Gelsenkirchen. Ein Film über die Therapie verhaltensauffälliger Kinder an einem Gelsenirchener Krankenhaus steht in der Kritik. Die Klinik wehrt sich.

Konsequente Erziehung oder Kindeswohlgefährdung? Eine Dokumentation über die Therapie verhaltensauffälliger Kinder an einem Krankenhaus in Gelsenkirchen hat eine Debatte über die Erziehung von Kindern ausgelöst. Empörte Eltern fordern die Absetzung des Films, der derzeit in ausgewählten Programmkinos läuft. Die Klinik verteidigt das Erziehungskonzept ihrer „Elternschule“.

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Für den gleichnamigen Film haben die Regisseure ein Jahr lang die Arbeit an der Kinder- und Jugendklinik begleitet. Die therapiert in ihrer Abteilung für Pädiatrische Psychosomatik Kinder, die etwa unter schweren Fütterungsstörungen oder Neurodermitis leiden, stundenlang schreien oder nie durchschlafen. Viele Familien, so die Klinik, versuchten „nach vielen gescheiterten Versuchen aus einer festgefahrenen Situation herauszukommen“.

Aufschrei in den sozialen Medien

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Die Kritik richtet sich indes gegen die Methoden: Zu sehen ist im Film, wie Kinder sich auflehnen, wie sie dazu gebracht werden zu essen oder nachts alleinbleiben, damit sie das Schlafen lernen. Schon vor der Kinopremiere ging deshalb ein Aufschrei durch die sozialen Medien:

Vor allem Eltern warfen der Klinik menschenverachtende Methoden vor. Von „purer Gewalt“ und „Kindesmisshandlung“ war die Rede, die kleinen Patienten würden „gebrochen“. Nach Nazi-Vergleichen schloss die Film-Firma die Facebook-Seite der „Elternschule“.

Kinderschutzbund ist empört

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Auch der Kinderschutzbund reagierte empört. Kinder, sagte Präsident Heinz Hilgers dieser Redaktion, hätten das Recht auf gewaltfreie Erziehung. „Ihren Willen zu brechen, ist der falsche Weg.“ Die Kinder würden als „kleine Monster“ dargestellt, die Dokumentation zeige Szenen der Gewalt. „Wenn Eltern so etwas tun würden, wäre das Jugendamt verpflichtet einzuschreiten“, so Hilgers.

Die Klinik selbst wehrt sich: „Das Konzept ist wissenschaftlich evaluiert, anerkannt und leitliniengerecht“, sagte Geschäftsführer Werner Neugebauer. Die Vorwürfe seien „absurd“ und „unerträglich“. Prof. Silvia Schneider, Leiterin des Lehrstuhls für Kinder- und Jugendpsychologie an der Ruhr-Uni Bochum, bedauert die „unsachliche Diskussion“. Es gehe in Gelsenkirchen um eine wissenschaftlich fundierte Behandlung „sehr kranker Kinder“ und ihrer Eltern, die extrem belastet seien – nicht um Erziehungsfragen im Alltag normaler Familien.

Anmerkung der Redaktion:

Die Essener Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die Einrichtung mittlerweile eingestellt. „In dem Film ist nichts zu sehen, was als Straftat zu werten wäre», sagte eine Sprecherin der Essener Ermittlungsbehörde in der Begründung für die Ermittlungen zu den Strafanzeigen gegen den Film „Elternschule“. Auch eine unangemeldete Kontrolle der Klinik durch die Bezirksregierung Münster habe keinen Anlass für Ermittlungen ergeben.

Die Staatsanwaltschaft Essen hatte wegen möglicher Freiheitsentziehung und Gewalt gegen die Kinder ermittelt. Es hatte mehrere Strafanzeigen wegen im Film gezeigter Szenen gegeben. Heftige Kritik an den gezeigten Therapiemethoden hatte es unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) und dem Deutschen Kinderschutzbund gegeben.

Anzeigen von Eltern habe es nicht gegeben, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Deshalb habe sich das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft allein auf den Film bezogen.