Potsdam. Platzeck hat die Wahl - denn die SPD steht in Brandenburg wohl vor einem erneutem Wahlsieg. Selten verlief ein Wahlkampf so entspannt: Johanna Wanka verteilt Rezepte, Kerstin Kaiser singt Lieder und Matthias Platzeck lädt zu Sommerabenden. Jeder kämpft im Kleinen für sich selbst.

Konfrontation ist nicht angesagt in diesem Wahlkampf: Selten verlief die Vorbereitung der Parteien auf eine Landtagswahl in Brandenburg so entspannt wie in diesem Jahr.

Die Kandidaten schonen ihre jeweiligen Gegner. CDU-Spitzenkandidatin Johanna Wanka verteilt Rezepte, Linke-Spitzenkandidatin Kerstin Kaiser singt Lieder und SPD-Spitzenkandidat Matthias Platzeck veranstaltet Sommerabende. Nur hier und da stichelt einer gegen den anderen, im Wesentlichen kämpft jeder einfach für sich selbst.

Platzek hat die Nase vorn

Am Ende wird bei der Brandenburg-Wahl am Sonntag wohl wieder Platzeck die Nase vorne haben. Der 55 Jahre alte Ministerpräsident der rot-schwarzen Koalition hatte die SPD schon 2004 zum Wahlsieg geführt. Bei jüngsten Umfragen kam die SPD auf 32 bis 34 Prozent. Die Linke lag bei 27 bis 28 Prozent, die CDU bei 21 bis 22 Prozent.

Wahrscheinlich also werden die Sozialdemokraten wie schon bei allen Wahlen seit 1990 gewinnen. Politologe Bernhard Muszynski von der Universität Potsdam sagt: «Die SPD dürfte es wieder schaffen. Die Linke wird stark, aber nicht stärker als die SPD.» Nach Ansicht von Politikwissenschaftler Jürgen Dittberner ist die SPD allein wegen Platzeck als «Mister Brandenburg» der große Favorit.

"Das Rennen ist offen"

Platzeck selbst gibt sich noch zurückhaltend und behauptet: «Das Rennen ist offen.» Seine Sorge: Anders als die Linke könnte die SPD wie schon bei früheren Wahlen ihr Potenzial nicht ausschöpfen. Auch Muszynski sagt, etliche SPD-Wähler könnten am Sonntag zu Hause bleiben, weil sie denken, das Ding sei eh gelaufen.

Aber auch im Falle einer Niederlage gegen die Linke könnte die SPD weiterhin den Regierungschef stellen. Die Frage ist nur, ob das das auch Platzeck wäre. Die Linke jedenfalls würde als Wahlgewinner keinen Koalitionspartner finden. Einerseits ist eine Ministerpräsidentin mit Stasi-Vergangenheit kaum denkbar - Linke-Spitzenkandidatin Kaiser hat als junge Studentin Kommilitonen bespitzelt.

Andererseits würde die SPD nicht als Juniorpartner in eine rot-rote Regierung gehen. Konstellationen der Linken mit anderen Parteien sind schlichtweg unrealistisch. Also würde alles auf eine weitere Zusammenarbeit von SPD und CDU hinauslaufen.

Den Partner aussuchen

Gewinnt die SPD wie erwartet, kann Platzeck sich einen Partner aussuchen: Neben der dritten Auflage des seit 1999 regierenden rot-schwarzen Bündnisses wäre auch eine rot-rote Regierung möglich. Muszynski verweist auf «beträchtliche Schnittmengen» zwischen SPD und Linke. Aus Sicht des Politologen sinken jedoch die Chancen für Rot-Rot, je näher beide Parteien sich im Wahlergebnis kommen.

Nach Auffassung von Dittberner ist Rot-Rot gleich aus mehreren Gründen wenig wahrscheinlich: Einerseits könne Platzeck als ehemaliger Bürgerrechtler der DDR schwer mit der Linken, andererseits sei er aus bundespolitischen Erwägungen kein Anhänger von Rot-Rot. Zudem hätte er es einfacher mit der schwächeren CDU. «Ich bin ziemlich sicher, dass es wieder Rot-Schwarz wird», fasst Dittberner zusammen.

Schönbohm fehlt Rückhalt der Partei

Platzeck wird sich dazu bis Sonntagabend nicht festlegen. Mit wem er künftig zusammenarbeitet, hängt auch maßgeblich von Personen ab. Der SPD-Politiker bekräftigt seit Wochen, dass es für eine Koalition auf jeder Seite Menschen für verlässliche Absprachen brauche. In der CDU war das lange Zeit Innenminister Jörg Schönbohm.

Der 72-Jährige tritt aber nach der Wahl ab. Auch Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns hat wohl keine Zukunft in der Regierung. Ihm fehlt trotz offensichtlicher Arbeitserfolge der Rückhalt in der Partei - er bewirbt sich auch nicht mehr um ein Landtagsmandat.

Wanka bleibt

Bleibt Wissenschaftsministerin und CDU-Spitzenkandidatin Wanka. Die Nachfolgerin der in den parteiinternen Machtkämpfen zerriebenen Parteichefs Schönbohm und Junghanns hat erst im Januar den Vorsitz in der CDU übernommen. Seit dem herrscht Ruhe in der Partei. Selbst der umstrittene Parteivize Sven Petke hält sich auffallend zurück. Doch die Ruhe könnte nach der Wahl vorbei sein.

Wankas Position hängt maßgeblich davon ab, ob die CDU ihr desaströses Ergebnis von 2004 deutlich verbessern kann. Falls nicht, könnten die parteiinternen Machtkämpfe wieder aufbrechen. Sollte Petke an die Macht streben, könnte es schwierig werden mit Rot-Schwarz: Führende Sozialdemokraten lehnen eine Zusammenarbeit mit Petke ab.

Das Parlament wird wohl bunter

Wie auch immer die Regierung am Ende aussieht, das Parlament dürfte bunter werden. Nach je 15-jähriger Abstinenz machen sich FDP und Grüne Hoffnungen auf den Einzug in den Landtag. Damit ergäbe sich für Platzeck sogar eine dritte Koalitionsmöglichkeit: nämlich eine Ampel. Bei der FDP scheint das Ziel des Einzugs in den Landtag realistischer: Die Liberalen erreichten bei den Umfragen zuletzt sieben bis acht Prozent. Für die Grünen wird es knapp, sie kamen nur auf vier bis fünf Prozent.

Relativ sicher sind sich Beobachter, dass die sechs Abgeordneten der rechtsextremen DVU nach zwei Legislaturperioden ihre Kisten packen müssen. Zugleich wird wohl die rechtsextreme NPD bei ihrem ersten Anlauf in Brandenburg keinen Erfolg haben. Beide Parteien kamen in den Umfragen zusammen auf gerade mal drei Prozent. (ddp)