Berlin. In Deutschland gelten seit dem 1. Juli reduzierte Mehrwertsteuersätze. Wir sagen Ihnen, was das bedeutet und wo Sie sparen können.

  • Die Bundesregierung hat zum 1. Juli eine Mehrwertsteuersenkung eingeführt
  • Der reguläre Mehrwertsteuersatz sinkt von 19 auf 16 Prozent, der ermäßigte Steuersatz von sieben auf fünf Prozent
  • Die reduzierten Sätze gelten bis zum 31. Dezember
  • Die Händler sind allerdings nicht verpflichtet, die Steuersenkung an die Verbraucher weiterzugeben
  • Wer profitiert am meisten von der Mehrwertsteuersenkung? Und gibt es einen Unterschied zur Umsatzsteuer? Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten

Nach dem Corona-Lockdown soll der Konsum wieder angekurbelt und Verbraucher in die Geschäfte gelockt werden: Einkäufe im Supermarkt, Möbelhaus oder Elektromarkt sollen für ein halbes Jahr billiger werden.

Dafür sinkt der Mehrwertsteuersatz vom 1. Juli bis zum 31. Dezember von 19 auf 16 Prozent. Der ermäßigte Satz, der für viele Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs gilt, wird von sieben auf fünf Prozent reduziert. Die Mehrwertsteuersenkung ist Teil des 130 Milliarden Euro schweren Corona-Konjunkturpakets.

Mehrwertsteuer-Senkung als Teil des Konjunkturpakets beschlossen

Für ein halbes Jahr müssen Unternehmen in Deutschland weniger Mehrwertsteuer zahlen. Die damit verbundene Hoffnung: Die Geschäfte geben die Steuersenkung an Verbraucher und Verbraucherinnen weiter und der Konsum wird angekurbelt. Ob das aber so funktioniert, ist umstritten.

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    Wie wird die Mehrwertsteuer gesenkt?

    Mehrwertsteuer zahlt man in Deutschland jedes Mal, wenn man etwas kauft. Im Supermarkt steht sie in der Regel nicht auf dem Preisschild, sondern erst auf dem Kassenzettel. Auch bei größeren Anschaffungen etwa im Möbel- oder Autohaus sieht man sie auf der Rechnung.

    Es gibt zwei unterschiedliche Sätze: den regulären von 19 Prozent und den ermäßigten von sieben Prozent für Güter des Grundbedarfs, die besonders erschwinglich sein sollen. Beide Steuersätze sind nun gesenkt worden – auf 16 beziehungsweise fünf Prozent.

    Unterschied zwischen Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer?

    Es gibt keinen für Unternehmer relevanten Unterschied zwischen der Umsatzsteuer und der Mehrwertsteuer. Zumindest in Deutschland meint man mit Umsatzsteuer und Mehrwertsteuer immer die selbe Steuerart. Richtig ist aus deutscher Sicht die Bezeichnung „Umsatzsteuer“, denn es gibt ein „Umsatzsteuergesetz“ (UStG), aber kein „Mehrwertsteuergesetz“. Umgangssprachlich wird aber häufiger die Bezeichnung Mehrwertsteuer verwendet.

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      Wie lange gilt die Steuersenkung?

      Die neuen Steuersätze sollen vom 1. Juli bis 31. Dezember gelten. Die Parteivorsitzenden von CDU und SPD schließen eine Verlängerung der geplanten Mehrwertsteuersenkung über das Jahresende hinaus aus. „Der Impuls, dass die Kauflaune dadurch angeregt wird, kommt vor allem dadurch, dass die Absenkung zeitlich befristet ist“, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans betonte ebenfalls: „Es ist jetzt definitiv festgelegt: Die geht für ein halbes Jahr runter.“

      Spare ich als Verbraucher dadurch Geld?

