrgebiet.“ Zudem gelte: „Was zum Einsatz kommt, muss auch funktionieren“.
Dies glauben die Luca-Macher technisch garantieren zu können. Letztlich aber hängt der Erfolg der App davon ab, ob die Nutzer sie diszipliniert einsetzen. Wer Luca auf seinem Smartphone herunterlädt, erklärt sein Einverständnis, dass die entsprechende Gesundheitsbehörde im Falle einer Kontaktnachverfolgung automatisch die Handynummer übermittelt bekommt. Phantasie-Telefonnummern oder -Namen, wie oftmals auf den Kontaktzetteln in Gaststätten zu finden, sind ausgeschlossen. Die verschlüsselten Daten im Luca-System können offiziell nur durch zuständige Gesundheitsämter entschlüsselt werden.
>>> Info: Luca App läuft auch auf sieben Jahre alten Smartphones
Die Luca-App soll die bisherigen Corona Warn App nicht ersetzen, sondern ergänzen, teilten die Macher mit. Laut NRW-Gesundheitsministerium gibt es weitere Apps auf dem Markt, wie etwa „CORA App“ oder „Recover“. Anders als diese Apps sei Luca jedoch kompatibel mit dem „Sormas“-System von Gesundheitsbehörden, erklärt ein Luca-Sprecher. Der Datenverkehr zwischen App und Behörde laufe vollelektronisch und komme ohne Excel-Tabellen oder andere Listen aus, die dann zur Kontaktverfolgung händisch auszuwerten seien. Luca funktioniert bis dato bei Apple-Smartphones ab der Modellreihe iPhone 5s und der Betriebssystem-Version iOS 12 (ab 2017). Bei Android-Smartphones laufe Luca ab der Version 5 (etwa ab 2014). Zudem könne über den Browser auf die Web App zurückgegriffen werden, die auch auf älteren Smartphones funktioniere, teilt der Luca-Sprecher mit. (dae)