Berlin. Das neue Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat den Bundestag passiert. Es sieht Steuerentlastungen in Höhe von 8,5 Milliarden Euro für Familien und Unternehmen vor. Allerdings muss noch der Bundesrat zustimmen. Der Präsident des Bundesrates rechnet jedoch mit einer Ablehnung.
Der Bundestag hat als erstes Gesetzespaket der Legislaturperiode Steuersenkungen in Höhe von 8,5 Milliarden Euro beschlossen. 322 Abgeordnete stimmten am Freitag im Bundestag in namentlicher Abstimmung für die geplanten Steuererleichterungen, 246 dagegen. Wenn der Bundesrat dem «Wachstumsbeschleunigungsgesetz» am 18. Dezember zustimmt, kann das Gesetz zum 1. Januar in Kraft treten. Angesichts der durch das Gesetz zu erwartenden Mindereinnahmen, wovon im Schnitt 3,9 Milliarden Euro pro Jahr auf Länder und Kommunen entfallen, wächst jedoch selbst unter Unions-geführten Ländern die Kritik.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verwies darauf, dass es auch im Interesse der Länder sei, «dass wir gut aus der Krise herauskommen.» Die steuerlichen Rahmenbedingungen seien entscheidend für die internationale Wettbewerbsfähigkeit, betonte der Minister. Mit den geplanten Maßnahmen würden «an wichtigen Stellen schnelle Impulse gesetzt, die zu unternehmerischen Investitionen ermutigen und die Konsumnachfrage stärken», sagte der Chef der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach. Ohne Wachstum gebe es keine Nachfragebewegung, keine Arbeitsplätze, keine Investitionen und auch keine Haushaltskonsolidierung, sagte der CSU-Politiker.
Opposition kritisiert das Gesetzespaket
Die Opposition kritisierte das Gesetzespaket als «Wachstumsverhinderungsgesetz» und «Schuldenbeschleunigungsgesetz». Es handle sich um «eine Ansammlung von Regelungen, die zu mehr Bürokratie führen, Einzelinteressen bedienen und außerdem sozial unausgewogen sind», sagte die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Nicolette Kressl. Grünen-Finanzexperte Fritz Kuhn monierte, das Gesetz enthalte starke Elemente von Willkür, Bürokratie und sozialer Ungerechtigkeit. Er kritisierte insbesondere die zusätzlichen Mindereinnahmen. Dies sei keine Stabilitätspolitik, die auf Vertrauen ausgerichtet sei.
Linke-Fraktionschef Gregor Gysi bemängelte, das Steuerpaket tauge kaum, um die Wirtschaft zu beleben oder einen sozialen Ausgleich zu schaffen. Familien mit niedrigen Einkommen würden von den Steuerentlastungen ebenso wenig profitieren wie «Hartz IV». Bezahlen solle die Mitte der Gesellschaft. «Sie begünstigen ausschließlich die Reichen», bemängelte Gysi und sprach sich dafür aus, den Spitzensteuersatz anzuheben und eine Millionärssteuer einzuführen.
Kinderfreibetrag und Kindergeld erhöhen
FDP-Fraktionsvize Carl-Ludwig Thiele wies den Vorwurf der Klientelpolitik zurück. Zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz gehöre nicht nur die Erbschaftssteuer, sondern auch ein höheres Kindergeld und Kinderfreibeträge für die Familien. Und wenn jetzt nicht gezielt den Unternehmen geholfen werde, würden zahlreiche Arbeitsplätze gefährdet und die öffentlichen Haushalte langfristig belastet. Im Übrigen sollte nicht vergessen werden: «Nicht der Staat finanziert die Bürger, sondern die Bürger finanzieren den Staat.»
Das Gesetz sieht unter anderem vor, den Kinderfreibetrag und das Kindergeld zu erhöhen. Derzeit bekommen Eltern für das erste und zweite Kind jeweils 164 Euro, für das dritte 170 sowie für das vierte und alle weiteren Kinder 195 Euro. Das Kindergeld soll um jeweils 20 Euro aufgestockt werden, der Kinderfreibetrag von derzeit 6024 Euro auf 7008 Euro. Außerdem soll es Verbesserungen für Firmen und Erben durch Änderungen bei der Unternehmens- und der Erbschaftssteuer geben. Gleichzeitig sind Erleichterungen für Hoteliers durch einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz bei Übernachtungen vorgesehen.
Bundesratspräsident rechnet mit Ablehnung
Der Bremer Bürgermeister und Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD) rechnet derweil mit einer geschlossenen Ablehnung des Gesetzes im Bundesrat. «Ich setze darauf, dass es eine weitgehend gemeinsame Linie der Länder gibt», sagte Böhrnsen am Freitag im Deutschlandfunk. Es gehe nicht um Parteifarben, sondern darum, «ob wir vor Ort in den Ländern, Städten und Gemeinden unsere Aufgaben erfüllen können». Der Bundesrat muss dem Gesetz auf seiner Sitzung am 18. Dezember zustimmen. (ddp)