      Das ist das Ziel – aber es ist noch nicht ganz sicher. Unternehmen, Dienstleistern und Geschäftstreibenden steht es nach Angaben der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen im Rahmen der üblichen Preisgestaltung frei, ihre Preise beizubehalten und dadurch ihre Gewinnspanne zu erhöhen. Und laut Preisangabenverordnung muss Kunden der Endpreis von Waren und Dienstleistungen inklusive aller Steuern und Nebenkosten angegeben werden. Nur bei Verträgen, in denen die Mehrwertsteuer separat ausgewiesen ist, können Verbraucher also kontrollieren, ob die Senkung weitergegeben wird oder nicht.

      Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Handel aufgefordert, die Steuersenkung an die Verbraucher und Verbraucherinnen weiterzugeben – zwingen kann er die Geschäfte aber nicht.

      Wer profitiert vom Milliarden-Konjunkturpaket?

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        Annegret Kramp-Karrenbauer sagte dazu: „Wir setzen auf die Vernunft und die Klugheit der Unternehmen selbst und natürlich auch auf den mündigen Konsumenten.“Insbesondere bei Waren mit dem vollen Mehrwertsteuersatz und bei hochpreisigen Produkten falle die Absenkung durchaus ins Gewicht. „Kein kluges Unternehmen“ wolle hier Debatten mit verärgerten Kunden riskieren, zeigte sich Kramp-Karrenbauer überzeugt. Sie setze auf eine „Schwarmintelligenz“ der Verbraucher und auch das wachsame Auge von Verbraucherschutzorganisationen. Mehrwertsteuersenkung sorgt für Ärger: Warum Insolvenzen drohen

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        Wie viel könnte die Ersparnis ausmachen?

        Je teurer man einkauft, desto mehr kann man theoretisch sparen. Bei einer Flasche Saft für jetzt 99 Cent macht die Steuersenkung zwei Cent aus, bei einer Waschmaschine für 700 Euro bereits 15 Euro. Lässt der Händler den Verkaufspreis trotzdem gleich, macht er entsprechend mehr Gewinn – ändert er ihn, sparen die Verbraucher. Ob ein Supermarkt deswegen allerdings von werberelevanten Preisen wie 1,99 Euro abrücken wird, ist offen.

        Wer profitiert besonders?

        In absoluten Zahlen werden diejenigen besonders viel Geld sparen, die teuer einkaufen – also voraussichtlich Gutverdiener. Zugleich aber ist die Mehrwertsteuer bei Geringverdienern oft die einzige Steuer, die sie in nennenswerter Höhe zahlen. Einer DIW-Studie zufolge belastet die Mehrwertsteuer relativ gesehen Haushalte mit geringem Einkommen überproportional – die Senkung käme bei ihnen also auch überproportional an.

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        Werden auch die Deutsche Bahn und öffentliche Verkehrsmittel billiger?

        Auch die Deutsche Bahn gibt die Mehrwertsteuersenkung weiter. Super Sparpreis-, Sparpreis- und Flexpreis-Tickets sind seit dem 1. Juli um 1,9 Prozent günstiger. Für den günstigsten Spar-Ticket auf Fernstrecken zahlen Reisende 17,50 Euro statt bislang 17,90 Euro (ohne Bahncard). Rabatt gibt es auch bei den Bahncards: So ist die Probe BahnCard 25 (2. Klasse) seit dem 1. Juli ebenfalls für 17,50 Euro (bisher: 17,90 Euro) erhältlich.

        Im Nahverkehr mit den zahlreichen Verkehrsverbünden und der Beteiligung der Kommunen ist das Vorgehen dagegen uneinheitlich. In einigen Regionen wird die Senkung weitergegeben, obwohl sie häufig nur wenige Cents ausmacht.

        Gibt die Modebranche die Senkung an ihre Kunden weiter?

        Die Modebranche wirbt um Verständnis für Textilhändler, die die Mehrwertsteuersenkung nicht an ihre Kunden weitergeben. Manche Geschäfte benötigten das Geld ähnlich wie die Gastronomie, um ihre eigene Existenz zu sichern, erklärte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Textil (BTE), Siegfried Jacobs. Denn Textil-, Schuh- und Lederwarenhandel seien weiterhin „die großen Verlierer der Corona-Krise“.

