Düsseldorf. . Daniela Lesmeister ging auf Streife, promovierte in Jura, war Ordnungsdezernentin in Duisburg. Nun steht sie an der Spitze des Innenministeriums.

„Ach“, sagt Daniela Lesmeister, „wo sind wir denn jetzt gelandet?“ Sie hat sich tatsächlich im Flur vertan. Ihr Büro im weitläufigen Düsseldorfer Innenministerium liegt ein Geschoss höher. Es ist wohl eine der wenigen Orientierungslosigkeiten, die sich jemand wie Lesmeister leistet.

Die 40-Jährige leitet seit Mitte Oktober die Polizeiabteilung im Innenministerium. Sie ist damit erste Polizistin des Landes und gewissermaßen Chefin von 40.000 Ordnungshütern in NRW. Noch keiner Frau vor ihr gelang in dem bis heute stark von Männern dominierten Sicherheitsapparat ein solcher Aufstieg.

Innenminister Herbert Reul (CDU) war noch Europaabgeordneter, als er zum ersten Mal von Lesmeister hörte. Er lud sie zum Kennenlernen nach Brüssel ein und war sich schnell sicher: „Die Frau ist für uns ein Geschenk.“ Reul ist seit Jahrzehnten ein versierter Strippenzieher, der viele Karrieren befördert und nicht wenige behindert hat. Jemand wie sie, die CDU-Mitglied ist, wurde ihm selten vorgestellt.

Schichtdienst auf der Wache, Studium in Bochum

Die aus dem beschaulichen Essener Vorort Burgaltendorf stammende Lesmeister ging nach dem Abitur zur Polizei nach Gelsenkirchen. Brennpunkt-Einsätze, Hundertschaft, das volle Programm. Parallel zum Schichtdienst studierte sie in Bochum Jura. Weil die Polizei sie nicht fürs Referendariat beurlauben wollte, kündigte sie kurzerhand ihr lebenslanges Beamtenverhältnis. 2008 promovierte sie über „Polizeiliche Prävention im Bereich jugendlicher Mehrfachkriminalität“.

Lesmeister führte bereits während der ersten schwarz-gelben Regierungszeit in Düsseldorf das Büro von Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). 2014 wechselte sie als Dezernentin für Recht und Ordnung nach Duisburg. In ihrer Freizeit leitet sie seit Jahren Erdbeben-Einsätze in Thailand, Pakistan, Indonesien oder Haiti. Sie gründete die von den Vereinten Nationen zertifizierte Duisburger Hilfsorganisation „ISAR“ (International Search and Rescue) und erhielt 2010 vor einem Millionenpublikum im Fernsehen den Bambi in der Kategorie „Stille Helden“.

Da die im Kreis Kleve lebende Lesmeister auch noch verheiratete Mutter eines Sohnes ist, fragt man sich: Wie passt das alles rein in ein Leben? Lesmeister neigt nicht zur schillernden Selbsterzählung. Fragen beantwortet sie freundlich, aber aufs Wesentliche fokussiert. Sie sitzt mit beiger Strickweste am Besprechungstisch ihres Büros, das so gewöhnlich aussieht wie jede andere Amtsstube. Kinderfotos an den Wänden, aufgereihte Aktenmappen auf den Schreibtischen. Lesmeister hat hier heute um 6.20 Uhr die Arbeit aufgenommen. „Ich habe das Glück, sehr schnell lesen zu können und mit wenig Schlaf auszukommen“, sagt sie.

Lesmeister wurde als Ministerin gehandelt

Natürlich sei sie eine Karrieristin, wird in Duisburg über Lesmeister erzählt, aber eher um der Sache willen als um der Karriere. Wie sie die dortige Feuerwehr umkrempelte oder die Gangart gegen Schrottimmobilien verschärfte, das hinterließ Eindruck. Die Polizei-Abteilung des Landes ist nun noch einmal eine ganz andere Liga. Mancher hatte Lesmeister sogar schon als Ministerin gesehen. Doch weil Politik mehr ist als Fleiß, Handwerk und Jura, soll sie offenbar beim bestens vernetzten Reul erst mal den nächsten Schritt machen.

Im Innenministerium ist man froh, dass die neue Chefin eine Waffe bedienen kann und weiß, wie sich ein Einsatz anfühlt. „Mit Verwaltungsjuristen allein löst man keine Fälle“, sagt ein erfahrener Kriminaler. Lesmeister kennt das nicht ganz spannungsfreie Verhältnis zwischen Polizei und Ministerialbürokratie: „Ich hoffe, dass ich mit meiner Biografie zum Ausgleich zwischen beiden Welten beitragen kann.“ Sie ist geholt worden, um das nach schlimmen Pannen der vergangene Jahre lädierte Vertrauen in den Rechtsstaat zurückzuerobern. Ihr Anspruch: „Dass die Polizei wieder den Respekt in der Gesellschaft bekommt, der ihr gebührt.“

>> ZUR PERSON

Daniela Lesmeister (40) ist als erste Frau Chefin der Polizei-Abteilung im NRW-Innenministerium. Die aus Essen stammende CDU-Frau lebt mit Mann und Sohn im Kreis Kleve. Sie war selbst acht Jahre lang Polizistin, studierte parallel Jura und promovierte. Zuletzt arbeitete sie als Dezernentin für Recht und Ordnung in Duisburg. Seit Jahren engagiert sie sich in der Erdbeben-Hilfe und wurde dafür 2010 mit dem bekannten Medien-Preis „Bambi“ ausgezeichnet.