Frankfurt. Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, bekommen ihr Erziehungsgeld offenbar doch in Form von Gutscheinen und nicht als Bargeld ausgezahlt. Das scheint das Ergebnis des Streits in der Regierungskoalition zu sein. Die CDU nähert sich damit ihrem Koalitionspartner FDP an.

Der Streit zwischen Union und FDP über das Betreuungsgeld verliert an Schärfe. Führende Politiker von CDU und CSU zeigen sich nun doch offen für das FDP-Modell einer Vergabe von Gutscheinen statt Bargeld an Familien, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Zugleich sprach sich Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen dafür aus, die Entscheidung darüber zu verschieben. Da die neue Leistung von 150 Euro im Monat erst 2013 eingeführt werden soll, bestehe kein Zeitdruck, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin.

Gutscheine als Bevormundung der Familien

Zuvor hatten sich der Hamburger Bürgermeister Ole von Beust, der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff und in begrenztem Maße auch CSU-Chef Horst Seehofer offen für die von der FDP propagierten Gutscheine gezeigt. Mit deren Ausgabe wollen die Liberalen verhindern, dass das Betreuungsgeld von den Familien gar nicht zugunsten der Kinder, sondern für andere Ausgaben verwendet wird. Das wiederum haben vor allem die CSU, aber auch große Teile der CDU bislang als Bevormundung der Familien strikt abgelehnt.

Der Hamburger Bürgermeister von Beust stellte sich aber nunmehr auf die Seite der FDP. «Aus großstädtischer Sicht habe ich die Erfahrung gemacht, dass Geld häufig nicht bei Kindern ankommt, sondern für andere Zwecke verwendet wird, für was auch immer», zitiert das «Hamburger Abendblatt» den CDU-Politiker. Auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Wulff zeigte sich laut «Nordwest-Zeitung» offen für Gutscheine.

Seehofer in Ausnahmefällen für Gutscheine offen

Der bayerische Ministerpräsident Seehofer signalisierte im «Handelsblatt» Bereitschaft für die Ausgabe von Gutscheinen statt Bargeld an Familien, die bereits beim Jugendamt auffällig geworden seien. «Das Betreuungsgeld kommt, und es kommt in bar», sagte er zur allgemeinpolitischen Diskussion. Dagegen lehnte das Deutsche Kinderhilfswerk das geplante Betreuungsgeld ganz ab. «Einerseits frühkindliche Bildung auszubauen und andererseits Eltern mit 150 Euro pro Kind zu überreden, diese nicht in Anspruch zu nehmen, ist idiotisch», sagte der Präsident der Organisation, Thomas Krüger. Die Pläne seien ein «Schmarrn», zitiert ihn die «Frankfurter Rundschau».

Familienministerin von der Leyen plädierte für eine Verschiebung der Entscheidung über die Art des Betreuungsgelds. «Wir nehmen uns Zeit», sagte die CDU-Politikerin in dem Fernsehinterview. Bis zur geplanten Einführung 2013 müssten offene Fragen in allen Facetten diskutiert werden. Das Konzept sei noch nicht rund, sagte von der Leyen.

"Kitas und Erziehung zu Hause nicht gegeneinander ausspielen"

Es sei noch nicht geklärt, welches Ziel erreicht werden solle: Wenn bessere Bildung das Ziel sei, sei «immer ein Gutschein ein kluger Gedanke». Wenn jedoch die Erziehungsleistung von Eltern honoriert werden solle, «dann muss man ein kluges System finden, das dazu führt, dass Kinder nicht aus der Kita ausgeschlossen werden». Erziehungskontrollen als Voraussetzung für das Betreuungsgeld könne es aber sicher nicht geben.

Ihren eigenen Lösungsansatz ließ von der Leyen bewusst offen. «Das werde ich jetzt nicht beantworten», sagte sie. Auch im Koalitionsvertrag sei die Frage nicht entschieden. Man dürfe die Erziehung zu Hause und die in der Kita nicht gegeneinander ausspielen. Gerade Kinder aus schwachen Familien könnten von der Erziehung in der Krippe profitieren. Es könne nicht sein, dass über eine Geldzahlung Fehlanreize gesetzt würden, die die Gesellschaft anschließend teuer zu stehen kämen.

Opposition lehnt Betreuungsgeld ab

Erneut scharfe Kritik an dem geplanten Betreuungsgeld übte die Opposition. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, forderte die schwarz-gelbe Koalition zu einer Abkehr von dem Projekt auf. «Das Betreuungsgeld gehört nicht verschoben, sondern weg», erklärte sie in Berlin. Kinder bräuchten stattdessen hochwertige Betreuungsangebote. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem «falschen Weg». Entscheidend sei nicht die Frage, ob das Betreuungsgeld in bar oder als Gutschein gewährt werde, sagte er in Berlin. Ein Zuschuss zur häuslichen Erziehung setze die falschen Anreize für Eltern und beschneide Chancen von Kindern aus schwierigen Verhältnissen. (ap)