        „Dies ist auch ein kleiner Beitrag zum Erhalt attraktiver Innenstädte, die immer noch erheblich unter der Corona-Krise leiden“, sagte der Branchensprecher. Jacobs verwies auch darauf, das die Kunden zurzeit ohnehin in vielen Mode-Geschäften schon von saisonüblichen Rabatten profitierten, die deutlich über die Mehrwertsteuer-Senkung hinausgingen.

        Bringt die Steuersenkung wirklich mehr Nachfrage?

        Das ist umstritten. Wirtschaftswissenschaftler wie Thiess Büttner von der Universität Erlangen-Nürnberg gehen davon aus, dass zwar erst einmal viel gekauft wird, Verbraucher viele Anschaffungen aber nur vorziehen. Für das erste Quartal 2021 – wenn die Mehrwertsteuer wieder auf Normalniveau ist – sei dann wieder ein Einbruch im Konsum zu erwarten.

        Was kostet die Steuersenkung den Staat?

        Das Finanzministerium geht davon aus, dass in diesem Jahr dadurch rund 20 Milliarden Euro weniger Steuern reinkommen. Das sei aber zu verschmerzen, wenn dadurch die Wirtschaft wieder auf die Beine komme und zugleich den Bürgern geholfen sei, meint Finanzminister Scholz. Denn Rettungspakete für große Unternehmen können weit mehr kosten. Lesen Sie hier: So bekommen Familien den Kinder-Bonus von 300 Euro.

        Ist die Mehrwertsteuersenkung eine versteckte Autokaufprämie?

        Das hat CSU-Chef Markus Söder so angedeutet: Angesichts der Mehrwertsteuersenkung sei verschmerzbar, dass es keine Autokaufprämie für Verbrenner geben werde. Die Autobauer versicherten sogleich, sie wollten den Preisvorteil voll an ihre Kunden weitergeben. Doch die Wirkung wird bei den meisten Autos weit weg von dem sein, was sich die Hersteller bei einer Prämie erhofft hatten. Selbst ein Auto für 30.000 Euro würde nur rund 650 Euro günstiger werden. Ob das Verbraucher zum Kauf bewegt, die eigentlich kein neues Auto brauchen, ist ungewiss.

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          Was gilt, wenn eine Ware früher bestellt wurde, aber erst nach dem 1. Juli geliefert wird?

          Entscheidend ist in der Regel das Datum der Lieferung oder der erbrachten Leistung. Wird die Lieferung verschickt, dann gilt das Versanddatum, also nicht das der Bestellung.

          Ein Beispiel: Hat ein Kunde am Anfang des Jahres ein Angebot für eine Renovierung eingeholt, die zwischen dem 1. Juli und 31. Dezember 2020 ausgeführt werden soll, darf in der Rechnung nur die 16-prozentige Mehrwertsteuer zugrunde gelegt werden. Dass im Kostenvoranschlag noch 19 Prozent angesetzt worden sind, ist nun unerheblich. Auch wenn der Handwerker seine Rechnung erst nach dem 31. Dezember 2020 verschickt, gilt trotzdem der 16-prozentige Mehrwertsteuersatz aus dem Zeitraum der erbrachten Leistung. Das gilt so auch für Teilleistungen.

          Was bedeutet die Senkung der Steuer für die Gastronomie?

          Dank des neuen Konjunkturpakets sollen nun auch Übernachtungen und Außerhauslieferungen mit fünf statt sieben Prozent besteuert werden. Als Corona-Ausgleich sinkt der Umsatzsteuersatz für Essen im Restaurant von 19 auf 7 Prozent, nicht aber für Getränke. Die werden mit 16 Prozent besteuert.

          Auf der Internetseite der Bundesregierung heißt es dazu: „Der Mehrwertsteuersatz für Speisen in Restaurants und Gaststätten wird von 19 auf sieben Prozent abgesenkt. Das soll das Gastronomiegewerbe in der Zeit der Wiedereröffnung unterstützen und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Beschränkungen mildern. Die Regelung gilt ab dem 1. Juli 2020 und ist bis zum 30. Juni 2021 befristet.“

          (jb/dpa/afp)