An Rhein und Ruhr. Verliert die SPD ihre „rote Herzkammer“? Gewinnen die Grünen die ersten Chefsessel in Großstädten? Ein Überblick über die wichtigsten Duelle.
Am Sonntag sind viele Bürger in NRW aufgerufen, erneut in das Wahllokal zu gehen: In 117 Kommunen, darunter 15 kreisfreien Städten und elf Landkreisen werden Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte in einer Stichwahl ermittelt. Kein Kandidat kam dort bei den Kommunalwahlen am 13. September auf über 50 Prozent der Stimmen.
Die bei den Kommunalwahlen abgestrafte SPD wird mit einer Mischung aus Bangen und Spannung insbesondere auf Düsseldorf und Dortmund schauen. In der Landeshauptstadtkönnte Oberbürgermeister Thomas Geisel nach nur einer Wahlperiode gezwungen werden, den Chefsessel im Rathaus wieder zu verlassen. Am 13. September landete Geisel mit 26,3 Prozent weit hinter CDU-Herausforderer Stephan Keller, der 34,2 Prozent einfuhr.
Keine Wahlempfehlung der Grünen
Dass ein so üppiger Rückstand keine Vorwegnahme des Stichwahlergebnisses sein muss, hat Geisel allerdings selbst bewiesen: Vor sechs Jahren holte er in der Stichwahl einen Acht-Prozentpunkte-Rückstand auf und löste den CDU-Amtsinhaber Dirk Elbers ab.
Von den Düsseldorfer Grünen gibt es keine offizielle Wahlempfehlung. Einzelne Vertreter senden sehr unterschiedliche Signale. Wichtige Vertreter der Kreispartei bevorzugen Schwarz-Grün, die lokale Partei-Ikone Günter Karen-Jungen – ein ehemaliger Bürgermeister - hingegen wirbt offen für Geisel.
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In Dortmund, der viel zitierten Herzkammer der Sozialdemokratie, könnte das erste Mal seit 1946 ein CDU-Oberbürgermeister ins Rathaus einziehen. Der SPD-Kandidat Thomas Westphal fuhr zwar mit 35,8 Prozent ein deutlich besseres Ergebnis ein als der frühere Bürgermeister des sauerländischen Altena, Andreas Hollstein, der 25,8 Prozent holte.
Jedoch wird Hollstein bei der Stichwahl von den Grünen unterstützt, die nach der Kommunalwahl mit dem Christdemokraten Kooperationen bei verschiedenen Projekten vereinbarten, etwa dem Ausstieg aus der Steag-Beteiligung. Hollstein ist als Bürgermeister von Altena durch seine progressive Flüchtlingspolitik bundesweit bekannt geworden, 2017 wurde ein Messer-Attentat auf ihn verübt.
Knappes Ergebnis in Mülheim
Denkbar knapp ging die OB-Wahl in Mülheim vor zwei Wochen aus. 25,4 Prozent der Mülheimer votierten für den CDU-Kandidaten Marc Buchholz, 25,3 Prozent für die SPD-Kandidatin Monika Griefahn, die frühere niedersächsische Umweltministerin. Der SPD droht der Verlust einer weiteren Großstadt im Ruhrgebiet, zumal sich führende Grüne für den Kandidaten der CDU aussprachen.
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In Oberhausen scheint das Rennen hingegen ausgemacht: Dort hatte Amtsinhaber Daniel Schranz (CDU) vor zwei Wochen 45,5 Prozent geholt, sein Herausforderer Thorsten Berg (SPD) landete bei 29,7 Prozent. Sollte Buchholz gewinnen und Daniel Schranz im Amt bestätigt werden, so würde die CDU die Rathauschefs in allen drei MEO-Städten stellen – nämlich in Mülheim und Oberhausen und Essen, wo Thomas Kufen schon am 13. September wiedergewählt worden war.
Als gemeinsame Kandidatin von Grünen und CDU will in Köln, der größten Stadt Nordrhein-Westfalens, die parteilose Amtsinhaberin Henriette Reker ihren Chefposten im Rathaus verteidigen. Für einen Wechsel spricht wenig, ihr Herausforderer Andreas Kossiski von der SPD erhielt bei den Wahlen vor zwei Wochen nur 26,8 Prozent, Reker hingegen kam auf 45,1 Prozent.
Grüne vor einem Triumphzug?
