Düsseldorf. Ab 2018 will die NRW-Polizei das “Predictive Policing“ flächendeckend einsetzen. Dabei sagt das Programm Skala Wohnungseinbrüche vorher.
Die "Heat Map" ist gelb und rot. Diese Farben zeigen auf der "Hitzekarte" an, wo die Polizei zuletzt viel Arbeit mit Einbrüchen hatte. Hochrisikogebiete sind auf der Karte dunkelblau gekennzeichnet - dort kommt erst noch viel Arbeit auf die Beamten zu. Auf diese neuesten Computerdaten zur Einbruchsprognose warten die Polizisten vor Ort jeden Morgen gespannt, wie Felix Bode berichtet, der im Landeskriminalamt NRW das neue Projekt "Skala" wissenschaftlich leitet. "Wenn das mal nicht funktioniert, bekommen wir sofort Nachfragen."
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"Skala" ist die Abkürzung für eine kriminalistische Neuheit, die in Düsseldorf in einem spröden Projektnamen Realität geworden ist: "System zur Kriminalitätsanalyse und Lageantizipation". Die Software erfasst und kategorisiert Daten zu Einbrüchen in einer Stadt, also beispielsweise Tatort, Tatzeit und das Vorgehen der Täter. Diese Daten werden mit Informationen über Bebauung, Sozial- und Infrastruktur kombiniert. Heraus kommt: eine aktuelle Einbruch-Prognose, heruntergebrochen auf ein Gebiet mit 400 bis 500 Wohnungen.
Computer-System erkennt Einbruch-Serien
Ein Algorithmus berechnet, wo die Wahrscheinlichkeit für weitere Einbrüche hoch ist. Das ist kein Hexenwerk, sondern das Heben eines bislang ungenutzten Erfahrungsschatzes: Reisende Profi-Einbrecher statten dem Tatort, an dem sie erfolgreich waren, nach einer gewissen Zeit gerne einen weiteren ungebetenen Besuch ab. Der Computer kann erkennen, wo sich gerade solche Serien wiederholen.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger hat ein Beispiel aus seiner Heimatstadt parat. Da hatte der Computer den beschaulichen südlichen Stadtteil Duisburg-Mündelheim als Risikozone ausgespuckt. "Die Polizei wäre vorher wohl nicht auf die Idee gekommen, ausgerechnet dort verstärkt Streife zu fahren." So aber legten sich zivile Fahnder auf die Lauer und konnten tatsächlich Einbrecher auf frischer Tat ertappen.
Bei Erfolg soll Projekt landesweit eingesetzt werden
Mit Hilfe der Einbruchvorhersagen will die Polizei die Zahl der Einbrüche weiter senken. Im ersten Quartal dieses Jahres sei die Zahl der Wohnungseinbrüche bereits um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal zurückgegangen. In den Pilotgebieten, in denen das System bereits angewendet werde, liege der Rückgang sogar bei 40 Prozent. Ein eindeutiger Beweis für dessen Wirksamkeit sei das aber noch nicht, warnt Bode.
In Düsseldorf, Köln, Essen, Gelsenkirchen und Duisburg wird bereits mit Skala gearbeitet. Sollte sich nach Abschluss der Pilotphase herausstellen, dass Skala Einbrüche tatsächlich verhindert und nicht nur verdrängt, soll das System im kommenden Jahr landesweit eingesetzt werden. "Predictive Policing" nennt sich die Methode - zu deutsch: vorausschauende Polizeiarbeit.
In Los Angeles wird Methode seit 2011 angewendet
LKA-Mitarbeiter waren bis nach Los Angeles gereist, um sich dort in der Praxis Tipps zu holen. Dort wird seit 2011 mit der Methode gearbeitet. Weil bei der Berechnung keine personenbezogenen und nur bereits vorhandene Daten verarbeitet werden, sieht der NRW-Innenminister im Gegensatz zu den Kritikern der Methode kein Datenschutzproblem, keine Gefahr eines "gläsernen Bürgers": "Wir setzen auf Raum- statt auf Manndeckung." (dpa)