Brüssel. Die Kommission steht - bis auf weiteres. Kommissionchef Barroso hat sein Team für die zweite Amtszeit beisammen. Angela Merkels Entsandter Günther Oettinger soll im Bereich Industrie und Energie zum Zuge kommen. Die Reifeprüfung steht dem neuen Team allerdings noch bevor.

Jose Manuel Barroso, der geschmeidige Portugiese an der Spitze der Brüsseler EU-Zentrale, hat die Riege für seine zweite Amtszeit beisammen. Mit den Kandidatinnen, die Dänemark und Holland als letzte der 27 EU-Staaten benannt haben, kann der Kommissionspräsident einen noch so eben präsentablen Frauenanteil – ein Drittel – vorweisen. Bevor sich das Team Barroso II an die Arbeit machen kann, müssen seine künftigen Mitarbeiter aber noch durch die Reifeprüfung im EU-Parlament.

Mit dem Lissabon-Vertrag ist gesichert, dass auch in Zukunft jedes Land mit „seinem“ Kommissar im Berlaymont, Sitz der Kommission, vertreten ist. Entsprechend der gegenwärtigen Kräfteverteilung in Europa sieht es in der Kommission aus: Der Chef und zwölf Kollegen kommen aus dem christdemokratischen Lager, acht sind Liberale, sechs Sozialdemokraten. Als erstes steht jetzt die spannende Frage an: Wer wird was? Klar ist das nur bei der Britin Catherine Ashton, die erste EU-Außenministerin („Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik“) wird.

Deutschland und Frankreich bei Laune halten

Ansonsten wird um die Schlüssel-Ressorts gerangelt. Barroso kommt nicht umhin, vor allem die großen, konservativ regierten Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Frankreich bei Laune zu halten. So steuert der erfahrene Franzose Michel Barnier, schon 1999-2004 Kommissar, auf das wichtige Binnenmarkt-Ressort zu. Angela Merkels Entsandter Günther Oettinger soll im Bereich Industrie und Energie zum Zuge kommen. Power-Posten erwarten auch die erneut nominierte Niederländerin Neelie Kroes (Telekom?) und der spanische Wiederkehrer Joaquin Almunia (Wettbewerb?).

Für Klimaschutz und und Bürgerrechte will Barroso neue Zuständigkeitsbereiche schaffen. Entfallen soll das Verlegenheitsressort „Multilingualismus“, das 2007 für das Neumitglied Rumänien installiert wurde. Barrosos Trumpf gegenüber sperrigen Regierungen ist der Verweis auf das empfindliche Parlament. Beim letzten Mal hatte ihm die Volksvertretung zwei Kandidaten aus seiner Aufstellung herausgekegelt. Wer im Januar bei den Anhörungen in den Fachausschüssen eine schwache Figur abgibt, muss bangen.

Lebenslauf gereinigt

Die meisten Spekulationen kreisen um die bulgarische Anwärterin und derzeitige Außenministerin Rumiana Jeleva, eine Vertraute des konservativen Premiers Bojko Borissow und Schützling der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung. Angriffspunkt könnte die gereinigte Version ihres offiziellen Lebenslaufs sein. Aus dem verschwand zum Beispiel der Hinweis auf das Aufsichtsratsmandat, das Jeleva 1996-98 für einen Privatisierungsfonds mit personellen Verbindungen zu früheren Stasi-Figuren innehatte. Besonders die Liberalen sind auf Jeleva nicht gut zu sprechen.

Bei den beiden großen Fraktionen – der christdemokratischen EVP und der sozialdemokratischen S&D – hält sich indes die Rauflust in Grenzen, zumal die Vergangenheit zweier sozialistischer Bewerber auch nicht lupenrein ist. Ohne Not werde man „kein politisches Spiel“ anfangen, versichert der stellvertretende EVP-Fraktionschef Manfred Weber. Und bei den Sozialisten heißt es: „Es gibt keinen, den wir abschießen wollen.“