Berlin. Das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz könnte am Widerstand im Bundesrat scheitern - da die Länder Belastungen fürchten. Auch Unions-geführte Regierungen scheren aus. Jetzt wird gefeilscht: Der Bund bietet im Gegenzug Erleichterungen bei den Hartz-Zahlungen an.

Im Steuerstreit zwischen Bund und Ländern verstärken die CDU-Ministerpräsidenten den Druck auf die schwarz-gelbe Bundesregierung. Nach den Regierungschefs in Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt drohte am Samstag auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) mit einer Blockade der geplanten Steuerentlastungen im Bundesrat. Die Länderchefs versuchen, dem Bund einen finanziellen Ausgleich für die Steuermindereinnahmen abzutrotzen. Nach einem Medienbericht ist ein Entgegenkommen des Bundes bei den Kosten für die Unterbringung von «Hartz IV»-Empfängern im Gespräch. Die SPD appellierte an die CDU-Ministerpräsidenten, das Gesetz im Bundesrat scheitern zu lassen.

Entlastungen für Erben und Hoteliers

Das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz sieht Entlastungen für Eltern, Erben, Unternehmer und Hoteliers vor und soll am 1. Januar 2010 in Kraft treten. Der Bundestag hatte das Gesetz am Freitag beschlossen, die Zustimmung im Bundesrat steht jedoch noch aus - und die Mehrheit in der Länderkammer wackelt.

Müller kritisierte, das geplante Gesetz belaste die Länder zusätzlich. «Wir können die Lasten nicht tragen», sagte er. Das stehe einer Zustimmung zum Gesetz entgegen. Zuvor hatten bereits Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (beide CDU) mit einem Nein gedroht, wenn es keine finanzielle Kompensation gebe. Hamburgs Regierungschef Ole von Beust (CDU) hatte die Länder in der Frage gleich zum vereinten Widerstand gegen den Bund aufgefordert.

Der designierte Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus (CDU), kritisierte die ablehnende Haltung der Länderkollegen. Alle Ministerpräsidenten hätten vor der Wahl die Zusagen gekannt. «Jetzt öffentlich quasi dazu aufzurufen, das Gegenteil zu sagen, halte ich für illoyal und für die CDU schädlich», sagte Mappus.

Krisentreffen mit Carstensen

Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Focus» planen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) ein Krisentreffen mit Carstensen und dem schleswig-holsteinischen FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki am 13. Dezember in Berlin. Laut einem «Spiegel»-Bericht gibt es erste Ansätze für eine gütliche Lösung. Im Gespräch sei ein Entgegenkommen des Bundes bei den Kosten für die Unterbringung von «Hartz IV»-Empfängern, berichtete das Magazin unter Berufung auf Kreise der Kieler Landesregierung.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) bestätigte Gespräche über Änderungen bei «Hartz IV», nannte sie jedoch «eine weitere Baustelle», die «in erster Linie die kommunale Ebene und deren steigende Belastungen auf der Ausgabenseite» berühre. Erst am Freitag hatte der Bundestag mit den Stimmen von Union und FDP beschlossen, die Beteiligung des Bundes an den Wohn- und Heizungskosten für «Hartz IV»-Empfänger zu senken.

Westerwelle äußerte sich optimistisch, dass das Gesetz pünktlich zum 1. Januar in Kraft treten werde und tat die laufenden Auseinandersetzungen als «verständliche kleine Rütteleien» ab. Auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) zeigte sich überzeugt von einer Bundesratsmehrheit für das Gesetz.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles appellierte an die Länderchefs, an ihrem Widerstand festzuhalten. Sie befürchte aber, dass sich die CDU-Ministerpräsidenten in der Frage von Merkel «kaufen lassen». SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, Merkel sei offenbar «drauf und dran», ein «weiteres Versprechen zu brechen», indem sie entgegen ihrer Ankündigung, den Ländern keine Ausgleichzahlungen anzubieten, nun doch eine solche Kompensation ins Auge fasse. (ddp)