Berlin. Können Schulen trotz vieler Corona-Neuinfektionen offen bleiben? Ein Bündnis deutscher Kinderärzte gibt darauf eine klare Antwort.
Wenn sich am Mittwoch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder zum nächsten Corona-Gipfel treffen, wird auch das Thema Schule wieder auf den Tisch kommen . Halbierte Klassen, wechselnder Präsenz- und Heimunterricht , Maske im Unterricht und eigene Teststrategie – die Vorschläge, um die Schulen trotz hoher Zahl von Neuinfektionen in der Bevölkerung offen zu halten , sind vielfältig.
Zugrunde liegt der Diskussion auch die Angst, dass es unter Kindern eine hohe Corona-Dunkelziffer geben könnte, da sie häufig keine Symptome entwickeln. Mehr als 100 Direktoren deutscher Kinderkliniken haben nun jedoch mittels einer umfangreichen Datenanalyse keine Hinweise auf eine solche Corona-Dunkelziffer unter Kindern gefunden.
Das Risiko, dass sich Kinder in Kitas und Schulen unbemerkt mit dem Coronavirus infizieren und das Virus weitertragen, sei somit möglicherweise deutlich geringer als angenommen, berichteten die „Passauer Neue Presse“ und die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf die Analyse. Die Schulen sollten daher nach Meinung der Kinderärzte offen bleiben.
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Kinderärzte: Ansteckungsgefahr an Schulen wird überschätzt
Für ihre Analyse werteten die Mediziner die Daten von mehr als 110.000 jungen Patienten aus, die von Juli bis zum Stichtag am 18. November auf das Coronavirus getestet wurden. An der Auswertung nahmen 105 der 245 deutschen Kinderkliniken teil. Da der überwiegende Teil der Betroffenen wegen anderer Erkrankungen oder Verletzungen die Klinik aufsuchte, kommt das nach Ansicht der Ärzte einer „Zufallsstichprobe am nächsten“.
Im Durchschnitt seien laut Analyse nur 0,53 Prozent der Corona-Tests unter den Kindern und Jugendlichen positiv gewesen. Die Annahme einer hohen Corona-Dunkelziffer unter Kindern und Jugendlichen „,muss man aber jetzt in Frage stellen“, sagte der Chefarzt der Passauer Kinderklinik Matthias Keller . Keller hatte die Daten zusammen mit anderen Klinikleitern und mit Unterstützung des Verbands Leitender Kinder- und Jugendärzte und Kinderchirurgen zusammengetragen.
„Wir schließen daraus auch, dass die Ansteckungsgefahr an Schulen eher überschätzt wird.“ Darauf deuteten zugleich Studienergebnisse aus anderen Ländern hin, die nahelegten, dass Lehrer keinem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt seien.
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RKI-Studie deckt sich mit Ergebnissen der Kinderärzte
Wie aus dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ hervorgeht, könnte die Zahl der positiven Corona-Tests unter Kindern insgesamt sogar noch niedriger als bei durchschnittlich 0,53 Prozent liegen. Denn in jeder fünften der beteiligten Kliniken seien nur Kinder mit Corona-Symptomen auf das Virus getestet worden. Dort seien bis zu drei Prozent der Tests positiv ausgefallen. In Kliniken, in denen hingegen alle Kinder auf das Coronavirus getestet worden seien, waren nur null bis 0,2 Prozent der Tests positiv ausgefallen.
Dieser Wert würde mit den Ergebnissen einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts übereinstimmen. Die Studie hatte für Kinder unter fünf Jahren im September einen Anteil von unter zwei Prozent positiver Corona-Tests festgestellt.
Virologin Ciesek warnt vor vorschnellen Vergleichen
Die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek warnte in ihrem Podcast „ Coronavirus-Update “ davor, verschiedenen Altersgruppen von Kindern generell zu vergleichen. Sowohl Immunsystem und Verhalten von beispielsweise Kita-Kindern, Grundschülern und Teenagern seien dafür zu unterschiedlich. „Was wir wissen ist: Kinder können sich anstecken, sie können in seltenen Fällen auch schwer erkranken und sie können das Virus weiter geben an Mitschüler und Lehrer“, sagte Ciesek . Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ betonte die Virologin jedoch genauso, dass ihr keine Studien über eine besonders hohe Corona-Dunkelziffer bei Kindern bekannt sei.
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In ihrer gemeinsamen Stellungnahme betonen auch die Kinderärzte: „Es steht außer Frage, dass Kinder und Jugendliche sich infizieren und auch das Virus weitergeben können.“ Es gebe jedoch „deutlich Hinweise, dass die Infektionsquellen in der Mehrzahl außerhalb des schulischen Bereiches liegen, so dass neben den notwendigen Hygienemaßnahmen in den Schulen es weitere außerschulische Ansätze zur Eindämmung der Pandemie geben muss“.
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(afp/jas)