Für die Grünen könnten die Stichwahlen ohnehin zu einem Triumphzug werden. Theoretisch könnten sie künftig in vier kreisfreien Städten die Oberbürgermeister stellen, in Aachen, Bonn, Münster und Wuppertal. Die besten Chancen rechnen sich die Grünen in Aachen aus, wo Sibylle Keupen am 13. September mit 38,9 Prozent weit vor dem CDU-Kandidaten Harald Baal (24,8 Prozent) landete. Keupen ist kein Grünen-Mitglied, was sie von Uwe Schneidewind unterscheidet.
Schneidewind war früher Leiter des renommierten Wuppertal-Institutes, hat ein grünes Parteibuch und ist in Wuppertal gemeinsamer Kandidat von Grünen und CDU. Vor zwei Wochen landete er mit 40,8 Prozent knapp vor SPD-Amtsinhaber Andreas Mucke.
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In Bonn und Münster wiederum werden die Grünen Kandidaten Katja Dörner und Peter Todeskino von der SPD unterstützt. In Bonn könnte es für Amtsinhaber Ashok-Alexander Sridharan (CDU) eng werden, in Münster lag der ebenfalls christdemokratische Amtsinhaber Markus Lewe mit 44,5 Prozent deutlich vor seinem grünen Herausforderer Todeskino, der am 13. September auf 28,4 Prozent gekommen war.
In Krefeld unterstützen die Grünen Amtsinhaber Frank Meyer von der SPD, der beim Urnengang vor zwei Wochen mit 43,37 Prozent deutlich vor seiner Herausforderin Kerstin Jensen (CDU, 25,57 Prozent) landete. Ein Wechsel gilt als eher unwahrscheinlich.
Hoffnung der SPD am Niederrhein
Hoffnung kann sich die SPD in einer anderen Stadt am Niederrhein machen. In Mönchengladbach, wo die Christdemokraten traditionell stark sind, kam der erst 31-jährige Sozialdemokrat Felix Heinrichs bei den OB-Wahlen vor zwei Wochen auf 37,5 Prozent. Sein Gegenkandidat von der CDU, Amtsinhaber Frank Boss landete bei 29,6 Prozent, von einer Wahlempfehlung sahen die Grünen als drittstärkste Kraft in Mönchengladbach ab.
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Die Sozialdemokraten blicken zudem erwartungsfroh auf Hamm, wo sich beim ersten Wahlgang am 13. September ein „Helmut-Kohl-Effekt“ andeutete: Nach 21 Jahren im Amt kam Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) mit 37,41 Prozent der Stimmen nur als Zweitplatzierter in die Stichwahl, für die SPD lag der Landtagsabgeordnete Marc Herter mit 40,68 Prozent der Stimmen vorn.
Hunsteger-Petermann ist kommunalpolitisch sehr profiliert, u. a. durch seine Arbeit beim Städtetag. In der vergangenen Woche machte Hamm als Corona-Hotspot bundesweit Schlagzeilen. Das Krisenmanagement könnte nun mit den Ausschlag dafür geben, für wen sich die Bürger in Hamm als Rathauschef entscheiden.
Spannung im Kreis Wesel
Spannend wird es auch bei den Landratswahlen im Kreis Wesel. Dort holte der SPD-Kandidat Peter Paic vor zwei Wochen 30,96 Prozent, der CDU-Kandidat Ingo Brohl 36,39. Im Kreis Kleve wird Peter Driessen zwar von einer breiten Koalition aus SPD, Grünen, FDP und Vereinigten Wählergemeinschaften unterstützt. Wenn eram Sonntag den 24-Punkte-Rückstandauf die CDU-Kandidatin Silke Gorißen aufholen sollte, wäre das aber wohl unter Sensation zu verbuchen.
In Dinslaken ist am Sonntag bei der Bürgermeister-Stichwahlein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Amtsinhaber Michael Heidinger (SPD) und der parteilosen, aber von CDU und Grünen unterstützten Michaela Eislöffel zu erwarten. Nach dem Urnengang vor zwei Wochen lagen die beiden nur vier Prozentpunkte auseinander, wobei Heidinger die Nase vorn hatte.
Bei der Stichwahl in Moer s erhofft sich der Landtagsabgeordnete Ibrahim Yetim (SPD) eine Aufholjagd gegenüber Amtsinhaber Christoph Fleischhauer (CDU). Der Christdemokrat lag vor 14 Tagen acht Prozentpunkte vor Yetim.