Berlin. Eine neue Studie legt offen, wie pädosexuelle Gruppen versuchten, Sex mit Kindern zu legalisieren – und wie sie an sie herankamen.
Sie bezeichneten sich als „Minderheit in einer Minderheit“: Männer und Frauen, die sich als diskriminierte Homosexuelle darstellten und sich für die Straffreiheit von Sex mit Kindern und Minderjährigen einsetzten.
Seit den 1970er-Jahren traten „pädosexuelle“ Gruppierungen öffentlich für eine Liberalisierung des Strafrechts ein, unter dem Vorwand, Kinder aus den kleinbürgerlichen Verhältnissen der Eltern befreien zu wollen. Wobei „Befreiung“ in diesem Kontext eigentlich nur die eigene sexuelle Befriedigung meint. Immer wieder forderten sie die Abschaffung des Paragrafen 176 StGB, der den sexuellen Missbrauch von Kindern unter Strafe stellt.
Sie taten das über Organisationen, Netzwerke und öffentliche Debattenbeiträge. Wie zielgerichtet und strukturiert viele der Akteure bis Anfang der 2000er-Jahre vorgingen, legt jetzt eine Vorstudie der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs offen. Der Titel: „Programmatik und Wirken pädosexueller Netzwerke in Berlin“.
Männer zwangen Kinder am Bahnhof Zoo anzuschaffen
Die Studie versucht zu ermitteln, wie bestimmte Kreise sich bemühten, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Unter dem Mantel der sexuellen Befreiung, der 68-Bewegung, der Gründung von Kinderläden, neuer Erziehungsmethoden, von Sex und Rock’n’Roll, von Drogen und neuen Auffassungen in Soziologie und Pädagogik versuchten sie, das Verbotene zu legalisieren und Kinder in ihre Fänge zu bekommen. In der Studie berichten auch Betroffene.
Ingo, der heute um die 50 Jahre alt ist, erzählt, wie ein Nachbar ihn missbrauchte: „Eines Tages sagte er, dass er mich auch mal fotografieren könnte.“ Nach den Fotos in Badehose kamen Nacktbilder, dann Streicheln. Als der Nachbar mehr wollte, erpresste er den Jungen aus Berlin-Kreuzberg. Nachdem er ihn zum Oralsex zwang, reichte er ihn an seinen „Freundeskreis“ weiter.
Einer der Männer sei Richter gewesen und habe Ingo davor gewarnt, zur Polizei zu gehen. Schließlich sei er zum Bahnhof Zoo gebracht worden, um Geld zu verdienen.
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Pädosexuelle schufen in den 70ern Missbrauch-Netzwerke
Nach der aktuellen Amazon-Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ gefragt, wo es um Prostitution und Drogen geht, sagt Ingo: „Das hat mit der Realität damals nichts zu tun. Was dort Minderjährigen passierte, war nicht glamourös.“ Ingo bezeichnete die Ergebnisse der Studie nur „als Spitze des Eisberges“. Das Ausmaß sei viel schlimmer und weitere Untersuchungen müssen folgen.
Sabine Andresen, Vorsitzende der Unabhängigen Kommission, erklärt, wie sich Pädosexuelle in den 70ern in Netzwerken organisiert hatten. „Organisierte Strukturen sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche haben sich bereits vor dem Internetzeitalter formieren und über lange Zeiträume etablieren können.“
Im Juni 1974 gründete sich zum Beispiel der „Deutsche Arbeitskreis der Betroffenen des § 175“, der sich bei seinem ersten Treffen im September in „Deutscher Arbeitskreis Pädophilie“ umbenannte. In einschlägigen Zeitschriften wie „Pikbube“ und später „Ben“ forderte der DAP-Arbeitskreis: „Unser Ziel ist die Legalisierung der Knabenliebe“. In den Magazinen, die vom Berliner Helmut Bendt gegründet wurden, wurden „Boyfotos“ und „bezaubernde Knaben“ nackt gezeigt.
Pädosexuelle bekamen Unterstützung von Wissenschaftlern
Um ihre Positionen zu legitimieren, hätten die Aktivisten der pädosexuellen Gruppierungen Unterstützer nicht nur bei linksliberalen politischen Parteien gesucht und gefunden, sondern auch in der Wissenschaft. Vertreter verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen unterstützten ihre Positionen und die Vernetzung der Gruppierungen über Berlin hinaus. „Daher ist eine weitere wissenschaftliche und bundesweite Aufarbeitung notwendig“, betont Andresen. Auch interessant: Kindesmissbrauch: So hart soll das neue Strafmaß werden
Einen Schwerpunkt der Studie bildete die Untersuchung von Berliner Kinderrechtegruppen und -projekten der linksautonomen Szene, die auch bundesweite Vorbildfunktion hatten. Sie suchten gezielt Kontakt zu Kindern, die aus Heimen oder von zu Hause weggelaufen waren und auf der Straße lebten.
Strafrechtlich relevantes Material in Museum entdeckt
Berlin zog in den 70er- und 80er-Jahren viele Jugendliche an. In der Studie werden einige Berliner Gruppen genannt, die Kinder aufnahmen und wo es zu Missbrauch gekommen sein soll: Wie die „Oranienstraßenkommune“, die „Kanalratten“ , das „Kindersorgentelefon Kreuzberg“, die 89/90 vom Anführer der Nürnberger „Indianerkommune“ Ulrich Reschke gegründete „Indianerkommune“ und die Kinderrechtsgruppen „Kinderfrühling Berlin“ und „Morgenland-Bande“.
Für die Studie untersuchten die Forscher auch das Archiv des Schwulen Museums in Berlin. Dort fand sich strafrechtlich relevantes Material, welches Berliner Ermittlungsbehörden übergeben worden ist. Auf Nachfrage erklärte ein Sprecher des Museums, dass die Ermittlungen zwar eingestellt wurden, aber man die Studie und die Aufarbeitung von pädosexueller Kriminalität ausdrücklich unterstütze.
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