Dortmund. Neuwahlen, Wahlwiederholung – oder bleibt alles beim Alten in Dortmund? Ein von allen Ratsfraktionen bestellter Gutachter hatte sich dafür ausgesprochen, die Kommunalwahl als Folge der „Haushaltslüge” für ungültig erklären zu lassen. Nun tut man sich schwer mit der Bewertung der Studie.

Viele gehen aber davon aus, dass sich der Rat kaum gegen ein Gutachten stellen kann, das er selbst in Auftrag gegeben hat. Für den Arnsberger Regierungspräsidenten Helmut Diegel (CDU), der das Feld der insgesamt 350 Einsprüche gegen die Dortmunder Wahl anführt, weist das Gutachten sogar weit über Dortmund hinaus. „Der Gutachter stärkt dem eigentlichen Souverän, dem Rat der Stadt, den Rücken”, sagte Diegel der WAZ. Verwaltungsrechtler Martin Beckmann habe sein Gutachten zudem juristisch erstaunlich breit abgesichert, es fuße auf einer Fülle von Urteilen.

Diegel, einer der schärfsten Kritiker des früheren Dortmunder Oberbürgermeisters Gerhard Langemeyer (SPD), billigt dem über 80 Seiten starken Papier dabei „Präventivcharakter” für die Politik insgesamt zu. „Hier wird doch festgeschrieben, dass der Bürger Anspruch auf Transparenz hat.” Wie berichtet, kritisiert der Gutachter Dortmunds Ex-OB und seine Kämmerin deutlich, wirft beiden unter anderem Verschleierung in Zusammenhang mit der Haushaltslage der Stadt vor. Langemeyer habe es – vor der Wahl – „pflichtwidrig unterlassen”, den Stadtrat über die sich abzeichnende Schieflage des Haushalts zu unterrichten.

Die SPD ist konsterniert

Dass die Wahl wiederholt werden muss, daran zweifelt Diegel nicht mehr. Wie das Prozedere ablaufen kann, lässt er die Kommunalaufsicht gerade prüfen. Viel hängt an der Entscheidung des ebenfalls in den „Wahlbetrug” verwickelten neuen Oberbürgermeisters Ullrich Sierau (SPD). Der hat sich zum Gutachten bisher nicht konkret geäußert, verweist – wie seine Partei – auf Beratungsbedarf. Dortmunds SPD ist konsterniert. Kürzlich hatte sie ein eigenes Gutachten vorgelegt, das – nicht ganz überraschend – zu einem gegensätzlichen Urteil kam. Sicher ist: Sollte Sierau zurücktreten, käme es zur Neuwahl des OB. Die Konsequenz: Die Parteien könnten neue Kandidaten aufstellen. Bleibt Sierau im Amt und stimmt der Rat dem Gutachten zu, würde die Kommunalwahl wiederholt – mit den selben Kandidaten.

Vergleichbar, aber mit umgekehrten Mehrheiten, die Lage in der 238 000-Einwohner-Stadt Krefeld. Dort hatte der Kämmerer elf Tage nach der Kommunalwahl überraschend ein 60-Millionen-Euro-Loch im Haushalt bekannt gegeben. CDU-Oberbürgermeister Gregor Kathstede, der mit nur 406 Stimmen Vorsprung vor SPD-Kandidat Uli Hahnen im Amt bestätigt wurde, hatte dagegen im Wahlkampf die Finanzlage der Stadt als entspannt dargestellt. Sozialdemokrat Hahnen sieht sich in seiner Forderung nach Neuwahlen in Krefeld nun durch das Gutachten für Dortmund bestätigt.

SPD-Landeschefin Hannelore Kraft will sich nicht zu den Forderungen nach Neuwahlen in Dortmund und Krefeld äußern. Der Gelsenkirchener OB und Sprecher der SPD Ruhrgebiet, Frank Baranowski, zur WAZ: „Sierau muss selbst entscheiden, wie lange er die Belastung noch ertragen will.” Für den Vorsitzenden der CDU Ruhr, Oliver Wittke, steht hingegen fest: „An Neuwahlen in Dortmund führt kein Weg mehr vorbei.”